Jugendtrainer Elgert erklärt Manuel Neuers starke Saison
München - AZ-Interview mit Norbert Elgert: Der 63-Jährige ist seit 1996 A-Jugend-Trainer bei Schalke 04. Dort formte er viele Talente wie Sané, Neuer, Özil, Draxler oder Nübel. 2019 erschien sein Buch "Gib alles – nur nie auf!". Das sagt Schalkes Nachwuchscoach Elgert über Neuers starke Triple-Saison und Nübels Wechsel: "Alex hätte sicher keinen Fehler gemacht, wenn er geblieben wäre."

Tapalovic und Neuer: "So ziemlich beste Freunde"
AZ: Herr Elgert, Ihr früherer Jugendspieler Manuel Neuer hat eine herausragende Triple-Saison gespielt: Wie schafft er es, mit 34 Jahren noch immer Weltklasse zu sein?
NORBERT ELGERT: Natürlich hat er reichlich Talent als Grundvoraussetzung. Aber jedes Talent entfaltet sich nur durch Betätigung. Vor allen Dingen hat Manuel aber eine richtig gute Einstellung und die Bereitschaft, hart an sich zu arbeiten und sich immer weiter zu verbessern. In der Phase, als er zum zweiten Mal schwer am Fuß verletzt war, haben wir länger telefoniert. Wie er da wieder aufgestanden und zurückgekommen ist, das war schon beeindruckend. Das hätten nicht viele nach solch schweren Rückschlägen geschafft. Für mich ist er jetzt wieder weltweit die absolute Nummer eins. Ganz wichtig ist für ihn auch die Zusammenarbeit mit Toni Tapalovic, der ebenfalls aus der Knappenschmiede kommt.
Beide waren auch zusammen im Kroatien-Urlaub.
Sie sind so ziemlich beste Freunde. Und das ist hilfreich, weil großes Vertrauen zwischen beiden herrscht. Toni ist ebenfalls sehr ehrgeizig und innovativ. Mit den Jahren ist er einer der weltbesten Torwarttrainer geworden. Auch Toni hat sich alles hart erarbeitet.
"Ein Torhüter wird durch Erfahrung immer besser"
War Neuers besonderer Wille schon in der Jugend zu erkennen?
Sein enormes Potenzial auf jeden Fall. Manuel hat damals im Feld und im Tor gespielt. Ich glaube, dass er auch als Feldspieler Profifußballer geworden wäre. Spaß und große Spielfreude haben ihn schon damals ausgezeichnet. Und man konnte bereits sehr früh seinen Willen erkennen, sich täglich zu verbessern.
Wie würden Sie seinen Führungsstil als Kapitän beschreiben?
Eigentlich kann ich das über die Entfernung gar nicht einschätzen, aber Manuel, so wie ich ihn kenne, ist harmoniebedürftig und ausgleichend in der Gruppe. Sehr verbindend, verbindlich, aber auch einfordernd und durchsetzungsstark. Er ist ein Teamplayer, der die Mannschaft über das eigene Ego stellt. Ein guter Mensch mit einem super Charakter. Da er auch immer einen guten Draht zum Trainer hat, ist er ebenfalls Bindeglied zwischen Coach und Team. Er macht das überragend.
Kann er noch spielen, bis er 40 Jahre alt ist?
So besessen und intelligent wie er trainiert und auch danach lebt, kann er mit dem nötigen Glück noch sehr lange spielen. Da gibt es ja genügend Beispiele wie Buffon, Kahn oder Lehmann. Aufgrund seiner Klasse kann er dieses Niveau, so glaube ich, noch lange halten. Ein Torhüter wird durch Erfahrung immer besser. Und davon hat Manuel inzwischen reichlich.
Wird Neuer statt Lewandowski Weltfußballer?
Für Alexander Nübel dürfte es deshalb kompliziert werden in den kommenden Jahren.
Alex hätte sicher keinen Fehler gemacht, wenn er bei Schalke geblieben wäre. Hier hätte er große Chancen gehabt, die Nummer eins zu sein. Er wird sich schon alles genau überlegt haben. In so einer starken Mannschaft mit Weltklassespielern und dem Weltklassetorhüter Manuel Neuer nimmst du natürlich auch eine Menge mit. Und es kann immer was passieren, und plötzlich wird er reingeworfen.

Bundestrainer Joachim Löw sieht in Neuer den kommenden Weltfußballer und nicht in Robert Lewandowski. Und Sie?
Beide hätten es absolut verdient. Ich würde mich natürlich wahnsinnig freuen, wenn es Manuel wird.

- Themen:
- Alexander Nübel
- Manuel Neuer
- Schalke 04