Rekord-Saison möglich: Ein Jahr unschlagbar?

München – Pep Guardiola schrie sich die Trainerseele aus dem Leib. Spielstand 3:0, alles gelaufen gegen die Eintracht in Frankfurt, locker und leicht. Er brüllte in Richtung seines Torhüters. „Manu!“ „Manuel!“ Bis dieser zur Seitenlinie blickte. Guardiola hob die Arme und klatschte über dem Kopf. Dazu nickte er anerkennend.
Womöglich war es trotz des Müller-Dreierpacks die Szene des Spiels: Ein scharf gespielter Rückpass von Rafinha, halbhoch an die Strafraum-Kante. Für manchen Torhüter ein ernsthaftes Problem, Ad-hoc-Schweißausbruch inklusive. Doch Neuer leitet die Kugel lässig-elegant mit der Hacke zu Xabi Alonso weiter. „Ich musste den Ball direkt nehmen, weil der Frankfurter auf mich zugerannt kam“, sagte Neuer, „es war eine spontane Aktion.“
Lesen Sie hier: Heynckes: FC Bayern braucht Reus nicht
Frankfurts Verteidiger Marco Russ staunte bei „Sky“: „Echt ausgebufft, der ist so easy am Ball.“ Eine Aktion, die eines Welttorhüters (im Januar wird erneut gewählt) würdig war. Gar Weltfußballer-mäßig? Real Madrids Superstar Gareth Bale zeigte sich bei Twitter beeindruckt, schrieb von einem „unwirklichen Pass“ und postete das Video. „Auf dem Platz gehe ich respektvoll damit um“, sagte Neuer der AZ, „danach kann man in der Kabine schon mal ein bisschen lachen.“ Keine Spur von: Hochmut kommt vor dem Fall.
„So wird es für jeden Gegner der Welt schwierig“
Denn die Bayern sprachen nach dem 4:0 in Frankfurt demütig von „Fehlern, auch in einem Spiel, das man 4:0 gewinnt“, verriet Neuer, „wir wissen, welche.“ Und zwar? „Probleme mit unserem Spielaufbau“, kritisierte Coach Guardiola. Jérôme Boateng lästerte: „Wir haben vier, fünf Eckbälle leichtfertig weggegeben. Unsere Standards müssen besser kommen und auch in der Chancenverwertung können wir noch effektiver werden.“
Ach ja? Wehe den Gegnern! Sonst droht wieder ein Siebenerpack wie bei AS Rom. „Das 7:1 in Rom war nicht unser bestes Spiel, da haben wir Glück gehabt, dass wir so viele Tore gemacht haben“, meinte Neuer, „man muss auch schauen, welche Mannschaften man als Maßstab nimmt.“
Doch so weit genug der Selbstkritik. Sprechen die Bayern-Profis über ihre eigenen Stärken, rutscht ihnen schon auch mal eine verbale Bestätigung ihrer faktischen und spielerischen Dominanz in der Bundesliga heraus. „Wir spielen mit Plan, mit Konzept, haben gute Spieler sowie Erfahrung und Qualität im Kader“, erklärte Thomas Müller, „egal, wer spielt, wir haben immer die Möglichkeit, mal einen draußen zu lassen. Wenn wir so spielen, wird es für jeden Gegner der Welt schwierig.“
Boateng meinte: „Jeder weiß auf jeder Position, was zu tun ist. Ich denke, das ist der Schlüssel.“ Auch Neuer zeigt totales Selbstbewusstsein: „Wir wissen, wie wir spielen sollen. Der Trainer hat uns die Art und Weise, wie wir spielen sollen, verinnerlicht. Da braucht man nicht mehr groß überlegen.“
Das einzige Pflichtspiel, das Bayern in dieser Saison verloren hat, war der wenig bedeutsame Supercup (0:2 in Dortmund). Sonst gab es 14 Siege und nur drei Remis in allen Wettbewerben. Letzte Saison verlor man in der Liga erst, als der Meistertitel perfekt war (in Augsburg und gegen Dortmund). Zuvor war Bayern in 53 Liga-Partien ohne Pleite geblieben, nun steht man schon wieder bei 15. Fortsetzung folgt.
Packen es die Pep-Bayern? Schaffen sie es, als erste Bundesliga-Mannschaft über alle 34 Spieltage einer Saison ungeschlagen zu bleiben? Es wäre ein einmaliger Rekord. Und nächstes Frühjahr, wenn Bayern die Schale sicher hat, dürfte es Guardiola nicht noch einmal passieren, durch (Zu-)Viel-Rotation in der Liga abzuschenken und den Rhythmus der Spieler durcheinanderzubringen.
Wer kann Bayern in der Liga überhaupt bezwingen? „Das fragt sich nicht nur Eintracht Frankfurt, das fragt sich die ganze Bundesliga“, sagte Eintracht-Legende Charly Körbel, „da gehört wirklich eine außergewöhnliche Sternstunde dazu, um sie zu schlagen.“
Das Schlusswort hat Pep Guardiola: „Natürlich werden wir ein Spiel verlieren.“ Ja? Wann? Und vor allem: Gegen wen, bitte?