Proteststurm gegen Stadionordnung: Jetzt ist auch die FC-Bayern-Südkurve dabei

Am Dienstag sollen im Rathaus neue Verbote beschlossen werden. Warum die Gruppen aus der Südkurve diese ablehnen.
von  Felix Müller
Auch die organisierten Fans des FC Bayern lehnen die strengeren Pläne des KVR ab. (Symbolbild)
Auch die organisierten Fans des FC Bayern lehnen die strengeren Pläne des KVR ab. (Symbolbild) © imago/MIS

München - Neue Verbote im Umfeld der Stadien - nicht nur bei Spielen mit erhöhtem Konflikt-Potenzial. Sondern ohne Ausnahme immer. Das ist der Plan von KVR-Chef Thomas Böhle (SPD).

Nach einem Proteststurm der blauen Fanszene hat sich die grün-rote Koalition im Rathaus geeinigt, die Bannmeile ums Grünwalder Stadion zumindest auf Eis zu legen. Eine entsprechende Entscheidung wird im  Kreisverwaltungsausschuss am Dienstag wohl vertagt und damit später voraussichtlich nicht oder in abgeschwächter Form kommen.

"Überregulierung": Bayern-Fans lehnen KVR-Pläne ab

Doch was ist mit der Allianz Arena? Die Gruppen der Südkurve sind besorgt - und laufen nun ebenfalls Sturm gegen die KVR-Pläne. In einer Mail an Rathaus-Politiker, die der AZ vorliegt, kritisiert der Dachverband der aktiven Bayern-Fans, der Club Nr.12 ein "realitätsfremdes Bild des Spieltagsgeschehens", das "vor allem durch das Polizeipräsidium München vermittelt wird". Die  Ausweitung des Geltungsbereichs halte man "weder für notwendig noch sinnvoll, geschweige denn verhältnismäßig". Es handele sich um eine "Überregulierung".

"Die explizite Ausweitung der Vorschriften auf das erweiterte Stadionumfeld dient in unseren Augen also in erster Linie dazu, Anlässe für polizeiliche Maßnahmen, insbesondere Personenkontrollen, zu schaffen, denen anderweitig die Grundlage fehlen würde. Gerade solche willkürlichen und unnötigen Eingriffe in die individuellen Grundrechte sind es aber, die das Verhältnis zwischen Fans und Sicherheitskräften nachhaltig belasten."

Schwammige KVR-Pläne sorgen für Unmut

Verschärfend wirkten hier noch die weiten Auslegungsspielräume, die einige der aufgeführten Vorschriften böten, so der Club Nr. 12.   "Wenn das PP München zur Notwendigkeit ausführt, dass ein Mitführverbot von zur Vermummung geeigneten Gegenständen ein essentieller Bestandteil von Prävention sei, stellt sich die Frage, wie zukünftig damit umgegangen wird, dass vermutlich über 80 Prozent der Stadionbesucher einen Schal um den Hals haben und ob dies genutzt wird, gezielt Fans, die Problemgruppen zugeordnet werden, zu kontrollieren und unter Umständen sogar mit Platzverweisen zu belegen."

Auch die schwammige Definition von "Fanmärschen", die generell im Arena-Umfeld verboten sein sollen, sorgt beim Club Nr. 12 für Unmut. "Zwar versucht sich das Kreisverwaltungsreferat in seiner Bewertung der Stellungnahme an einer Konkretisierung, allerdings beschreibt es dabei einfach generell fantypisches Verhalten.

Gesangsverbot für Fußball-Fans?

Das "geschlossene Auftreten einer größeren Personengruppe in der Öffentlichkeit, wobei die innere Verbundenheit der Gruppierung durch Kleidung und/ oder das entsprechende Verhalten, wie skandierende Rufe bzw. Gesang sind grundlegender Bestandteil der Fankultur. Als Fans tragen wir beispielswiese meist T- Shirts und Trikots, die die Verbundenheit zu unseren Vereinen und, nun aber absolut abhängig vom Auge des Betrachters, auch untereinander zum Ausdruck bringen (können)."

Auch dass das KVR gemeinsames Singen von Gruppen als Problem sieht, kritisieren die Bayern-Fans. "Es ist üblich, dass jemand auf dem Weg zum Stadion ein Lied anstimmt, in das andere Fans einsteigen, ohne dass zwischen diesen notwendigerweise eine über die Unterstützung des eigenen Vereins hinausgehende Verbundenheit herrschen muss."

Man halte es für "wahrscheinlich, dass diese Vorschrift von den Sicherheitsbehörden eher restriktiv ausgelegt wird und zu vermeidbaren Reibungspunkten mit den Fans führt". Den Eindruck, dass Glasflaschen im Umfeld von Spielen des FC Bayern und der FC Bayern Amateure "in nennenswertem Umfang als Waffe genutzt wurden", könne  man darüber hinaus auch nicht teilen.  Das KVR will Glasflaschen auf dem Weg  verbieten - für Gruppen.

Neue Verbote sollen am Dienstag beschlossen werden

Die  Notwendigkeit einer Ausweitung des Geltungsbereiches der Stadionordnung, werde "argumentativ wenig unterfüttert". Es stelle sich die Frage, wieso die Arena-VO neuerdings auf Bereiche (Busparkplätze Nord bzw. Süd und die nördliche U-Bahnrampe) ausgeweitet werden muss, "die von Anhängern der Gastmannschaft aufgrund der neuen baulichen Gegebenheiten ohnehin signifikant weniger frequentiert werden als vor den baulichen Änderungen".

Überrascht zeigt sich der Club Nr. 12 auch davon, dass laut KVR "mit der bisherigen Praxis einer halbjährlichen Veröffentlichung von Risikospielen nicht angemessen auf kurzfristige Entwicklungen nicht reagiert werden könne".  Spiele der Bayern-Amateure würden doch weder seitens des PP München noch des KVR als störanfällig beschrieben.

"Andersherum nehmen wir Fans aber zunehmende Polizeipräsenz und nicht nachvollziehbare Personenkontrollen wahr.  Ein Grund mehr für uns anzunehmen, dass mit dem Ausweis des Geltungsbereichs auch eine unverhältnismäßige Ausweitung polizeilicher Maßnahmen einhergehen wird. Als Fans würden wir uns freuen, wenn wir stattdessen einmal nicht als ständiges Sicherheitsrisiko dargestellt werden, sondern als der belebende Teil des Profifußballs, der wir nun mal sind. Statt einer immer weiter zunehmenden Regulierung, fordern wir eine Ausweitung der Möglichkeiten für eine positive Fankultur und einen Rückbau von Einschränkungen für Choreographien, Fanmaterialien und insbesondere auch Zaunfahnen."

Ob der Protest der Roten Wirkung zeigt - oder sich die Position im Rathaus durchsetzt, dass man bei neuen Regeln für die Arena wegen der bevorstehenden EM-Spiele einen Zeitdruck habe -  wird sich am Dienstag zeigen.

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