Licht und Schatten: Der Supercup-Sieg des FC Bayern in der Analyse
Leipzig - Es gibt angenehmeres Ambiente für Umarmungen und lockere Plaudereien, aber man muss es nehmen, wie es kommt. So trafen sich am Samstagabend Bundestrainer Hansi Flick und Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic in der Tiefgarage der Red-Bull-Arena von Leipzig, direkt neben dem Teambus des Meisters. Flick und Salihamidzic, die einstigen Widersacher zu Flicks Zeiten als Cheftrainer der Münchner, umarmten sich. Kurz darauf stieß der bestens gelaunte Flick-Nachfolger Julian Nagelsmann aus dem Spielertunnel hinzu.
Jeder für sich des Gute-Laune-Trios hatte gute Gründe für Heiterkeit. Sie sahen ein spektakuläres Supercup-Spiel, das 5:3 der Bayern war mit acht Toren das bislang torreichste Duell zwischen Meister und Pokalsieger.
Die Münchner erhielten zum elften Mal in der Vereinsgeschichte die DFL-Trophäe, Thomas Müller als Häuptling Silberware durfte das Titelchen zum achten Mal entgegennehmen - natürlich Rekord für diesen Wettbewerb.
Nagelsmann will "Statement" setzen - die Mannschaft liefert
Die Bayern wollten im ersten Pflichtspiel der Saison kurz vor dem Bundesliga-Auftakt am kommenden Freitag bei Eintracht Frankfurt "ein Statement" setzen wie es Nagelsmann gefordert hatte. Es wurde ein 5:3-Statement, der Sieg beim Pokalsieger hätte weit höher ausfallen können. Nach der Pokalübergabe stellen sich die Bayern-Spieler traditionell (wie 2020 und 2021) zum Siegerfoto vor der Fankurve zusammen.
Dann hieß es: Grimassen und Gesten - jeder so, wie er mag. Die Profis hatten richtig Spaß. Die Bosse auf der Tribüne auch. Salihamidzic saß - des besseren Blickwinkels wegen - erstmals bei einem Spiel links neben Oliver Kahn, dafür nahm der Technische Direktor Marco Neppe den Platz von Salihamidzic auf der Bank ein.
Vorstandsboss Kahn frohlockte nach dem für ich gewohnten Blick aus der Vogelperspektive, sagte dem "Kicker": "Man hat gesehen, wie viele Möglichkeiten nach vorne sich uns bieten, welche unterschiedlichen Überraschungsmomente und was für unglaublich gute Fußballer wir haben, was für eine Geschwindigkeit wir ins Spiel bringen können durch viele extrem schnelle Spieler. In der Offensive haben wir sehr viele Möglichkeiten." Mit Neuzugang Sadio Mané, Serge Gnabry und dem 19-jährigen "Wonderboy" Jamal Musiala.
FC Bayern überzeugt auch ohne Robert Lewandowski
Im Spiel eins nach dem Abgang von Weltfußballer Robert Lewandowski zum FC Barcelona überzeugte die Offensive ohne einen echten Mittelstürmer. "Das war stark", sagte Kahn, "und es ist nicht so, dass wir nicht auch noch Optionen in der aktuellen Mannschaft haben. Joshua Zirkzee ist noch da, Eric Maxim Choupo-Moting, dann der junge Mathys Tel, der unglaublich gut trainiert (aber noch nicht spielberechtigt war, d. Red.). Wir hätten da Möglichkeiten."
Mia san flexibel. So viel zum Licht - es gab aber auch eine Menge Schatten beim teilweise wilden 5:3. "Die erste Halbzeit war überragend", so Gnabry, "im Endeffekt dürfen wir es nicht zulassen, dass Leipzig noch mal so zurückkommt."
Nach dem 3:0, der vermeintlichen Vorentscheidung Nummer eins, kam Leipzig auf 1:3 heran. Nach dem 4:1, der vermeintlichen Vorentscheidung Nummer zwei, stellte RB bis kurz vor Schluss auf 3:4.
Nach Supercup-Sieg: Bayern-Star Mané lobt und mahnt
"Wir haben ein gutes Spiel gemacht", resümierte Mané bei "Sat.1", sagte aber auch mahnend: "Im zweiten Durchgang hatten wir ein paar Schwierigkeiten. Das können wir besser machen." Aber es ist immer noch erst der Anfang der Saison. Wir haben also noch Zeit, an der Perfektion zu arbeiten."
Vor allem die Defensive hat noch Nachholbedarf. Benjamin Pavard, der in der Offensive mit einem Treffer glänzte, sah beim Kopfballduell zum 1:3 schlecht aus und verursachte den Elfmeter zum 2:4 mit einem ungestümen Tackling. Der künftige Abwehrchef Matthijs de Ligt kam erst in der Schlussphase für Dayot Upamecano, konnte aber auch die wacklige Defensive nicht stabilisieren.
Vorne glänzende Aussichten, hinten die alt bekannte Problemzone? "Nach diesem Spiel will ich nicht schon mit einer solchen Diskussion anfangen", raunte Kahn und meinte: "Die Mannschaft befindet sich noch immer im Vorbereitungsstatus, da wird hart gearbeitet, deshalb ist es verständlich, dass sich am Schluss Konzentrationsfehler einschleichen. Nichtsdestotrotz wäre es für meine Nerven besser gewesen, wir hätten das vermieden."