Hrubesch: "Lewandowski muss mehr ackern und beißen“

Im AZ-Interview spricht HSV-Legende Horst Hrubesch über das Duell gegen den FC Bayern, die Krise von Topstürmer Lewandowski und den Transfer von Olic.
von  Patrick Strasser
HSV-Legende Hrubesch über Robert Lewandowski
HSV-Legende Hrubesch über Robert Lewandowski © firo/sampics

München - Horst Hrubesch (63) spielte lange für den Hamburger SV und wurde 1980 Europameister. Er trainiert die U21 des DFB. Die AZ hat ihn vor dem Bundesliga-Klassiker zwischen dem FC Bayern und dem HSV interviewt.

AZ: Herr Hrubesch, der Klassiker feiert Jubiläum. Zum 100. Mal treffen am Samstag der FC Bayern und der Hamburger SV aufeinander. Sie haben einige Duelle des Nord-Süd-Klassikers geprägt. Auf welches Spiel werden Sie am häufigsten angesprochen?

HORST HRUBESCH: Auf das 4:3 in München im April 1982, als wir einen 1:3-Rückstand ab der 70. Minute noch gedreht und 4:3 gewonnen haben. Damit standen wir praktisch erneut als Meister fest.

Sie haben damals in der 90. Minute per Kopf – wie könnte es anders sein – für die Entscheidung gesorgt.

Ja, in diesen Spielen war immer alles drin. Das hat schon 14 Tage vorher angefangen, als man auf dieses Spiel geschielt hat. Es ging ja gegen Beckenbauer, Schwarzenbeck, Maier, Müller, und und und. Echte Highlights! Das war Fußball!

Lesen Sie hier: Ribéry-Comeback gegen den HSV?

1981 gewann der HSV im alten Volkspark sogar 4:1. Sie feierten einen ihren Treffer recht ungewöhnlich – an der Torlatte hängend.

Wann gewinnt man schon mal 4:1 gegen die Bayern? Das sind die besonderen Spiele, solche Erlebnisse machen dich besser.

Der letzte Sieg der Hamburger im Nord-Süd-Duell datiert vom 26. September 2009. Wie viele Jahre wird es dauern, bis der HSV mal wieder gegen die Bayern gewinnt? Und warum nicht am Samstag?

Natürlich sind sie das souveräne Top-Team der Liga, aber der Reiz muss doch immer darin liegen, sie an einem besonderen Tag zu packen. Dann muss man die Chance nutzen – so wie es die Wolfsburger beim 4:1 gemacht haben. Okay, das war direkt zum Rückrundenstart, da war Bayern noch nicht im Rhythmus.

Auch als aktueller U21-Nationaltrainer dürfen Sie aber zugeben, dass Ihr Herz noch am HSV hängt, oder?

Na, klar. Ich hoffe, dass sie diese Saison ohne großes Zittern überstehen und sich frühzeitig von der Abstiegszone absetzen können.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von Joe Zinnbauer, der beim 0:0 im Hinspiel seinen Einstand als HSV-Coach gab?

Er macht das sehr gut. Kompliment! Die Hamburger sind körperlich in einem Top-Zustand, das ist sein Verdienst. Im Moment ist es ein Kampf um Punkte, erst mit Erfolgserlebnissen können sie vielleicht wieder spielerisch glänzen. Derzeit versuchen sie es mit einfachen Mitteln, kommen über die Arbeit. Aber nur so könnte man die Bayern packen, in dem man sie permanent attackiert.

Lesen Sie hier: Peps Wahl der Qual in der Bayern-Offensive

Der Transfer von Ivica Olic passt also genau ins Bild. Er kam aus Liebe zum HSV vom VfL Wolfsburg zurück, obwohl er dort mehr verdient hat.

Richtig. Aber wer Hamburg kennt, weiß, dass es eine traumhafte Stadt ist. Und die Unterstützung der HSV-Fans ist immer da, auch wenn es mal schlecht läuft. Da bekomme ich mit meinen 63 Jahren noch Gänsehaut im Stadion. Früher haben die 15.000 Zuschauer im Volkspark gepfiffen, wenn wir mal den Ball hinter die Mittellinie gespielt haben.

Wie beurteilen Sie als ehemaliger Mittelstürmer die Krise von Bayern-Torjäger Robert Lewandowski?

Als Mittelstürmer brauchst du deine volle körperliche Fitness. Das ging Klaus Fischer so, das war bei mir so, bei Mario Gomez oder aktuell bei Pierre-Michel Lasogga, den die Hamburger dringend fit bekommen müssen. Lewandowski war bei Borussia Dortmund eine feste Größe. In München konnte er sein ganzes Potenzial noch nicht ganz ausschöpfen. Aber das muss nichts heißen. Nehmen Sie meine aktive Zeit. Auch ein Kevin Keegan hatte im ersten Jahr (1977/78, d. Red.) beim HSV Probleme und wurde eine Saison später Europas Fußballer des Jahres.

Doch Lewandowski kam nicht aus dem Ausland zu Bayern.

Wie ich gehört habe, fühlt sich Lewandowski wohl, er muss sich noch besser akklimatisieren in München. Es wird ihm gelingen, weil er ein kompletter Stürmer ist. Technisch überragend, schnell, macht für Mitspieler die Räume auf und hat einen Torinstinkt – was will man mehr? Er müsste manchmal noch einen Tick verbissener sein, mehr ackern, mehr beißen.

 

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.