Kommentar: Das Rotationsprinzip beim FC Bayern München

Ottmar Hitzfeld hat an der Säbener Straße einst die Rotation eingeführt. 1A-Profis schonen, 1B-Spieler bei Laune halten. Die Bayern-Bosse schauten sich das systematische Wechselspiel für ihre Übungsleiter ab. Als Hitzfeld 2004 nach sechs Jahren im Amt die Zügel schleifen ließ, holte man Schleifer Felix Magath. Als dieser den gesamten Verein mit seiner speziellen Art ermüdete, wurde Hitzfeld zurückgerufen. 2008 der Neustart mit Sommermärchler und Visionär Jürgen Klinsmann. Zur Beruhigung des ganz und gar nicht fantastischen Fantasten kam "Fußball-Lehrer" Jupp Heynckes. Dank Louis van Gaal glückte spielerisch der Sprung in ein neues Zeitalter, die Launen des unberechenbaren Holländers ertrug der gesamte Verein lediglich 22 Monate.
Onkel-Prinzip mit Heynckes
Also zurück zum Onkel-Prinzip mit Heynckes, der 2013 als schlauer Verwalter das Triple gewann. Nächster Schritt: Mut zum Expressionismus. Mit dem Übertrainer Pep Guardiola legte ein Entwickler, ein Tüftler los. Nach drei rastlosen Jahren brauchte es? Genau. Einen Beruhiger, einen Verwalter, einen väterlichen Freund der Spieler. Carlo Ancelotti passte perfekt. In der Vita des Italieners war eine Henkelpott-Titelgarantie verankert, das zielgesteuerte Frühjahrscoaching seine Spezialität.
Doch nun scheiterte er im ersten Anlauf. Ancelotti muss sich Fragen stellen (lassen). Trainingsintensität, Auswechslungen, Führungsstil, Talenteförderung. Alles ausbaufähig. Der 57-Jährige bekommt die Chance, in seiner zweiten Saison zu zeigen, dass er in Zeiten des Umbruchs auch Entwickler und Visionär sein kann. Und wenn es sein muss: Schleifer. Geht die Ancelotti-Verwandlung schief, greift die Trainer-Rotation der Bosse, man wird sich wieder etwas trauen. 2018 könnte Julian Nagelsmann die Reife haben für den FC Bayern.
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