Harry Kane zum FC Bayern? Die neuesten Entwicklungen im Transfer-Krimi

München - Es war ruhig in letzter Zeit um die Säbener Straße. Das Team befand oder befindet sich noch immer im Urlaub. Serge Gnabry zog es nach Japan, wo er auch einige Extraschichten auf dem Trainingsplatz absolvierte. Manuel Neuer posierte mit angespültem Gehölz am Strand.
Jamal Musiala bereitet sich mit Kumpel Alphonso Davies auf Mykonos auf die neue Saison vor. Auf dem Trainingsplatz vor der Geschäftsstelle an der Säbener Straße grünte derweil der neu verlegte Hybridrasen.
Hoeneß und Rummenigge halten dicht: FC Bayern gibt kaum noch Interna preis
Die Szenerie sah allerdings nur von außen so ruhig aus. Im Hintergrund einigte sich der deutsche Rekordmeister bereits mit seiner Wunschlösung für den Sturm: Harry Kane. Wie im Fall von Kim Min-jae kam die Nachricht erst heraus, als die Gespräche bereits fortgeschritten waren.
Ein deutlicher Unterschied zu früheren Zeiten, denn seit die Bayern-Granden Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge wieder beim FC Bayern übernommen haben, dringen kaum noch Wasserstandsmeldungen zu Transfers oder andere Interna nach außen.
Zurück zu Kane, dem Wunschspieler der Münchner: Ein erstes Angebot des FC Bayern in Höhe von 70 Millionen Euro lehnte Tottenham noch ab. Englische Medien, wie der "Mirror" und "Evening Standard" dementierten dieses zunächst und schrieben reflexartig, dass Tottenham keine Absicht habe, Kane diesen Sommer zu verkaufen und man jedes Angebot ablehnen werde. Dennoch war der Poker damit offiziell eröffnet.
AZ-Info: Bayern muss deutlich mehr als 70 Millionen bieten
Um Kane wirklich zu bekommen, müssen, laut AZ-Informationen, deutlich mehr als die 70 Millionen Euro her. Tottenham bleibt bei seiner Ansicht, dass Englands Kapitän nicht zum Verkauf steht. Nur bei einem deutlich höheren Angebot könnte Bewegung in die Sache kommen. Der Ball liegt jetzt bei den Bayern-Bossen, wie sehr sie Kane haben wollen.
Einfach wird es ihnen Tottenham-CEO Daniel Levy keineswegs machen. Dass der FC Bayern sich zuerst das "Okay" von Kane eingeholt habe, bevor Tottenham kontaktiert wurde, soll Levy besonders verärgert haben, berichtet die "Bild". Deshalb solle der deutsche Rekordmeister, was einen Transfer angeht "bluten". Levy sei auch bereit, ein Angebot von knapp über 100 Millionen Euro abzulehnen. Levy selbst wollte sich dazu nicht äußern.
Tuchel hat Kane offenbar in London besucht
Die Bereitschaft für einen Wechsel hat Trainer Thomas Tuchel offenbar schon vor längerem abgeklopft. Nach Informationen der "Sport Bild" soll sich Tuchel mit Kane in dessen Haus in London getroffen haben. Das Gespräch soll bei einem Trip von Tuchel mit dem damaligen Sportvorstand Hasan Salihamidzic Mitte Mai stattgefunden haben. Die beiden sollen bei dem Abstecher auch West-Ham-Profi Declan Rice getroffen haben.
Kane soll laut "Sport Bild" vom Austausch mit Tuchel sehr angetan gewesen sein und seine klare Bereitschaft zu einem Wechsel nach München versichert haben. Der Angreifer von Tottenham Hotspur soll den Verantwortlichen erläutert haben, dass er mit dem Rekordmeister in den kommenden Jahren die Champions League gewinnen wolle.
Vorteil des FC Bayern bei Harry Kane: Kaum Konkurrenz aus England
Im Wissen um die Zusage, dass Kane, so er England verlassen sollte, nur zum FC Bayern kommen würde, konnte die neu formierte Transfer-Taskforce der Bayern um Hoeneß, Rummenigge und Bayern-Trainer Thomas Tuchel die Bemühungen weiter intensivieren. Anders als bei Declan Rice, den es wohl für rund 122 Millionen Euro zu Arsenal London ziehen wird, ist die Konkurrenz aus England für Kane auf höchstem Niveau überschaubar.
Champions-League-Sieger Manchester City ist mit Erling Haaland (22) und Julián Álvarez (23) langfristig bestens aufgestellt. Liverpool verpflichtete erst im Winter Cody Gakpo und hat noch immer Mohamed Salah im Kader.
Ein Wechsel Kanes zu den Londoner Rivalen Chelsea oder gar Arsenal gestaltet sich äußerst schwierig. Zum einen steht sein Ruf als Tottenham-Legende auf dem Spiel. Zum anderen dürfte Spurs-Boss Daniel Levy, der ohnehin als extrem harter Verhandlungspartner bekannt ist, seinen besten Spieler nur ungern an einen Liga-, und schon gar nicht an einen Stadtrivalen abgeben.
In den vergangenen Jahren versuchte Manchester United immer wieder mal sein Glück bei Kane. Da der Noch-Eigentümerfamilie Glazer jedoch der Ruf nachgesagt wird, äußerst genau auf die Finanzen und Transferausgaben zu achten, muss sich Coach Erik ten Hag wohl woanders umschauen.
Rekordtorschütze Kane? "Dann fahre ich ihn mit seinem verdammten Auto nach München"
Bleibt im Rennen um Kane eigentlich nur noch der FC Bayern – oder es kommt zu einer weiteren Vertragsverlängerung bei Tottenham. Boss Levy hofft auf letzteres und soll laut "Mirror" sogar bereit sein, Kane ohne Verlängerung in sein letztes Vertragsjahr gehen zu lassen. Der "Daily Telegraph" konterte allerdings postwendend und berichtete, dass die Gefahr, Kane in diesem Fall ablösefrei an einen Premier-League-Konkurrenten zu verlieren, zu groß sei und Levy auch darüber nachdenken würde, seinen Stürmer für viel Geld ins Ausland zu verkaufen.
Das letzte Fragezeichen ist der Premier-League-Torschützenrekord. Im Moment hält diesen (noch) Alan Shearer mit 260 Treffern. Kane steht aktuell bei 213 Toren. In England wird ihm nachgesagt, dass gerade dieses Ziel sehr hohe Priorität bei Kane hat, nachdem er sich bereits im Februar zu Tottenhams bestem Torschützen aller Zeiten machte. Anders als Shearer wartet Kane, mit bald 30 Jahren, allerdings auf seinen ersten großen Titel. Beim FC Bayern hätte er darauf nahezu eine Garantie.

Laut "Telegraph" sieht Kane "seinen" Rekord auch bei einem Wechsel nach München nicht in Gefahr. Er selbst glaube, sogar im Alter von 40 Jahren, noch auf allerhöchstem Niveau spielen zu können. Innerhalb des englischen Nationalteams meint man ebenfalls vernommen zu haben, dass für Kane die Zeit reif sei, endlich um Titel zu spielen.
Damit darf Shearer vorerst durchatmen, der gegenüber "The Athletic" höchst angetan von Bayerns Interesse war: "Wenn Harry zu Bayern will, fahre ich ihn mit seinem verdammten Auto selbst dorthin. Alles, um meinen Premier-League-Torrekord von 260 zu schützen. Gib mir die Schlüssel und ein Navi und los geht's..."
Für Kane wäre bei Bayern vor allem aber die Champions League interessant. Mit Tottenham wurde er in der abgelaufenen Saison lediglich Achter und müsste somit komplett auf Europa verzichten. 2019 stand Kane bereits im Finale der Königsklasse, musste sich Ligarivale Liverpool jedoch 0:2 geschlagen geben.
Beobachtet Tottenham Davies-Teamkollege als Kane-Nachfolger?
Thomas Tuchel, der bei Transfer-Fragen intern mehr Macht als viele seiner Vorgänger hat, soll Kane vor allem mit dem Gewinn der Champions League nach München locken. Es wäre für alle Seiten ein spätes Aufeinandertreffen. Tuchel wollte Kane bereits zu seiner Zeit bei Chelsea verpflichten, genau wie der FC Bayern um den damaligen Sportvorstand Hasan Salihamidzic, dem vom Aufsichtsrat jedoch noch ein Riegel vorgeschoben wurde.
Inzwischen gestaltet sich die Lage anders und der FC Bayern plant, sein Angebot weiter zu erhöhen. Die nächste Stufe soll bei 93 Millionen Euro (exklusive Bonuszahlungen) liegen, 13 Millionen Euro mehr als für Noch-Rekordtransfer Lucas Hernández. Der FC Bayern hoffe laut "CBS Sports" dabei auf die aktive Unterstützung von Kane selbst, der seinen Wechselwunsch intern deutlich hinterlegen soll. Die "Daily Mail" berichtet, dass das zweite Angebot der Münchener noch diese Woche eingehen soll. Mit Jonathan David, Kanada-Teamkollege von Alphonso Davies, soll Tottenham bereits einen ersten möglichen Kane-Nachfolger im Blick haben. Laut Sky ist Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge aus Münchner Sicht die treibende Kraft in den Verhandlungen.
Die Schmerzgrenze des FC Bayern liege bei 100 Millionen Euro, heißt es. Ob Kane sich dem FC Bayern anschließt, bezeichnete der englische Transferexperte David Ornstein bei "TalkSport" als "Millionen-Dollar-Frage, oder vielmehr 100-150-Millionen-Pfund-Frage."
Was allerdings, wenn sich ein Wechsel, aus welchen Gründen auch immer, nicht umsetzen lässt? In diesem Fall lässt sich der Verein, laut Informationen von "Sport1", die Option Victor Osimhen offen. Der Nigerianer soll in Gesprächen mit dem FC Bayern und auch anderen interessierten Vereinen klargemacht haben, dass er zuerst auf die Rückmeldung aus München warte, da er eine Rückkehr nach Deutschland anstrebt.
Kanes Wechsel würde sich für den FC Bayern nicht nur sportlich lohnen
Die erste Option bleibt allerdings Kane. Sollte ihn der FC Bayern tatsächlich verpflichten, wäre es ein absoluter Statement-Transfer für den Verein und die Bundesliga. Die Rede ist vom national besten Spieler der weltweit besten Liga im besten Fußballeralter, der dazu noch Kapitän seiner Nationalmannschaft ist. Mehr Superlativ geht kaum.
Mit Spielern wie Franck Ribéry, Kingsley Coman, Benjamin Pavard oder Dayot Upamecano erschloss sich der deutsche Rekordmeister zunehmend den französischen Markt. Kane würde auf einen Schlag viele Türen in die Premier League öffnen und das Interesse an der Bundesliga nachhaltig steigern. Die Bemühungen lohnen sich für den FC Bayern also nicht nur sportlich.