"Nee, ist nicht okay": In Gladbach offenbaren die Bayern altbekannte Schwächen
Der FC Bayern steht still, hält inne. Am Tag, an dem der Tod von Gerd Müller bekannt wurde, verbittet es sich eigentlich, über Kleinigkeiten zu urteilen und Unzulänglichkeiten einer Mannschaft im Tagesgeschäft Bundesliga darzulegen, die zum Saisonauftakt Unentschieden gespielt hat. Aufreger werden zu Nichtigkeiten, Problemchen dienen höchstens zur Ablenkung von der Trauer.
Gerd Müller, das Lebenselixier des FC Bayern, ist tot. Ohne ihn wäre der Verein nicht dort, wo er heute ist. Ohne ihn würden die Trainer und Spieler, die im folgenden Artikel erwähnt werden, womöglich heute nicht an der Säbener Straße unter Vertrag stehen und wohl kaum das Gehalt verdienen, das erst Müller und seine Mitstreiter Franz Beckenbauer, Sepp Maier, Uli Hoeneß, Paul Breitner, Karl-Heinz Rummenigge & Co. durch ihre Erfolge in den 70er und 80er Jahren als Fundament möglich gemacht haben.
Das 1:1 gegen Gladbach wäre Gerd Müller zu wenig gewesen
Müller war bis zu seinem Lebensende Fan des FC Bayern. In den wenigen hellen Momenten seiner Demenz infolge einer 2015 diagnostizierten Alzheimer-Erkrankung hat er sich über all die Erfolge seines FC Bayern gefreut. Selbst über Robert Lewandowskis Treffer, der ihm Ende der vergangenen Saison den scheinbar ewig währenden Rekord von 41 Saisontreffern aus der Spielzeit 1971/72 wegschnappte.
Und auch wenn es Müller nicht mehr mitbekam, ein 1:1 bei Borussia Mönchengladbach wäre ihm zu wenig gewesen. Damit ist die Brücke zum - vergleichsweise - nichtigen Alltag geschlagen.
Ob das 1:1 im Borussia-Park unterm Strich nach all den Chancen und strittigen Elfmeterszenen okay wäre, wurde Gerds Nachnamensvetter und Ziehsohn Thomas Müller im TV gefragt. Seine leicht verärgerte Antwort auf die Frage lautete: "Nee, ist nicht okay. Wir sind hierhergekommen, um drei Punkte zu holen, aber jetzt müssen wir damit leben." Auch Nagelsmann, der bei seinem Pflichtspieldebüt wieder nicht gewinnen konnte, aber eben auch nicht verloren hat wie die Bayern in der vorherigen Saison mit 2:3 (selbst unter Sieben-Titel-Trainer Hansi Flick).
Bayern - Gladbach: Teilweise ein wilder Kick
Natürlich lief es noch nicht rund, teilweise war es ein wilder Kick. Nach der Gladbacher Führung durch Alassane Plea, entstanden durch einen Ballverlust von Alphonso Davies und der darauffolgenden Unordnung der Bayern-Abwehr um den teils schwimmenden Neu-Abwehrchef Dayot Upamecano, musste man fast ein Debakel erwarten. Doch Bayern fing sich, steigerte sich und übernahm nach Lewandowskis Ausgleich das Kommando - bis in die letzte Viertelstunde, in der Gladbach wieder drückte. "Die Zuschauer haben ein packendes Spiel gesehen. Letztlich ist es ein gerechtes Unentschieden. Zufrieden ist man nie, wenn man nicht gewinnt", befand Nagelsmann im Wissen, dass für Dienstag, wenn beim Supercup in Dortmund das erste Titelchen der neuen Saison vergeben wird, eine ordentliche Leistungssteigerung her muss, um gegen die BVB-Offensive um Naturgewalt Erling Haaland bestehen zu können.
Defensive löchrig, Nagelsmann moniert den Angriff
"Wir haben noch eine Menge zu tun", meinte Mittelfeldspieler Leon Goretzka. Obwohl wie in der vergangenen Saison Abwehrschwächen erneut offensichtlich wurden, kritisierte Nagelsmann seine Abteilung Angriff: "Offensiv müssen wir ein bisschen mehr Positionstreue haben, um eine bessere Struktur zu haben. Dass wir noch ein paar Schritte gehen müssen, war uns schon bewusst." Goretzkas Hoffnung: "Ich bin mir sicher, dass wir uns im Laufe der Hinrunde von Spiel zu Spiel steigern werden."

Wenn Nagelsmanns Ausrichtung und Philosophie mehr und mehr von der Mannschaft angenommen wird. Um Nachsicht und die Gewährung des Faktors Zeit hatte der neue Coach ja schon geworben nach der "zerklüfteten Vorbereitung".
Aller Anfang ist schwer. Am schwierigsten aber sind Abschiede.