Mitreißender Sieg und Kimmich-Dämpfer: Gefühlschaos beim FC Bayern
Dortmund/München - Die Verlierer fanden Trost in ihrer couragierten Leistung, die Freude der Gewinner über die zementierte Vormachtstellung war getrübt. Nach einem mitreißenden Ligagipfel kämpften die wieder einmal geschlagenen Profis von Borussia Dortmund und die schier unersättlichen Seriensieger vom FC Bayern mit ihrem Gefühlschaos.
Kimmich verlässt unter Tränen den Platz
Die womöglich schwere Knieverletzung ihres Antreibers Joshua Kimmich setzte besonders den Bayern trotz des 3:2 (1:1)-Erfolgs beim Dauer-Rivalen sichtlich zu. Außer einem lauten Jubelschrei von Trainer Hansi Flick nach dem erlösenden Schlusspfiff hielten sich die emotionalen Ausbrüche in Grenzen. "Neben seiner herausragenden Mentalität hat er eine enorme Qualität. Es wäre nicht einfach, ihn zu ersetzen", sagte Flick über einen möglichen Ausfall seines Musterprofis.
Kimmich wurde nach seinem Foul an Erling Haaland mit großen Schmerzen im rechten Knie unter Tränen vom Platz geführt, am Sonntag stand die Untersuchung in München an. "Ich hoffe für Josh, für Bayern und den DFB, dass er halbwegs fit aus der Nummer herausgeht", sprach auch BVB-Abwehrchef Mats Hummels sein Mitgefühl aus.
Dabei hatten auch die Dortmunder nach ihrem gescheiterten Angriff auf den Branchenprimus Zuspruch nötig. Die ausbleibende Belohnung für ihren beherzten Auftritt schmerzte, nach dem Schlusspfiff sanken sie tief enttäuscht auf den Rasen. "Das ist schwer zu akzeptieren", klagte Coach Lucien Favre. Im Gegensatz zu einigen Duellen in der jüngeren Vergangenheit lieferte der BVB dem deutschen Rekordmeister einen packenden Fight.
Bayern steckt gegen BVB mehrere Rückschläge weg
"Ein Spiel auf Augenhöhe", nannte es Flick. Dortmund habe "ein anderes Gesicht gezeigt als in vielen Spielen zuvor", lobte Nationalspieler Leon Goretzka im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF: "Sie haben schon mutig gespielt." Doch von den Komplimenten konnte sich der BVB nichts kaufen. Am Ende standen trotz des Führungstreffers von Marco Reus (45.) und der Urgewalt von Torschütze Erling Haaland (83.) die vierte Bundesliga-Niederlage gegen die Münchner in Serie, der Rückfall auf Platz drei hinter RB Leipzig und die Erkenntnis von Hummels: "Heute hat uns die Kaltschnäuzigkeit vorm Tor gefehlt. Es war fast klar, dass die Effektivität entscheidet."

Und die zeigte einmal mehr der Triple-Gewinner – trotz teils wackliger Abwehr und einiger Rückschläge. Zwei aberkannte Tore, die Verletzung von Kimmich, der Rückstand kurz vor der Pause – mit beeindruckender Mentalität und spielerischer Klasse wehrten die Bayern den Angriff des Verfolgers ab. Fast demütig verneigte sich Flick nach dem Abpfiff vor Thomas Müller. "Das", stellte der 55-Jährige klar, "galt der gesamten Mannschaft". Die Mentalität, die Klasse, welche die Mannschaft zeige, sei herausragend: "Deshalb stehen wir da, wo wir stehen." Und das ist nach sieben Spieltagen durch die Tore von David Alaba (45.+4), Robert Lewandowski (48.) und Leroy Sane (80.) wieder mal ganz oben.
Hummels: "Das Glück war nicht auf unserer Seite"
Besonders der Ausgleich durch Alabas abgefälschten Freistoß "war entscheidend", fand Kapitän Manuel Neuer. "Dann geht man mit einem schlechten Gefühl in die Kabine", erklärte Hummels bei Sky: "Das Glück war heute nicht auf unserer Seite." Die psychologische Wirkung des vierten Bundesligasiegs gegen Dortmund in Folge auf die Konkurrenz ist nicht zu unterschätzen. "Es geht einfach darum, wer die Vorherrschaft hat in Deutschland. Das ist das Spiel, das wir spielen wollen, und dementsprechend gut fühlt es sich jetzt an, das Spiel gewonnen zu haben", sagte Goretzka: "Solche Siege sind doppelt wichtig für uns."
Zwei Punkte beträgt der Vorsprung auf Leipzig, drei der auf Dortmund. Flick rechnet dennoch mit einem steinigen Weg auf der Jagd nach dem neunten Meistertitel in Serie. "Leipzig ist gut, Gladbach hat eine sehr gute Mannschaft. Leverkusen. Die Bundesliga ist im Moment sehr ausgeglichen", sagte Flick und dachte dabei auch an die möglichen Auswirkungen der Kimmich-Verletzung.