Interview

Rummenigge zum Champions-League-Triumph 2013: "Ging für den FC Bayern um mehr als nur dieses Spiel"

Am 25. Mai jährt sich Wembley-Triumph des FC Bayern gegen Dortmund zum zehnten Mal. Im zweitenTeil der AZ-Serie blickt Karl-Heinz Rummenigge zurück: "Uli Hoeneß und ich waren unglaublich nervös."
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Karl-Heinz Rummenigge feiert mit dem FC Bayern 2013 den Champions-League-Sieg.
Karl-Heinz Rummenigge feiert mit dem FC Bayern 2013 den Champions-League-Sieg. © IMAGO / Chai v.d. Laage

Fast 20 Jahre, von 2002 bis 2021, hatte Karl-Heinz Rummenigge den Vorstandsvorsitz beim FC Bayern inne. Viele Meilensteine des Rekordmeisters fallen in diese Amtszeit, so etwa der Bau der Allianz Arena oder auch das traumatische "Finale dahoam".

In besonderer Erinnerung blieb Rummenigge dabei der Champions-League-Triumph von 2013 gegen den BVB. Im AZ-Interview blickt der frühere Weltklasse-Stürmer auf den Titelgewinn vor zehn Jahren zurück.

AZ: Herr Rummenigge, zehn Jahre ist dieser besondere Bayern-Triumph in Wembley vom 25. Mai 2013 gegen Borussia Dortmund nun schon her. Welche Erinnerungen kommen bei Ihnen spontan hoch, wenn Sie an diesen Tag denken?
KARL-HEINZ RUMMENIGGE: Offen gestanden, sind das einige. Am ehesten aber erinnere ich mich an die Fahrt gemeinsam mit Uli Hoeneß ins Stadion. Denn die war außergewöhnlich schweigsam. Wissen Sie, normalerweise haben Uli und ich immer etwas zu reden, deshalb ist mir diese Situation so im Gedächtnis geblieben, als wir da durch London fuhren.

Wir waren beide unglaublich nervös, extrem angespannt, denn wir wussten ja, dass es um mehr ging als nur um dieses Spiel. Wir waren zwar schon Meister, aber wenn Dortmund das Finale in Wembley gewonnen hätte, dann hätte es einen echten Knacks in der Statik des deutschen Fußballs gegeben. Das war uns bewusst, deshalb hat keiner einen Ton gesagt. Die Party nach dem Spiel war aber umso lustiger. Da hat's dann an Gesprächsstoff auch nicht mehr gemangelt (schmunzelt).

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Rummenigge: Der Sieg in Wembley war eine Konsequenz aus einer Niederlage

Sie sagen es schon: Aus Bayern-Sicht lag auf diesem Spiel ein sehr hoher Druck, nachdem Borussia Dortmund in den beiden Jahren zuvor Meister geworden war und 2012 sogar das Double geholt hatte. Welche Bedeutung hatte dieser Wembley-Sieg für die Vormachtstellung im deutschen Fußball?
Eine sehr weitreichende! Dortmund befand sich zu dem Zeitpunkt auf Augenhöhe, Jürgen Klopp hatte eine gute Mannschaft geformt und den Verein insgesamt auf ein neues Level gehoben. Dementsprechend war der Sieg sehr wichtig. Aber eigentlich müssen wir ein Jahr früher anfangen. Denn der Triumph in Wembley war ja – am Ende des Tages – auch eine Konsequenz aus unserem verlorenen Finale dahoam.
Das hat uns auf dem Transfermarkt hoch motiviert, wir haben unter anderem Dante, Javi Martinez, Mario Mandzukic, Claudio Pizarro und Xherdan Shaqiri geholt. Dazu kam ein Jahr später noch Robert Lewandowski. Wir hatten mit Manuel Neuer den besten Torwart der Welt und mit Robert dann später auch den besten Stürmer. Alles in allem aber begann 2012, im Jahr der schlimmsten aller Niederlagen, auch gleichzeitig die erfolgreichste Dekade der Vereinsgeschichte.

"Jupp Heynckes ist einer der ganz Großen in der Geschichte des FC Bayern"

Jupp Heynckes hat mit dem Wembley-Sieg und wenige Tage später mit dem Triple seine großartige Karriere gekrönt, später kam er sogar noch mal zurück, um dem FC Bayern erneut zu helfen. Wo ordnen Sie Heynckes in der Trainerhistorie des FC Bayern ein?
Jupp Heynckes zählt zu den ganz Großen in der Geschichte des FC Bayern München. Bei den Trainern steht er in einer Reihe mit Louis van Gaal, der meiner Meinung nach den Spielstil des Klubs entscheidend geprägt hat, mit Pep Guardiola, der diesem noch mal einen modernen Feinschliff verpasst hat und mit Hansi Flick, der mit sechs Titeln in einem Jahr Historisches vollbracht hat.

Wie hat Heynckes es geschafft, dass die Spieler für ihn durchs Feuer gegangen sind?
Jupp war nicht nur ein sehr guter Trainer, er war auch immer eine Art Vaterfigur für die Spieler. Er hat, salopp gesagt, die ganze Kabine zusammengehalten. Er verkörperte dieses Mia san mia wie kaum ein anderer, auch wenn er vom Niederrhein kam. Für ihn standen Werte wie Zusammenhalt, Fairness und Teamgeist immer an erster Stelle. Jupp ist bis heute ein Freund, und dafür bin ich sehr dankbar.

Der FC Bayern in der Champions League: Arjen Robben vom Sündenbock zum Helden

Arjen Robben war 2012 noch der tragische Held, ein Jahr später in Wembley hat er dann das entscheidende Tor erzielt. Wie haben Sie Robbens Entwicklung beim FC Bayern wahrgenommen – gerade was die Punkte Willen und Charakterstärke angeht?
Oh, willensstark war er schon immer, aber Arjen hatte eben leider auch hin und wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Wir wollten ihn ja schon 2007 holen, das hat nicht geklappt, er ist dann von Chelsea zu Madrid gegangen. Als er dann zu uns kam, hat es ein bisschen gedauert, bis er die Herzen unserer Fans erobert hatte, und natürlich saß auch der Stachel von 2012 bei ihm tief.
Aber er hat ihn sich rausgezogen, nicht aufgegeben und 2012/2013 wurde dann eine Saison, in der ihm alles gelang: Tore gegen Dortmund, verwandelte Elfmeter, der ersehnte Champions-League-Titel. Es war gewissermaßen Versöhnung und Krönung zugleich. Der Treffer in Wembley war definitiv das wichtigste von den 144 Toren, die er in den zehn Jahren bei uns erzielt hat. Thomas Müller hat es zu seinem Abschied schön formuliert: "Ein Moment für die Ewigkeit von einem Spieler, der immer in unseren Herzen bleiben wird."

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"Unverzichtbarer Baustein für den Erfolg": Rummenigge über Javi Martínez 

Welchen Anteil hatte aus Ihrer Sicht Javi Martínez am Triumph in Wembley und an der gesamten Triple-Saison?
Man muss sich das mal vorstellen: Er kam zwar als Welt- und Europameister zu uns, trotzdem spielte er seine erste Champions-League-Saison überhaupt! Jupp Heynckes, das weiß ich noch, wollte den Spieler, der trotz seiner Erfolge bei uns noch recht unbekannt war, unbedingt haben. Und dieser Transfer hat sich gelohnt. Javi stand bei all seinen zehn Champions- League-Einsätzen 2012/2013 immer in der Startelf – nur bei unserer leider legendären Niederlage gegen Bate Borisov hat er gefehlt.
Das hat man gleich gemerkt. Und im Viertelfinal-Hinspiel gegen Juve hat er eine Gelb-Sperre abgesessen, da haben wir aber trotzdem 2:0 gewonnen. Ich habe an ihm immer seine Übersicht, seine Athletik, seinen Einsatz und seine Ballsicherheit geschätzt. Seine Fehlpassquote lag bei unter zehn Prozent! Er war ein unverzichtbarer Baustein des Erfolgs und ich bin froh, dass Jupp sich damals durchgesetzt hat, als es um seine Verpflichtung ging.

Für die Generation um Robben, Franck Ribéry, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger bedeutete Wembley auch ein Ende der Zweifel, diese Generation hat sich gekrönt und bewiesen, dass sie die großen Titel gewinnen kann. Welche Rolle hat das Triple für den deutschen WM-Triumph 2014, bei dem Lahm und Schweinsteiger als Leader vorangegangen sind, gespielt?
Natürlich verändert sich ein Stück weit die Selbstwahrnehmung, wenn du solche Erfolge vorweisen kannst. Aber was die WM betrifft, so glaube ich, dass auch die schlechten Erfahrungen durch das Finale dahoam den Spielern geholfen haben. Der starke Bayern-Block damals mit Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Philipp Lahm, Toni Kroos, Bastian Schweinsteiger und Thomas Müller hatte ja beides erlebt – also bis auf Kroos, der 2013 verletzt war –, sowohl die schlimmste Niederlage als auch den größten Triumph. So etwas prägt und lässt dich reifen.

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