Mitspieler stellen sich hinter ausgebooteten Goretzka: "Er ist einer von uns"
Ulm/München - Im Jahr 2021, noch unter den Eindrücken des Triple-Sieges 2020 unter Trainer Hansi Flick, war der Vertrag von Leon Goretzka, damals einer der Garanten des Erfolgs, bis 2026 verlängert worden. Das Gehalt des dynamischen Mittelfeldspielers wurde angehoben. 2018 war der gebürtige Bochumer ablösefrei vom FC Schalke 04 gekommen.
In diesem Sommer würden die Münchner Bosse den 29-Jährigen gerne abgeben, aber nicht kostenlos. Und Goretzka? Er will bleiben, kämpfen, sich durchbeißen.
Schon in der Vorbereitung auf die vergangene Saison war er unter Trainer Thomas Tuchel überzählig, nun ist er unter Vincent Kompany das fünfte Rad am Wagen, der das zentrale Mittelfeld bildet.
Will sich bei FC Bayern durchbeißen: Goretzka ist im Mittelfeld nur die Nummer fünf
Joshua Kimmich gilt nach seiner erneuten Versetzung von der Position des Rechtsverteidigers in die Mitte als gesetzt, daneben werden Neuzugang Joao Palhinha und Eigengewächs Aleksandar Pavlovic auf ihre Einsatzzeiten kommen. Nummer vier ist Konrad Laimer, Nummer fünf Goretzka.
Also nichts wie weg? Leicht gesagt. Atletico Madrid und die SSC Neapel sollen vorsichtig vorgefühlt, die Rahmenbedingungen abgeklopft haben. Doch Goretzkas Gehalt und dessen Vorstellungen, bei einem Wechsel nicht zu viel davon einzubüßen, schrecken Interessenten ab.
Goretzka setzt auf den Faktor Zeit, zumindest bis zur Transferperiode im Januar, und darauf, dass im Fußball nichts ausgeschlossen ist. Auch nicht, dass er länger beim FC Bayern bleibt als Kompany.
Bereits in der Vorbereitung haben die Münchner Bosse um Sportvorstand Max Eberl dem Mittelfeldspieler mit der branchenüblichen Rhetorik eine Luftveränderung nahegelegt ‒ bis dato ohne Erfolg. Wann zeigt sich Goretzka einsichtig?
Aber: Muss er das? Die Ansagen der Bosse werden von Tag zu Tag deutlicher und schärfer. Trainer Kompany hatte Goretzka nicht in den Pokal-Kader für die Reise zu Zweitliga-Aufsteiger Ulm (4:0) genommen, dennoch war der Ausgebootete das Hauptthema an der Donau.
Er erntete, auch branchengemäß, viel Lob für seinen Fleiß und seine Trainingsarbeit. Ein von den Chefs kritisierter Spieler würde auch günstiger werden in Sachen Ablöse. "Wir haben von großer Leistungsstärke gesprochen, die wir im Kader haben. Und dann muss jeder Spieler für sich entscheiden, wie er dann damit umgeht", sagte Eberl.
Die Situation für Goretzka sei "bestimmt nicht schön, als Spieler möchtest du auf dem Platz stehen." Ein Wink mit dem Zaunpfahl als müsste er damit einem Jumbojet die Parkposition einweisen.
Für DFB-Karriere: Völler rät Goretzka zu Wechsel
Für die Spieler, vor allem die langjährigen Weggefährten aus der DFB-Nationalelf, ist es eine schwierige Situation. "Am Ende ist das nicht meine Entscheidung", meinte Kimmich und betonte, "dass ich es sehr, sehr gerne mag, mit Leon auf dem Platz zu stehen. Wir alle wissen, dass wir sehr, sehr gute Freunde sind. Dementsprechend tut es mir für ihn ein bisschen leid."
Mitleid, auch wenn es wirklich ernst gemeint ist, erhält man bekanntlich gratis. "Leon hat keine einfache Situation gerade und trainiert trotzdem exzellent", meinte Thomas Müller und betonte:
"Wenn man sich den Kader ansieht und dann die Entscheidungen des Trainers und des Vereins mit einbezieht, gibt es immer wieder Härtefalle. Leon ist einer von uns. Er zeigt uns als Mitspieler, wie wichtig wir ihm sind ‒ und das ist umgekehrt genauso."
Eine Wertschätzung, die Goretzka den wohl am Ende unvermeidlichen Abschied noch schwerer machen dürfte.
Einen deutlichen Hinweis, was seine DFB-Karriere betrifft, bekam Goretzka am Sonntagvormittag serviert. "Es macht Sinn für ihn, zu wechseln - wenn er die Ansprüche hat, nochmal auf den WM-Zug aufzuspringen", sagte DFB-Sportdirektor Rudi Völler im Sport1-"Doppelpass" mit Blick auf die Nordamerika-WM 2026.
Als Bankdrücker hat Goretzka, der von Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht für die Heim-EM nominiert worden war, keine Chance zurückzukehren. Völler weiter: "Es gibt Verträge, aber man will sich auch wohl fühlen. Man will auf seine Einsatzzeiten kommen."
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