Maier, Kahn, Neuer - wer ist der beste Bayern-Torwart aller Zeiten?

München - Thomas Tuchel, der wortgewandte Cheftrainer des unterlegenen Finalisten Paris Saint-Germain, fand am späten Sonntagabend ein treffendes Wort für die Beschreibung der Torwartleistung von Manuel Neuer: "Wettbewerbsverzerrung". Tuchel beklagte sich, dass der 34-Jährige "zum falschen Moment für uns" und "wie schon seit Monaten in absoluter Topform" sei. Der FC Bayern gewann den Henkelpott mit einem 1:0, vor allem: zu null.
Dank Neuer und seiner herausragenden Paraden gegen Neymar und Marquinhos. Wie ein Eishockey-Torwart seine Kelle streckte Neuer unorthodox wie artistisch ein Bein heraus und erwischte so den Schützen auf dem falschen Fuß. Dass der gebürtige Gelsenkirchener gegen PSG laut Statistik 39 Pässe spielte und zehn Balleroberungen zu verzeichnen hatte, belegte seine Klasse als Libero hinter der Viererkette, mit der die Bayern ihr hohes Pressing aufziehen konnten.
Die beste Nummer 1: Maier, Kahn oder Neuer?
Wie damals, 2014 in Brasilien, als Neuer gefühlt mehr außerhalb seines Strafraums herumdüste als auf der Linie seinen Mann stand. Die Fakten sprechen für sich: Weltmeister (im Finale samt Verlängerung gegen Argentinien zu null!) und die Auszeichnung als bester Torhüter des Turniers.

Nach dem Triple 2013 (als Torwart) hat Neuer nun auch das Triple 2020, diesmal als Torwart UND Kapitän, gewonnen. Hat keiner vor ihm geschafft. Neuer ist also einmalig. Und damit auch der beste Torhüter der Bayern-Historie? Hm. Ganz enge Kiste bei den Herrschaften in der Kiste angesichts vom "Sepp" und dem "Titan".
AZ kürt die "Champion's Eleven"
Die Abendzeitung kürt in dieser Woche die "Champion’s Eleven", die stärkste Elf der sechs Henkelpott-Triumphe, vereint also die Besten der Siegermannschaften von 1974, '75, '76 sowie 2001, 2013 und 2020 zu einer - wohl unschlagbaren - Heldenelf.
In Folge eins geht's um die Torhüter. Und da es nur einen im Kasten geben kann, fällt die Wahl, eine hauchdünne Entscheidung, auf Sepp Maier (76), in Deutschland zum Torhüter des Jahrhunderts gekürt. Ein Triple ist der "Katze von Anzing" nicht gelungen, dafür gewann er Mitte der 70er Jahre drei Mal hintereinander den Europapokal der Landesmeister, wurde Weltmeister (1974) und Europameister (1972). Dieser Titel fehlt Neuer noch.

Für Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ist Maier das "wahrscheinlich größte Original, das je beim FC Bayern gespielt hat. Mit Sepp in der Mannschaft war es keine Sekunde langweilig." Man dürfe aber, so Rummenigge, "über dem Gaudiburschen den Weltklassetorwart nicht vergessen".
Neuer und Maier revolutionierten das Torwartspiel
Wie Neuer im letzten Jahrzehnt, so revolutionierte auch Maier das Torwartspiel, war einer der ersten, der Anfang der 70er Jahre Soft-Grip-Handschuhe mit Schaumstoff-Belag benutzte. Seine Erfindung. Noppengummi, wie früher auf Tischtennis-Schlägern, oder Handtuch-Frottee waren out. Und Maier war in der Achse Maier-Beckenbauer-Breitner-Müller für die Münchner wie die Nationalelf fast über ein Jahrzehnt prägend. Da fehlt Neuer, obwohl er das "Torwartspiel auf ein neues Niveau gehoben hat" (wieder der trauernde Lobverteiler Tuchel), noch ein Stückchen.

"Wir in Deutschland hatten immer ganz große Torhüter, aber Manuel ist sicherlich einer der ganz, ganz großen", sagte Oliver Kahn (51), Champions-League-Sieger als Held im Elfmeterschießen von Mailand 2001. Der Größte? Trotz seiner engen Freundschaft zu seinem ehemaligen Torwarttrainer Maier fügte Kahn in Lissabon hinzu: "Wenn man schaut, was er alles gewonnen und der Mannschaft dabei immer geholfen hat – ja, kann man sagen." Kann man.
Aber der Sepp ist halt der Sepp. Auch einmalig. Vielleicht noch etwas einmaliger als Neuer. Noch?
