Julian, der Schattenmann: Wie Ex-FC-Bayern-Trainer Nagelsmann Terzic und Flick unter Druck setzt
München – Am 6. März 2021 lieferten sich der FC Bayern und Borussia Dortmund ein besonderes Duell: Nach weniger als zehn Minuten hatte Erling Haaland bereits doppelt getroffen. Am Ende setzte sich der Rekordmeister im eigenen Stadion dennoch 4:2 durch – dank des dreifachen Robert Lewandowski und Leon Goretzka.
Die Art und Weise, wie beide Teams über die vergangenen Monate auftraten, ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass sowohl der FC Bayern als auch der BVB ihre Trainer für die Zukunft gefunden haben. Hansi Flick räumte 2020 und 2021 alles ab. Edin Terzic gewann am Saisonende den DFB-Pokal. Es hatte etwas vom Duell Jupp Heynckes gegen Jürgen Klopp der 2020er.
BVB verpatzt den Saisonstart –und sorgt für "hochexplosive" Lage
Zwei Jahre später ist der Zauber weg, der Glanz verblasst. Beide Trainer stehen in der Kritik. Terzic und seine Borussia haben zwar fünf Zähler auf dem Konto. Sowohl gegen den 1. FC Köln (1:0), als auch den VfL Bochum (1:1) und sogar Bundesliga-Neuling Heidenheim (2:2) war kein großer Qualitätsunterschied zu erkennen. Als "giftig und hochexplosiv" beschreibt "Sport1" die Lage in Dortmund.

Flick, seit Sommer 2021 deutscher Nationaltrainer, konnte mit dem DFB-Team nur drei der letzten elf Spiele gewinnen, gegen den Oman (1:0), Costa Rica (4:2) und Peru (2:0). Inzwischen ist Erich Ribbeck (1,50) der einzige Bundestrainer mit noch weniger Punkten pro Spiel als Flick (1,79).
Ausgerechnet jetzt kommen die Japaner, gegen die die Nationalelf bereits bei der WM 1:2 unterlag – gefolgt von Vizeweltmeister Frankreich. In der aktuellen Verfassung zwei Monsteraufgaben. Besonders, da hinter den Einsätzen von Schlüsselspielern wie Niclas Füllkrug (30/Sehnenzerrung) und Jamal Musiala (20/Muskelfaserriss) noch ein Fragezeichen steht.
Völler stärkt Bundestrainer Flick – noch
Nach Außen hin stärkt DFB-Direktor Rudi Völler (63) grundsätzlich den bereits in die Kritik geratenen Bundestrainer, hob jedoch Anfang August erstmals mahnend den Zeigefinger: "Hansi Flick wird ein bisschen mit dem Experimentieren aufhören, die Basismannschaft einspielen." Flick habe gesagt, dass er den Kreis der Spieler etwas enger machen wolle.

Sky-Experte Didi Hamann (50) plädiert bereits seit längerer Zeit für eine Neubesetzung. Lothar Matthäus (62) ist hingegen noch etwas vorsichtiger: "Nur wenn man meint, er kann es nicht mehr und man hat einen Neuen, dem man mehr vertraut, dann muss man natürlich die Reißleine ziehen", erklärte der Rekordnationalspieler Ende Juni.
Nagelsmann als Schattenmann: Keine Reaktion seit der Entlassung beim FC Bayern
Diesen Kandidaten gibt es sehr wohl – und das seit Ende März: Julian Nagelsmann (36). Julian, der Schattenmann. Seit dem 1:2 in Leverkusen und seiner plötzlichen Beurlaubung ist der 36-Jährige komplett untergetaucht. Kein Interview, kein offizieller Abschied vom FC Bayern. Rein gar nichts war von ihm mehr zu sehen oder hören.
Wobei das Thema Abschied auch eine Sache für sich ist: Vertraglich ist Nagelsmann noch bis 2026 an den Rekordmeister gebunden. Bei einem Engagement in Dortmund oder der Nationalelf wäre eine Ablöse fällig, wohl mindestens im zweistelligen Millionenbereich. Für rund 20 Millionen Euro holte der FC Bayern den Landsberger im Sommer 2021 als Flick-Nachfolger aus Leipzig und machte ihn zum teuersten Trainer der Fußballgeschichte.
Nagelsmanns großes Plus: Eine (fast) perfekte Saison
Nagelsmann hat als großes Argument für sich, dass er die Mannschaft zum Zeitpunkt seiner Entlassung, auf Triple-Kurs hatte: Nur ein Punkt Rückstand auf Borussia Dortmund, die Viertelfinals in beiden Pokalwettbewerben waren gebucht. In der Champions League stand der Rekordmeister bei acht Siegen aus acht Spielen und lediglich zwei Gegentoren.

Den Leistungsabfall in der Rückrunde machte auch Abwehrchef Matthijs de Ligt (24) nicht ausschließlich am Trainer(-wechsel) fest: "Ich würde sagen, dass vor allem die WM ein Problem für uns war", erklärte der Niederländer bei "Sport1". Viele Spieler seien enttäuscht zurückgekehrt. Dazu kämen die Verletzungen und langen Ausfälle von Spielern wie Manuel Neuer (37), Sadio Mané (31) und Noussair Mazraoui (25). "Das war nicht einfach! Und dann haben wir zu Beginn der Rückrunde dreimal Unentschieden gespielt und plötzlich war der Druck da."
Wie Nagelsmann zum DFB-Team oder dem BVB passen könnte
Angebote von Chelsea, Tottenham oder Paris Saint-Germain lehnte Nagelsmann bereits ab. Im Mai machte er Schlagzeilen, dass er künftig mit komplett neuem Trainerteam zusammenarbeiten will. Torwarttrainer Michael Rechner ließ der 36-Jährige gleich in München. Dino Toppmöller (42) trat bei Eintracht Frankfurt die Nachfolge von Oliver Glasner (49) an. Auch Videoanalyst Benjamin Glück (37) und Xaver Zembrod (57) erhielten die Freigabe.
Die Tatsache, dass Nagelsmann allein käme, macht ihn generell für viele Abnehmer interessant – genau wie seine Bilanz. In seiner letzten Bayern-Saison gab es 27 Siege aus 37 Partien, bei nur drei Niederlagen und 112 erzielten Toren. Das alles, wohlgemerkt, ohne Robert Lewandowski. Genau diese Dynamik bräuchte es jetzt auch im DFB-Team. Viele der Spieler kennt Nagelsmann bereits und sie sein System. Oder beweist Nagelsmann demnächst, wieviel er aus dem limitiert wirkenden BVB-Kader holen kann? Weder Hansi Flick noch Edin Terzic können sich momentan allzu sicher sein.
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