Lewandowski - und sonst nicht viel: Woran das Spiel des FC Bayern krankt

München - Robert Lewandowski nahm sich nach dem 4:1-Sieg gegen Greuther Fürth viel Zeit, um vor dem Spieler-Parkplatz im Bauch der Münchner Arena Autogramme für die wartenden Bayern-Fans zu schreiben, für Fotos zu posieren und sich entspannt mit seinen (vielen) Bewunderern zu unterhalten. Ein Weltfußballer zum Anfassen.
Dann aber war seine Familie dran - und sein "größter Fan", wie Lewandowski später auf Instagram schreiben sollte: Mit Töchterchen Laura spielte Lewy noch ein paar Augenblicke auf dem Rasen, auch seine Frau Anna und die ältere Tochter Klara kamen hinzu. Es war wieder ein rundum gelungener Arbeitstag für Lewandowski, Bayerns Lebensversicherung, ehe der Torjäger und seine Familie in die Villa nach Bogenhausen aufbrachen.
Lewandowski weckt müde Münchner auf
Mit zwei Toren (46. und 82. Minute) sorgte Lewandowski für die Wende gegen Aufsteiger Fürth. Dabei schien eine Halbzeit lang sogar eine Sensation möglich. "Schlecht" habe Bayern da gespielt, erklärte der Pole. "Das muss man klar sagen. Ich wollte die Mannschaft aufwecken."
Zunächst mit einem Foul an Fürths Torschütze Branimir Hrgota und anschließender Gelber Karte, dann mit seinen Saisontreffern 27 und 28 in der Liga. Genauso viele hatte Lewandowski zu diesem Zeitpunkt auch in der Vorsaison, als er Gerd Müllers Rekord am Ende knacken konnte. Insgesamt traf der Stürmer in 39 Pflichtspielen dieser Saison 32 Mal - einmalig in Europa.
Den Bayern fehlt das beruhigende Element
Mit seinen Toren überdeckt Lewandowski derzeit die Schwächen seines Teams, die auch gegen Fürth nicht zu übersehen waren: Konteranfälligkeit, fehlende Balance und ein zu hektisches Passspiel aus der Defensive heraus.
"Am Ende geht es viel um Ballsicherheit. Es war auch schon unter Hansi Flick so, dass die Mannschaft extrem darauf gepolt ist, Angriffe schnell nach vorne zu bringen und zu Ende zu spielen", versuchte sich Nagelsmann an einem Erklärungsansatz. "Es ist so ein bisschen die Tugend der Spieler. Wir haben aktuell keinen, der das Spiel extrem gerne beruhigt. Du musst als Trainer versuchen, diese Art und Weise der Spieler gewinnbringend zu nutzen, indem du über 70 Tore schießt in der Bundesliga - auf Kosten, dass immer mal was passieren kann."
Heldenfußball statt funktionierendes System
In der Liga geht diese Taktik bei sechs Punkten Vorsprung auf Borussia Dortmund bislang gut - aber auch in der Champions League? Im Achtelfinal-Hinspiel reichte es bei RB Salzburg nur zu einem wackligen 1:1, die großen Gegner kommen erst ab einem möglichen Viertelfinale.
FC Bayerns Kader ist aus dem Tritt
Lewy - und sonst nicht viel: Das ist der Status quo bei Bayern Ende Februar, Nagelsmanns Team lebt eher von Heldenfußball als von einem funktionierenden System. Das sah in dieser Saison in Phasen schon einmal viel besser aus, doch die Verletzungen von Manuel Neuer, der nach seiner Knie-OP am Montag wieder ins Lauftraining einstieg, Alphonso Davies, Leon Goretzka sowie etliche Corona-Fälle scheinen das Team aus dem Tritt gebracht zu haben. Die Münchner hoffen, dass ihr Top-Trio im März zurückkehren wird, gewiss ist das nicht. Es fehlt die Tiefe im Kader, um auf solche Ausfälle reagieren zu können.
Und so war man nach dem Fürth-Spiel froh, die dritte Partie in Folge ohne Dreier abgewendet zu haben - egal wie. "Der Sieg ist sehr wichtig, manchmal wichtiger als die Art und Weise. Die drei Punkte sind bedeutend für uns, tabellarisch, punktemäßig und auch psychologisch", sagte Nagelsmann. Und Thomas Müller meinte: "Jetzt haben wir die kleine Delle gestoppt und sind wieder in der Siegspur."
Nagelsmann verspricht bessere Bayern
Doch die Aufgaben bleiben knifflig. Am Samstag muss Bayern bei Angstgegner Eintracht Frankfurt ran (1:2 im Hinspiel), am 5. März kommt der Tabellendritte Bayer Leverkusen in die Arena. Und drei Tage später geht es gegen Salzburg ums Weiterkommen in der Königsklasse. "Bis dahin werden wir bessere Leistungen zeigen", versprach Nagelsmann.
Auch Lewandowski, Bayerns Bester, zeigte sich optimistisch: "Jetzt haben wir zwei normale Wochen, in denen wir wirklich gut arbeiten können an den Sachen, die nicht so funktionieren und in denen wir unsere Form aufbauen können." Es ist allerhöchste Zeit.