Nur 0:0 beim HSV: Bayerische Bankenkrise

Beim 0:0 gegen den HSV lässt Guardiola seine Stars erstmal draußen. „Wir werden es bis Dezember sehr schwer haben“, sagt der Trainer.
von  Patrick Strasser
Sind schon besser in die Saison gestartet: Die Bayern-Profis nach dem 0:0 gegen den Hamburger SV.
Sind schon besser in die Saison gestartet: Die Bayern-Profis nach dem 0:0 gegen den Hamburger SV. © GES-Sportfoto/Augenklick

Hamburg - Ob Pep Guardiola einen Rekord aufstellen wollte? Den Bankdrückerablösesumme-Rekord? Fünf Neuzugänge (Xabi Alonso, Robert Lewandowski, Medhi Benatia, Sebastian Rode plus Torwart Pepe Reina) setzte der Bayern-Trainer vor Anpfiff des Spiels beim Hamburger SV auf die Bank – dazu kamen Mario Götze und Arjen Robben, der ursprünglich in der Startelf stand, jedoch kurzfristig wegen Oberschenkelproblemen passen musste.

Macht inklusive Robben insgesamt 108,5 Millionen Euro Ablöse – die wohl teuerste Ersatzbank der Bundesliga-Geschichte. Der Marktwert dieser glorreichen Sieben beträgt laut Fachportal „transfermarkt.de“ satte 177,5 Millionen Euro. Teure Zuschauer. Die Guardiola nach tor- und zahnloser erster Halbzeit peu à peu einwechselte, um doch noch einen Dreier aus dem 0:0 zu machen.

53. Minute: Rein mit Alonso, dem Welt- und Europameister – für mehr Struktur. 61. Minute: Götze, der WM-Finaltorschütze – für mehr Überraschungsmomente. Und schließlich in der 66. Minute: Lewandowski, der Bundesliga-Torschützenkönig – für mehr Durchschlagskraft. Keiner der Wechsel brachte wirklich Erfolg. Nullnull. Ende. Hatte sich Guardiola mit seiner Maximal-Rotation (vier Neue gegenüber dem 1:0 über Manchester City am vergangenen Mittwoch, Robben sollte der fünfte sein) verzockt?

Jedenfalls brachte er seine drei Top-Akteure doch noch. Ein Schuldeingeständnis? Wollte er etwa Spieler für die Heim-Partie am Dienstag gegen Paderborn (20 Uhr, Sky live) schonen? Für das Duell mit einem – überraschend starken – Liga-Frischling? Nein, Guardiola wollte seine Stars verschnaufen lassen, auch Bankdrückern eine Chance geben. „Wir haben alle drei Tage ein Spiel“, sagte Guardiola am Freitag und wiederholte: „Alle drei Tage!“ Zwischen den beiden Nationalelf-Doppelspieltagen im September und Oktober sind es sieben Partien in 22 Tagen. Zu viel im Nach-WM-Jahr?

„Wir brauchen jetzt keine Schwarzmalerei betreiben. Es sind in der Liga vier Spiele gespielt, wir haben keins verloren“, sagte Thomas Müller. Aber auch eben nur – für Bayern-Verhältnisse und im Vergleich mit den letzten beiden Jahren – acht Punkte. Zwei Auswärtsspiele, kein Sieg.

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„Diese Probleme waren zu erwarten nach dem Turnier in Brasilien. Die Bayern haben eine komplizierte Saison vor der Brust“, analysierte Ex-Bayern-Profi Thomas Strunz bei „Sport 1“ und meinte: „Was für mich überraschend war: Beim HSV gab trotz der Einwechslungen keine wirkliche Torchance.“ Was nichts mit WM-Nachwehen mentaler und körperlicher zu tun haben kann. Es fehlt der Drive. Von einem Lauf sind die Bayern weit entfernt – aber wer hat den in dieser Saison schon? Siehe Dortmund.

„Auch nach diesem Spiel ändere ich meine Meinung nicht: Wir werden es bis Dezember sehr schwer haben“, sagte Guardiola. Während der Spiele sieht man dem Spanier an, wie weh ihm die große Entfernung zur Perfektion tut. In der prallen Sonne Hamburgs, zusätzlich erhitzt durch das erhöhte Adrenalin der verrinnenden Minuten, hatte er sich des Sakkos entledigt, seine Krawatte flog bei jedem Nachhilfeunterricht. Das Hemd von Sportdirektor Matthias Sammer hing längst aus der Hose. Die Bayern schwitzen, sind in Unordnung. Derzeit gilt es, einfach nicht zu viele Punkte zu verlieren.

Guardiola muss also noch auf das 100. Tor warten, das seine Bayern erzielen. Wenn’s klappt am Dienstag gegen Paderborn, dann im 39. Spiel. Nur HSV-Legende Ernst Happel war einst schneller, brauchte für den Hunderter nur 37 Spiele. Auch ein Pep Guardiola muss im zweiten Bayern-Jahr feststellen: Nicht alle Bundesliga-Rekorde werden zu Pep-Statistiken.

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