König Arturo I. von Bayern

Der FC Bayern präsentiert Neuzugang Vidal – und Sammer lobt: „Er verkörpert einen Siegertypen.“ Nur das Motto „Mia san mia“ ist dem Chilenen noch fremd: „Keine Ahnung, was das bedeutet“
von  cl, kby
Ab sofort in Rot: Bayerns Neuzugang Arturo Vidal.
Ab sofort in Rot: Bayerns Neuzugang Arturo Vidal. © dpa

Fröttmaning -Arturo Vidal ist ein Mann für die große Bühne. Einer, der die großen Geste liebt, den imposanten Auftritt. Egal, ob es nun um den Kampf um den Ball geht, den der 28-jährige Chilene mit aller Vehemenz und wenig Rücksicht auf schmerzhafte Folgen für sich und den Gegner gestaltet, oder sein Erscheinungsbild. Vidals Körper ist bis zum Hals zutätowiert, die Irokesenfrisur messerscharf gezogen.

Nur folgerichtig scheint es also, dass der FC Bayern für Vidals Präsentation die ganz große Bühne wählte: In der Allianz Arena wurde der 35 Millionen Euro teure Neuzugang von Juventus Turin vorgestellt. Zuvor hatte er an der Säbener Straße sein neues Arbeitspapier unterschrieben. Das gilt bis 2019, besitzt eine Option auf ein weiteres Jahr und ist, das darf man annehmen, ganz ordentlich dotiert. Vidal jedenfalls unterzeichnete den Kontrakt in einem T-Shirt, das mit Dollarzeichen übersät war.

„Arturo Vidal verkörpert eigentlich, wenn man den Fußball analysiert, die Komplexität in Person. Er ist physisch stark, hat Kraft in seinem Spiel, ist technisch gut, schießt oft das 1:0, ist taktisch flexibel und und verkörpert einen Siegertyen. Das wird dem FC Bayern sehr, sehr gut zu Gesicht stehen“, sagte Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer bei der Präsentation Vidals, der als Ersatz für Bastian Schweinsteiger fungieren wird, der zu Manchester United abgewandert ist. So wild Vidals Optik, so brav fiel sein Wechsel-Statement aus: „Ich will mein Bestes geben und Titel gewinnen. Es war Zeit für einen Wechsel in meiner Karriere. Ich will hier die Champions League gewinnen.“ Nur auf die Frage, was denn „Mia san mia“ bedeute, war Vidal, der von 2007 bis 2011 bereits in der Bundesliga bei Bayer Leverkusen spielte, sprachlos: „Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet.“ Er wird’s bald wissen. . .

„kingarturo23“, also „König Arturo 23“ nennt sich Vidal, dem in Chile eine Immobiliengruppe besitzt, wenig bescheiden beim Kurznachrichtendienst Twitter. Seine Nummer, die 23, hat bei Bayern kürzlich Ex-Stuttgarter Sven UIreich erhalten, jetzt ist sie der Ersatztorhüter zugunsten Vidals wieder los. „Sven Ulreich hat sie gerne abgegeben“, sagte Sammer. „Für ihn hat die Nummer keine Bedeutung, für Arturo schon. Das ist eine große Geste von ihm.“ Ansonsten war Sammer voll des Lobes: „Es ist beeindruckend, wie er Fußball spielt. Es ist etwas Besonderes.“

Liveticker von der Pressekonferenz: Arturo Vidal in München vorgestellt

Der Krösus, der König, das Enfant terrible, das im Armenviertel San Joaquin von Santiago de Chile aufgewachsen ist. Als kleiner Junge musste er die Familie unterstützen, indem er Pferdeställe ausmistete. Jetzt gehört ihm ein eigener Rennstall mit 111 Pferden. Durch seine Leidenschaft für die schnellen Vierbeiner traf er auch die Frau seines Lebens: Maria Teresa, sie ist die Tochter eines renommierten Züchters. 2014 schlossen die beiden den Bund für die Ewigkeit. Und natürlich machte Arturo daraus eine große Show: 500 geladene Gäste, unter ihnen die damals frischgewählte linke Staatspräsidentin Michelle Bachelet. Arturo erschien im mitternachtsblauen Glitzer-Smoking.

Der 28-Jährige hat vier Geschwister. Der Vater, ein Kleinkrimineller, der Probleme mit Alkohol und Drogen hatte, ließ die Familie im Stich, als Arturo noch ein Kind war. Seine Mama Jacqueline ist für Arturo das Ein und Alles, ihr Antlitz ziert als Tätowierung seinen Arm. Es dauerte lange, bis er seinem Papa Erasmo verzieh. Wie die „Bild“ berichtet, arbeitet er heute für Arturo – im Stall.

Arturo, der theatrale Exzentriker hat aber auch eine böse Ader. Auf dem Platz langt er regelmäßig zu. Er spielt voller Emotion an – und über – der Grenze der Legalität. „Die Bayern können sich darauf einstellen, dass sie öfter ohne Vidal auskommen müssen“, sagte Ex-Bayern-Star (und Enfant terrible) Mario Basler, der Vidal seine „fünf, sechs Platzverweise“ pro Saison zutraut. 2009 ermittelte die Staatsanwaltschaft zu seiner Leverkusener Zeit gegen Vidal wegen Unfallflucht, 2014 ließ er in einer Disco die Fäuste für sich sprechen – Juventus Turin, die ihn nun zu den Bayern ziehen ließen, brummten ihm eine Strafe von 100 000 Euro auf. Rekord!

 

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Damit nicht genug, bei der Copa America, die er mit Chiles Nationalmannschaft gewann, schrottete er mit 1,3 Promille Alkohol im Blut seinen Ferrari, wurde kurzzeitig festgenommen, entschuldigte sich dann tränenreich bei der Nation. Und musste vor seiner Reise nach München noch Sozialstunden ableisten. Er besuchte ein Gefängnis für kriminelle Jugendliche. Denn er weiß, hätte ihm Gott nicht seine fußballerische Begabung geschenkt, hätte auch er selbst dort landen können. „So etwas werde ich nicht noch mal machen“, sagte Vidal nun in der Allianz Arena reumütig. Zum braven Schulbuben wird er bei Bayern wohl aber trotzdem nicht mutieren. Es wäre auch ein bisschen schade drum.    

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