Nach Hoeneß-Wutrede: Das sagen die Experten zur Treter-Debatte der Bayern

München - Schon drei Verletzte Bayern-Stars nach drei Spielen. Diese nicht-sportliche Bilanz bringt die Verantwortlichen beim Rekordmeister, der sportlich - mit neun Punkte aus drei Spielen - voll auf Kurs liegt, mächtig in Wallung. "Das Foul von Bellarabi an Rafinha war natürlich geisteskrank, das grenzt an vorsätzliche Körperverletzung. Sowas gehört drei Monate gesperrt – und zwar für Dummheit", polterte Bayern-Boss Uli Hoeneß nach dem 3:1-Sieg über Leverkusen.
Trainer Niko Kovac legte in der Pressekonferenz noch nach und beklagte sich über die harte Gangart der Kontrahenten in der Bundesliga: "Ich habe das Gefühl, dass wir Freiwild sind." (Hier alle Stimmen zum Spiel)
Dardai: Ein Tick unglücklich
Neben Rafinha muss Bayern verletzungsbedingt auch auf Kingsley Coman (Riss des Syndesmosebandes) und Corentin Tolisso (Kreuzbandriss) verzichten. Rafinha hatte sich bei dem Brutalo-Foul durch Karim bellarabi einen Innenband-Teilriss im linken Sprungelenk zugezogen. Auch am Folgetag war die mit der Roten Karte geahndete Szene das Gesprächsthema in der Fußballsendung "Doppelpass" von Sport1.
"Völlig zurecht eine Rote Karte. Das Strafmaß muss hoch sein. Es ist böse, es ist fies. Er geht mit der offenen Sohle voraus hinein", meinte Hertha-Coach Pal Dardai, der als Spieler einst selbst als harter Hund galt. Allerdings will der Berliner Trainer Bellarabi keine direkte Absicht unterstellen: "Es war nicht schön, ein Tick unglücklich. Wer weiß, ob es Absicht war." Bellarabis Aktion sei deshalb vor allem "übermotiviert" gewesen.
Noten für die Roten: Viel Mittelmaß und drei Musterschüler
Reif: Auch Hoeneß war "übermotiviert"
Marcel Reif sah die Szene ein wenig anders. "Das ist Frust. Mit der Sohle nach oben, das ist nicht unglücklich", so Reif. Der ehemalige Kommentator will dem Leverkusener aber ebenfalls keine direkte Absicht unterstellen: "Er will foulen, aber nicht verletzten." Deshalb sei auch Hoeneß heftige Aussage wenige Minuten nach Spielende "genauso übermotiviert" gewesen.
Eine Sichtweise, die auch Bellarabis ehemaliger Mannschaftskollege Kevin Kampl teilt, der mittlerweile bei RB Leipzig spielt. "Die Rote Karte ist verdient, das gehört sich nicht. Damit sollte man es aber auch gut sein lassen und nicht weiter auf den Menschen rumhacken." Auch für Stefan Effenberg war die Szene "link und fies", aber den Vorwurf der Geisteskrankheit will der Ex-Bayer nicht bestätigen.
Bobic gegen Hoeneß: "Das gehört sich nicht"
In "Wontorra - der Fußball-Talk" kritisierte Eintrachts Vorstandsvorsitzender Fredi Bobic bei Sky Sport die Wortwahl von Hoeneß deutlich. "Meine Wortwahl wäre es nicht. Die Wortwahl gehört sich nicht, weil Bellarabi kein Spieler ist, der so hart spielt. Er wollte den Spieler nicht verletzen und ihm jetzt vorzuwerfen, dass er drei Monate eingesperrt werden soll, das gehört sich einfach nicht. Fußball ist ein zweikampfbetontes Spiel. Das tut mir auch leid für die Jungs, aber dass Verletzungen passieren, ist leider normal. Uli wird bestimmt gewusst haben, wie schwer die Verletzungen sind und dann ist der Ballon noch größer geworden - bis er geplatzt ist. Es wird eine längere Sperre werden für Bellarabi, vor allem auf Grund der Verletzung. Aber definitiv keine drei Monate.
Dardai erwägt Regeländerung
Bellarabi, der sich selbst für das heftige Foul entschuldigt hat, wird eine empfindliche Strafe vom Sportgericht erhalten und mehrere Spiele gesperrt werden. Bei der Diskussion um ein gerechtes Strafmaß schlägt Bundesliga-Coach Dardai indes eine Regeländerung vor.
"Vielleicht müssen wir eine Regel machen im Fußball, wenn der Spieler schwerverletzt ist", sagte der Ungar. Demnach könnte ein Spieler, der einen anderen verletzt, genauso lange gesperrt werden, wie der Spieler verletzt sei, meinte er. Bellarabi dürfte nach dieser Logik also erst wieder spielen, wenn Rafinha wieder einsatzfähig ist. Das zumindest wird Wochen dauern.