Leon Goretzka, der deutsche Botschafter

"Wer Blut spendet, der spendet auch Mut und Leben", sagt Nationalspieler Leon Goretzka, der eine Blutspende-Aktion unterstützt. Der 27-Jährige beweist immer wieder großes soziales Engagement.
von  Matthias Kerber
Eine Geste des Herzens: Bayern-Star und Nationalspieler Leon Goretzka positioniert sich bei der Europameisterschaft 2021 gegen Rassismus und Homophobie.
Eine Geste des Herzens: Bayern-Star und Nationalspieler Leon Goretzka positioniert sich bei der Europameisterschaft 2021 gegen Rassismus und Homophobie. © picture alliance/dpa

München - In der flüchtigen Welt des Fußballs, in der sich so viel um Geld, Protz, Adulation und Eitelkeiten dreht, können sich die kickenden Ich-AGs mit überquellenden Gehaltskonten fast alles leisten und erlauben.

Doch ein Gewissen, eine Einstellung, eine Überzeugung, eine Botschaft, die kann man nicht kaufen. All das hat man – oder eben nicht. Viele – allzu viele – Menschen (kickend oder nicht) kommen ohne all das gut – viel zu gut – durchs Leben. Wer keine Kanten hat, an dem kann man sich auch nicht stoßen.

Goretzka hat was zu sagen und tut das auch

Leon Goretzka, Bayern-Star und Nationalspieler, ist das Gegenbeispiel, der Gegenentwurf zum gewissensbefreiten Nur-Nicht-Anecker.

Er ist der deutsche Botschafter – nicht nur im Fußball. Er hat was zu sagen – und tut das auch. Die Leute wiederum hören zu, weil es eben nicht nur Floskeln, sinnentleerte Worthülsen sind, die der 27-Jährige absondert.

Am Dienstag, dem Weltblutspendetag, hat sich Goretzka nun im Rahmen der Aktion "#missingtype – erst wenn's fehlt, fällt's auf" fürs Blutspenden stark gemacht. "Wer Blut spendet, der spendet auch Mut und Leben. Lasst uns gemeinsam dafür Sorge tragen, dass uns niemals das Blut ausgeht", sagte Goretzka: "Geht raus, spendet Blut und rettet Leben."

Neben Goretzka nahmen auch David Alaba (Real Madrid), Sami Khedira (Weltmeister von 2014), Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und die ehemalige Ski-Queen Maria Höfl-Riesch an der Aktion teil.

Soziales Engagement, Hilfe für die, die sich nicht selber helfen können, gesellschaftspolitische Botschaften, all das ist ein fester Bestandteil der Goretzka-DNA. Zusammen mit Bayern- und Nationalmannschaftskollege Joshua Kimmich rief er im März 2020 mit einer Millionenspende die Aktion "#WeKickCorona" ins Leben, mit der soziale und karitative Projekte während der Corona-Krise unterstützt wurden. Dafür wurden die beiden mit dem Bayerischen Sportpreis ausgezeichnet. Und anders als Kimmich konterkarierte Goretzka die Aktion auch nicht mit einer Impfverweigererhaltung...

Goretzka ist einer, der An- und Aussagen nicht scheut. Nach seinem Treffer zum 2:2 im letzten Gruppenspiel der EM 2021 gegen Ungarn formte er mit seinen Händen ein Herz und zeigte dies in der Allianz Arena in Richtung der ungarischen Hooligans, die zuvor mit rassistischen und homophoben Aktionen ihre stupide Engstirnigkeit offenbart hatten.

Goretzkas Jubel gegen Ungarn.
Goretzkas Jubel gegen Ungarn. © IMAGO / Sven Simon

Herzensangelegenheit: Kampf gegen Rechts

Der Kampf gegen Rechts ist für den gebürtigen Bochumer eine Herzensangelegenheit. "Es hat mich entsetzt. Ich bin im Ruhrgebiet groß geworden, wo man die Frage nach der Nationalität eher mit Bochumer, Schalker oder Dortmunder beantwortet. Ich kann nur dazu aufrufen, entschieden dagegen vorzugehen", hatte Goretzka nach den rassistischen Vorfällen beim Länderspiel in Wolfsburg gegen Serbien gesagt, als die Spieler Leroy Sané und Ilkay Gündogan von der Tribüne aus angegangen und diffamiert worden waren. "Für uns ist Integration kein Thema – sondern Selbstverständlichkeit."

Auch zu den politischen Rechtsaußen von der AfD (Alternative für Deutschland) hat er eine klare, unverblümte Meinung. "Für mich ist es keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland", sagte er der "Welt am Sonntag" Ende 2020. Die SfD?

Wenn er für sein Land spielt, möchte er auch für "unsere Werte und Verfassung" spielen, sagte Goretzka: "Nicht für ein Land, das in Geschichte nicht aufgepasst hat. Schwarz-Rot-Gold sind die Farben der Demokratie, nicht der Rechten."

Bei Goretzka sind es nicht nur hohle Worte, sondern tiefe Überzeugungen. Sein Treffen 2020 mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer bezeichnete er als eine der "prägendesten Erfahrungen. Sie hatte sogar ihren Judenstern mitgebracht. Das sind Momente, da erstarrst du förmlich. Ich bin kein Politiker, sondern ein ganz normaler Bürger, der sich Gedanken macht. Ich will aufstehen gegen Rassismus, das ist mein Impuls. Wir müssen diejenigen sein, die dafür Sorge tragen, damit so etwas nie wieder vorkommt."

Goretzka, der deutsche Botschafter. Einer Botschaft des Herzens, des Gewissens, des Verstandes.

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