Jean-Marie Pfaff erinnert sich an Franz Beckenbauer: "Er schnürte extra für mich noch einmal die Schuhe"
München - Mit Franz Beckenbauer verliert der deutsche Fußball den größten Spieler, den dieses Land jemals hatte. Weltmeister als Spieler und Trainer, Europameister, mehrfacher deutscher Meister und Pokalsieger, Europapokalsieger, Weltfußballer – es gibt nichts, was der Franz nicht gewonnen hat.
Aber der Kaiser war nicht nur ein herausragender Spieler, sondern und vor allem auch ein bedeutender Botschafter für das Land Deutschland. Die Weltmeisterschaft wäre 2006 niemals nach Deutschland gekommen, wenn der Franz mit seinem Team nicht vorher über Jahre "Klinken geputzt" und dafür gesorgt hätte, dass wir alle dieses tolle Sommermärchen erleben konnten. Die im Nachhinein aufkommende Kritik an seiner Person im Zuge der WM-Vergabe 2006 habe ich nie verstanden.
WM 2006? "Franz hat damals einfach nach den 'Regeln' gespielt"
Wir alle wissen doch, dass bei einer WM-Vergabe Gelder fließen. Das war immer so und das wird auch in Zukunft immer so sein. Franz hat damals einfach nach den "Regeln" gespielt. Hätte er das nicht gemacht, hätte es den Zuschlag für Deutschland auch nie gegeben. Dessen sollten sich alle bewusst sein. Vor allem war der Franz aber auch einer der besten Menschen, die ich kannte. Ich habe selten jemanden erlebt, der trotz seiner großen Erfolge so auf dem Boden geblieben ist. Franz hat nie vergessen, woher er kam. Er blieb immer irgendwo der kleine Junge aus Giesing, der die große weite Welt eroberte.
Für jeden hatte er ein nettes Wort übrig, niemals blieben seine Fans ohne das begehrte Autogramm des Kaisers. Franz war einfach ein Gentleman und liebevoller Mensch.
Für mich war er auch ein guter Freund. Wenn ich in die Allianz Arena gekommen bin, dann stand der Franz immer ganz oben über den Plätzen im VIP-Bereich und verfolgte von dort aus das Spiel. "Ja, Servus Jean-Marie, bist auch mal wieder da?", lautete dann immer seine herzliche Begrüßung und wir haben uns eine ganze Zeit lang über ganz private Dinge unterhalten.
Jean-Marie Pfaff erinnert sich an letztes Treffen mit Franz Beckenbauer vor einem Jahr
Ich werde auch nie vergessen, dass Franz 1991 zu meinem Abschiedsspiel nach Belgien gekommen ist. Wir hatten das am Telefon besprochen und dann sagte ich zu ihm: "Danke für Deine Zusage, ich schicke Dir dann die Vereinbarung noch schriftlich zu." Er meinte: "Ah, geh'. Das brauchst nicht. Sag mir einfach, wann mein Flieger geht und dann komme ich." So war er, der Franz, und tauchte pünktlich in Brüssel am Flughafen auf. In dem Spiel schnürte er extra für mich noch einmal die Schuhe und verzauberte die Zuschauer 45 Minuten lang mit seinen Künsten am Ball.
Das letzte Mal traf ich Franz vor gut einem Jahr in Salzburg und wir aßen gemeinsam zu Abend. Da war er schon gesundheitlich angeschlagen, aber er hatte noch nichts von seinem Charme und seinem Humor eingebüßt und wir verlebten einen tollen Abend.
Lieber Franz, ruhe in Frieden, ich werde Dich nie vergessen.
Dein Freund Jean-Marie