Kane, Sané, Musiala und Coman: Die fantastischen Vier im Angriff überdecken die Probleme des FC Bayern
München - Nein, so wirklich angetan ist Matthias Sammer (56), der Amazon-Prime-Experte und frühere Sportvorstand des FC Bayern, derzeit nicht von dem, was die Münchner spielerisch anbieten. Das machte er nach dem mühsamen 3:1-Erfolg in der Champions League bei Galatasaray Istanbul klar. "Wenn du aus Bayern-Sicht drei Viertel des Spiels solche Probleme hast, würde mich das nachdenklich machen", kritisierte Sammer.
"Und das ist nicht das erste Mal", monierte der TV-Experte. Galatasaray, das in der Partie deutlich mehr Torchancen als die Mannschaft von Trainer Thomas Tuchel (50) hatte, gehöre nicht zum "high level" in Europa, führte Sammer aus. Daher müsse sich Bayern "verbessern. So wird es schwierig werden. Aber großes Kompliment für das vierte Viertel an die Bayern!"
Musiala, Kane, Sané und Coman: Der FC Bayern lebt derzeit von seinen Einzelkönnern
Da nämlich, in der Schlussphase, machte Bayerns Offensivabteilung einmal mehr den Unterschied aus. Nachdem Kingsley Coman (27) in der ersten Halbzeit auf Vorlage von Leroy Sané (27) und Jamal Musiala (20) für das 1:0 der Münchner gesorgt hatte, entschieden Harry Kane (30) mit dem 2:1 (nach Musiala-Pass) und Musiala mit dem 3:1 (nach Kane-Pass) die Partie.

"Unsere vordere Reihe ist halt immer extrem gefährlich", analysierte Coach Tuchel, "und das hilft uns auch über schwierige Phasen zu kommen." Wohl wahr. Denn solche Phasen hat Bayern in dieser Saison ziemlich oft zu überstehen, das konnte man auch am vergangenen Wochenende beim 3:1 in Mainz beobachten. Die Tuchel-Elf lebt aktuell sehr von Einzelaktionen der herausragenden Individualisten, der fantastischen Vier im Angriff: Musiala, Kane, Sané und Coman. Es ist mehr Heldenfußball als Systemfußball. Ob das auf Dauer den gewünschten Erfolg bringt?
TV-Experte Matthias Sammer kritisiert die fehlende "Achse" beim FC Bayern
"Sie müssen sich stabilisieren, sie müssen sich finden", meinte Sammer: "Und das größte Problem in meinen Augen ist, dass sie nach wie vor keine Achse haben, die dieses Innenleben in wichtigen Phasen stabilisiert." Ein interessanter Punkt. Schließlich hakt es sowohl in der Innenverteidigung als auch im zentralen Mittelfeld. Bayern wirkt nicht wie stabiles Gebilde mit einem breiten Fundament.
"Im Moment wird Sané gelobt, Musiala gelobt, Kane gelobt. Das erinnert mich an 2011/2012", sagte Sammer: "Da wurde Arjen Robben gelobt, Ribéry gelobt. Aber irgendwas fehlte. Ich habe das Gefühl, es gibt Parallelen, und das müssen sie analysieren, von innen heraus, über das Hierarchische, das sich auch stärkt, nicht nur von außen."
Überträgt sich die "Bierruhe" von Harry Kane auf die anderen FC-Bayern-Stars?
In der Saison 2011/12 sprangen für die Münchner bekanntermaßen nur drei Vizetitel in der Bundesliga, im DFB-Pokal und in der Königsklasse heraus, erst ein Jahr später wuchs die Mannschaft wirklich zusammen und holte das Triple. Und diesmal? "Wir werden jede Woche besser", sagte Kane und zeigte sich optimistisch: "Wenn du hier gewinnst, gibt das Selbstvertrauen für den Rest des Wettbewerbs. Wir müssen einfach weitermachen. Es ist viel Arbeit, aber ich genieße es. Es ist sehr wichtig, nach drei Spielen neun Punkte zu haben."
Die pragmatischen Bayern, die von ihrem überragenden Offensivquartett leben. Musiala kommt in dieser Saison bislang auf fünf Torbeteiligungen, Coman ebenso, Sané sogar auf neun und Kane auf satte 17 (elf Treffer, sechs Vorlagen). Logisch, dass Tuchel von seiner Lebensversicherung aus England schwärmt. Kane habe "eine Bierruhe" und "einfach ein ganz natürliches Selbstvertrauen, dass er weiß, dass er nicht viele Chancen braucht." Dieses Selbstverständnis würde Bayern auch auf anderen Positionen guttun.