(Herbst-)Meister! Deswegen klappt's auch diesmal wieder
München - Wirklich? Ja? Jupp Heynckes schaute irritiert. Zum ersten Mal seit Anfang Oktober, seit Beginn seines vierten Engagements in München, wurde der Bayern-Trainer auf dem falschen Fuß erwischt. Sein 500. Sieg in der Bundesliga, in seinem 1016. Spiel – das war ihm neu. Damals im August 1965, als er mit den Gladbacher Fohlen 5:0 gegen Tasmania Berlin gewann und einen Doppelpack erzielte, feierte er den Premieren-Erfolg.
Nun also Nummer 500, ein Juppiläum für die Ewigkeit. Er mache sich nicht viel aus Zahlen und Rekorden, betonte der 72-Jährige nach dem souveränen 3:0 gegen den FC Augsburg. Und dennoch verrieten Gesicht und Mimik einen gewissen Stolz und doch recht tiefe Genugtuung. Ganz so wie er immer reagiert, wenn er mit dem großen Ganzen, dem Ergebnis seines Schaffens sowie den statistischen Zutaten seiner Karriere konfrontiert wird.
Einzelkritik: Lewy und James in bestechender Form
"Ich bin darüber sehr überrascht, weil ich keine Statistik geführt habe", sagte Heynckes und fügte hinzu: "Zu sagen, dass mir das nichts bedeutet, wäre falsch. Es ist eine großartige Zahl, eine imposante Zahl, aber viel wichtiger ist unser Sieg und das Spiel, das meine Mannschaft gezeigt hat."
Heynckes: "Ich hoffe, dass die Serie anhält"
Das 3:0 im bayerischen Derby, Heynckes’ achter Erfolg im achten Pflichtspiel, war nie wirklich gefährdet. Nach dem letzten Tor zu Beginn der zweiten Halbzeit schaltete die Mannschaft, wie unter dem Kind der Bundesliga üblich, in den Verwaltungs- und damit Energiesparmodus.
"Ich hoffe, dass die Serie anhält", meinte Heynckes, "das konnte man nicht voraussagen und vorausahnen." (Die Stimmen zum Spiel finden Sie hier.) Nicht mal Uli Hoeneß, der Nostalgie-Beauftragte des Vereins. Fortschritt dank Rückkehrer Jupp. Die nächsten Aufgaben stehen an. Am Mittwoch in der Champions League beim RSC Anderlecht, wo man sich die Chance auf Gruppenplatz eins mittels eines direkten Duells zwei Wochen später gegen Paris Saint-Germain offen halten will. Am Samstag wartet dann in der Liga Mönchengladbach, die aktuell bessere Borussia, ein Verfolger im weiteren Sinne.
Es wird einsam um die Bayern an der Tabellenspitze. Sechs Punkte schon beträgt der Vorsprung auf Vizemeister RB Leipzig, neun auf den Krisen-BVB. Die Retro-Bayern dominieren die Liga und sind nach 12 Spieltagen im Grunde schon wieder Herbstmeister – wenn nicht mehr. Bei den letzten fünf Meisterschaften seit 2012/13 (damals unter Heynckes) hieß der Champion am Saisonende auch immer: FC Bayern. Was diesmal dagegen spricht? Nichts. Und dafür?
Sechs Gründe für den sechsten Titel hintereinander:
- Das Bollwerk: Für Heynckes ist die Defensive das Fundament. In seinen acht Spielen kassierte Bayern nur drei Gegentreffer, in fünf Liga-Partien lediglich einen. Das gibt der Mannschaft um den souveränen Abwehrchef Mats Hummels Sicherheit.
- Der erstarkte Ulreich: Nach zwei Patzern gegen Wolfsburg (2:2) und in Paris (0:3), den letzten, viel zu wilden Partien unter Carlo Ancelotti, stärkte Heynckes den Vertreter des bis ins Frühjahr ausfallenden Manuel Neuer – mit Erfolg. Ulreich hält konstant gut, strahlt Ruhe aus.
- Die Kadertiefe: Heynckes kann ohne Probleme leicht angeschlagene Spieler (Boateng, Thiago, Coman) draußen und andere wie Müller und Ribéry in Ruhe ihre Reha fortsetzen lassen. Ein großes Plus. Dann bringen eben die reinrotierten wie Süle, Rafinha oder Bernat Leistung.
- Torjäger Lewandowski: Schon wieder 13 Saisontore. Ohne Worte. Aber mit neuem Look. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
- Die schwächelnde Konkurrenz: RB Leipzig spielt ohne Konstanz, erfährt erstmals die zusätzliche Belastung Champions League. Der BVB, Anfang Oktober noch mit fünf Punkten vor Bayern, verliert den Anschluss nach zuletzt drei verlorenen Partien hintereinander, ist schon fünf Spiele ohne Sieg.
- Jupp Jupp Jupp: Die ultimative Lobhudelei auf Heynckes lieferte nun Sportdirektor Hasan Salihamidzic: "Er leistet überragende Arbeit. Es ist ein Traum, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hat für jeden im Verein ein offenes Ohr, findet das richtige Wort, ist ständig im Austausch, hat den Spielern eine Top-Einstellung vermittelt und die Kabine im Griff – ein riesengroßer Gewinn für den FC Bayern."