Siebter Strafstoß in der Ära Tuchel: Elfmeterseuche beim FC Bayern
München - Das Wort des Spieltags aus Bayern-Sicht lautete "soft" oder als Steigerung "super-soft". Weil sie wütend waren, die Münchner, super-wütend. Nach dem späten 2:1 durch Leon Goretzka gegen Bayer Leverkusen habe man "leider noch einmal die Tür aufgemacht und den Sieg weggegeben", lamentierte Trainer Thomas Tuchel.
Einerseits haderte man nach dem Hit über den Schlager, über Schiedsrichter Daniel Schlager. Vor allem die Szene in der Nachspielzeit beschäftigte die Bayern das ganze Wochenende: das ungestüme und zugleich unglückliche Einsteigen von Alphonso Davies gegen Leverkusens Jonas Hofmann.
"Der Schiedsrichter hat nicht gepfiffen": Tuchel hadert mit Leverkusen-Elfer beim FC Bayern
Der Strafstoß, den Exequiel Palacios zum alles in allem verdienten Ausgleich in der vierten Minute der Nachspielzeit verwandelte, sei "super-soft" gewesen, so Tuchel. Vor allem erzürnte sich der 50-Jährige darüber, dass Schlager nur durch die Intervention des VAR zur Seitenlinie lief, um sich die Szene anzuschauen – zuvor hatte er das Spiel laufenlassen.
Tuchel meinte angesichts der TV-Bilder bei DAZN: "Dass es da Kontakt gibt, ist klar. Dass es zu gierig von Davies ist, in der Situation – durch die Beine – an den Ball zu kommen, ist auch klar. Aber Schlager hat ihn nicht gepfiffen, das wollen wir hier nicht vergessen. Das war keine glasklare Fehlentscheidung."
Nicht nur gegen Leverkusen: Elfmeter sind in der Ära Tuchel beim FC Bayern ein Problem
Der Bayern-Coach ergänzte: "Für mich ist es in einem Spiel in der 94. Minute bei einem Spieler, der aus dem Sechzehner rausgeht, viel zu wenig." Soft eben. Während Hofmann hinterher auf seinen "ganz kleinen Bluterguss" in der Wade (eher Kategorie soft) als Beweismittel verwies, meinte Bayern-Kapitän Thomas Müller erzürnt über seien Nationalelf-Kollegen: "Berührt wurde er. Aber schauen Sie, wie er fällt. Wir spielen einen Kontaktsport. Klar kannst du den pfeifen. Ein sehr softer Elfmeter."
Doch der Zorn der Münchner hat auch einen reflexiven Charakter, der bei genauerer Betrachtung die Wurzel allen Übels, sprich vieler Punktverluste ist: die hausgemachte Elfmeter-Seuche. Keineswegs ein softes Problem. Die zwei verlorenen Punkte (und damit die verpasste Tabellenführung) gegen Leverkusen sind auf den siebten Strafstoß zurückzuführen, den Bayern in der Ära Tuchel gegen sich gepfiffen bekam – und das in nur 17 Pflichtspielen seit dem 1. April.
In der vergangenen Saison stellte der FC Bayern einen Elfmeter-Negativrekord auf
An jenem Samstag ging es los mit einem Foulelfmeter, verursacht von Serge Gnabry, der beim 4:2 gegen Borussia Dortmund jedoch keine große Relevanz hatte. Doch die Elfmeter, herbeigeführt durch ungestüme Fouls oder fahrlässig Handspiele, häuften sich. Am 33. Spieltag gegen RB Leipzig setzte es sogar gleich zwei Elfer, von den Gästen zum 1:2 und 1:3 verwandelt.
Hätte Jamal Musiala nicht am letzten Spieltag in Köln mit seinem Siegtor für den Meisterschuss gesorgt, wäre das unnötige Handspiel von Gnabry nur acht Minuten zuvor, das zum 1:1 der Kölner geführt hat, in die Geschichte eingegangen. Schon in der vergangenen Saison (bis zum 25. Spieltag unter Trainer Julian Nagelsmann) bedeuteten insgesamt zehn kassierte Elfmeter einen Vereinsnegativ-Rekord, sorgten für neun der 38 Gegentore, also knapp 24 Prozent. Zu ungestüm? Zu fahrig? Hier müsste Tuchel mal ansetzen – und das alles andere als soft.