Lewandowski, Alaba, Kimmich: Die Bayern-Erkenntnisse aus der Länderspielpause
München - Die Saison in Deutschland hatte gerade erst begonnen, da wurde schon wieder pausiert.
Die schon traditionelle Länderspielpause zu Beginn der Saison erfährt seit langem keine allzu große Beliebtheit, wohl auch der FC Bayern hätte nach vier Siegen aus den ersten vier Pflichtspielen am liebsten den Rhythmus beibehalten. Immerhin: Anders als häufig in der Vergangenheit kehren die Bayern-Stars wieder gesund an die Säbener Straße zurück - mit Erfolgserlebnissen.
Während die deutschen Nationalspieler mit dem torlosen Remis gegen Weltmeister Frankreich und einem hart erkämpften 2:1 gegen Peru in die "Mission Neuanfang" nach dem WM-Desaster gestartet sind, durften auch Thiago, David Alaba und Robert Lewandowski im Nationaldress jubeln.
Die AZ fasst die drei wichtigsten Erkenntnisse aus der Länderspielpause zusammen:
1. Kimmich kann Mittelfeld-Boss

Seit Jahren beackert Joshua Kimmich beim FC Bayern und in der deutschen Nationalmannschaft die rechte Seite und füllt die vermeintlich große Lücke, die nach dem Karriereende von Philipp Lahm befürchtet wurde, problemlos aus. Pep Guardiola schulte den Youngster seinerzeit zum Verteidiger um, bei der EM vor zwei Jahren spielte sich der 23-Jährige als Rechtsverteidiger sogar ins Team des Tuniers. Was dabei beinahe in Vergessenheit geriet: Eigentlich ist Kimmich gelernter Mittelfeldspieler.
Joachim Löw schien sich bei der Analyse des WM-Desasters genau daran zu erinnern. Es brauche zwingend wieder mehr defensive Stabilität, meinte der Bundestrainer - und stellte sein System um. Innenverteidiger Matthias Ginter verteidigte gegen Frankreich und Peru hinten rechts, Kimmich rückte in beiden Partien ins zentrale Mittelfeld. Ein taktischer Schachzug, der sich als erfolgreich herausstellen sollte.
So lange laufen die Verträge der Bayern-Spieler
An der Seite von Leon Goretzka und Toni Kroos zeigte Kimmich eine starke Leistung. Von Anpassungsproblemen angesichts der nicht mehr gewohnten Position war nichts zu sehen - im Gegenteil.
Mit einer Passquote von 94,3 Prozent und einer Zweikampfquote von 77,8 Prozent hatte der Bayern-Star gegen Frankreich die besten Werte der DFB-Elf. Dabei hatte er immerhin Antoine Griezmann im Rücken sowie Paul Pogba und N'Golo Kanté vor der Brust. "Die Mannschaft, weiß, dass ich ihr rechts hinten weiterhelfen kann. Jetzt versuche ich es auf der Sechs. Von mir aus gerne öfter. Mal schauen, wie der Trainer mit mir plant", sagte Kimmich im Anschluss an die Partie gegen den Weltmeister.
Für Löw ist Kimmich kurz- bis mittelfristig eine Option im zentralen Mittelfeld. Und unter Bayern-Coach Niko Kovac? "Nee. Ich werde von meiner Seite nicht das Gespräch suchen", sagte der 23 Jahre alte Nationalspieler nach dem Sieg gegen Peru in Sinsheim. Er gehe davon aus, dass er im Verein wieder rechts verteidigen werde, meinte er: "Und wenn man mich auf einer anderen Position braucht, spiele ich auf einer anderen Position." Seine taktische Variabilität ist dennoch ein Segen für Kovac.
2. Alaba reift zum Führungsspieler

Nach Jahren der Stagnation scheint es bei David Alaba endlich wieder bergauf zu gehen. Schon im Saisonstart bei den Bayern zeigte sich der Linksverteidiger in guter Frühform, während der Länderspielpause ging es auch noch gegen Lieblingsgegner Schweden.
Beim Testspiel-Sieg gegen den WM-Teilnehmer bereitete der Österreicher mit einer Flanke das Eigentor zur Führung vor, den Treffer zum 2:0-Endstand erzielte er selbst. In Abwesenheit des verletzten Julian Baumgartlinger führte er sein Team sogar als Kapitän aufs Feld und ging als zentraler Mittelfeldspieler voran.
Offensiv zeigte sich der 26-Jährige spielfreudig und setzte immer wieder Akzente, defensiv ließen er und seine Kollegen gegen die Schweden so gut wie nichts zu. Trotz des Sieges gegen den WM-Viertelfinalisten zeigte sich der Interimskapitän nach der Partie nicht vollends zufrieden. "Uns wurden vor dem Spiel gute Lösungen gesagt, wir konnten das in der ersten Hälfte aber nicht so umsetzen wie in der zweiten. Wir haben in der ersten Hälfte den Ball zu langsam laufen lassen, zu langsam die Seiten gewechselt", kritisierte der Bayern-Star.
In Österreich wird Alabas kritische Haltung positiv bewertet. Nach dem enttäuschenden Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren und der verpassten WM-Qualifikation stand der Bayern-Star in seiner Heimat teils massiv in der Kritik, wusste nur noch selten zu überzeugen. Auch beim FC Bayern wurden in den letzten Jahren immer wieder kritische Stimmen laut, nun scheint sich Alaba zu stabilisieren.
3. Lewandowski ordnet sich wieder unter

Robert Lewandowski hat keine leichte Zeit hinter sich. Über Monate hinweg kokettierte der Stürmer mit einem Wechsel, spielte lustlos und wirkte abwesend. Vor allem nach dem Halbfinal-Aus in der Champions League gegen Real Madrid stand der Pole aufgrund seiner mangelhaften Chancenverwertung massiv in der Kritik. Auch bei der Weltmeisterschaft in Russland blieb der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft weit hinter seinen Möglichkeiten zurück - und erzielte nicht einen einzigen Treffer.
Danach sprach der Angreifer seinen Mitspielern sogar die Qualität ab. "Aus nichts kann ich nichts machen. Es gibt keinen Spieler auf der Welt, der den Ball erobert, fünf Gegner und den Torhüter ausspielt und dann ein Tor schießt", meinte der Angreifer harsch.
Der Frust scheint mittlerweile verflogen zu sein: Für den FC Bayern trifft Lewandowski wieder, wie er will. In dieser Saison erzielte er bereits sechs Tore in vier Pflichtspielen. Und auch bei der Nationalmannschaft zeigt sich Lewandowski wieder spielfreudiger. Beim 1:1 zum Auftakt in die Nations League bereitete der Superstar der Polen den Führungstreffer kurz vor der Pause mit einer schönen Flanke vor - Piotr Zielinski verwandelte mit einem traumhaften Vollspann-Volley.
Einer derjenigen, denen er nur wenige Wochen vorher noch die Qualität abgesprochen hatte. Jetzt ordnet sich der 30-Jährige wieder ein. Auch für den FC Bayern eine wertvolle Erkenntnis.