Guardiola: Das sind die besten Pep-Bayern
München - Diesen Doppelpass muss man erst einmal so spielen. Dienstag, kurz nach 12 Uhr, Säbener Straße. Thiago Alcantara spricht auf der Pressekonferenz vor dem Arsenal-Spiel über seinen Trainer, über seinen Mentor Pep Guardiola. „Wir versuchen immer mit viel Ballbesitz zu spielen“, skizziert der Spanier die Evolution des Fußballs unter dem Bayern-Trainer. Es ist ein Plädoyer. „Jeder ist drin in diesem System, Guardiola hat viele Ideen, klare Ideen. Wir folgen ihm und es klappt gut.“
Knapp 36 Stunden später. Mittwoch, kurz vor 12 Uhr nachts, Allianz Arena. Pep Guardiola wird auf der Pressekonferenz nach der Arsenal-Partie, diesem beeindruckenden 5:1 gegen den Tabellenzweiten der Premier League, klar und deutlich gefragt: „Herr Guardiola, sind das die besten Bayern seitdem Sie hier sind?“ Die Antwort kam ohne großes Zögern und war ebenso klar und deutlich: „Ja!“
Was folgte, war ein Monolog des 44-Jährigen über seine Arbeit in München, ein Kurzreferat über Sinn und Zweck seiner Fußballphilosophie. Gleichzeitig eine Art Zwischenbilanz seines Schaffens an der Säbener Straße. Der Zeitpunkt war bewusst und treffend gewählt. Dem überforderten FC Arsenal hatten Guardiolas Mannen soeben die höchste Pleite der Europapokal-Geschichte verpasst, eine „Tracht Prügel“, so „The Guardian,“ beim „Duell Jungs gegen Männer“, so „The Mirror“. Nach dem 1:5 erkannte Weltmeister Per Mertesacker, der Kapitän der „Gunners“, beinahe bewundernd an: „Das war weit weg von dem, was wir spielen können“. Diese Bayern seien „eine andere Welt, wir tun gut daran, daraus zu lernen“.
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Außerirdisch, diese Roten. Im Kosmos Bayern ist Thiago der Mond von Planet Pep. Der zentrale (Mittelfeld-) Akteur in Guardiolas System ist sein verlängerter Arm auf dem Feld. Mehr noch: Pep denkt, Thiago lenkt.
Also sprach Guardiola: „Die Mannschaft ist viel besser als in meinem ersten Jahr. Wir haben damals zwar vier Titel gewonnen, aber das war wegen Jupp Heynckes“, erinnerte der Katalane an seinen Vorgänger und addierte zum Double 2013/14 noch den Sieg im Uefa-Supercup und den Gewinn der Fifa-Klub-WM. Den Status quo im dritten Jahr seiner Ära beschreibt er wie folgt: „Wir sind immer noch nicht perfekt, aber viel besser. Wir brauchten Zeit. Wir sind nun im dritten Jahr zusammen, kennen uns jetzt viel besser. Meine Spieler wissen, was ich will.“
Und zwar Angriffspressing und Dominanz durch Ballbesitz. Sie sind die besten Pep-Bayern seit Beginn seiner Amtszeit. Die damalige Triplesieger-Mannschaft spielte unter Heynckes einen kraftvoll-dynamischen, pragmatischen Fußball, der vom unbedingten Willen lebte. Im Zentrum agierten Bastian Schweinsteiger und Javi Martínez, nun regieren die Ballkontakt-Weltmeister Xabi Alonso und Thiago. Ihn wollte Guardiola anfangs unbedingt: „Thiago oder nix“ ist das berühmteste Pep-Zitat und steht für seine Ära in München.
Thiago habe „Persönlichkeit, einen großen Charakter“. Er sei „fast zwei Jahre verletzt“ gewesen, jetzt aber gesund. In der Tat verpasste er 63 Pflichtspiele in diesem Zeitraum. „Es gibt Spieler, die haben in diesen großen Spielen ein bisschen Angst. Thiago ist komplett anders“, lobte Guardiola seinen Landsmann und fügte hinzu: „In den wichtigsten Spielen ist er der beste Thiago. Seine Möglichkeiten, ein noch besserer Spieler zu werden, sind groß.“ Noch besser? Guardiola schrieb ihm hinter die Ohren: „Was er manchmal noch falsch macht: Er spielt einfache Bälle ohne Druck – Ballverlust. Er muss lernen, zu interpretieren, wann er einen einfachen Pass oder einen Risikopass spielen kann. Er ist noch ein junger Spieler.“ Der seinen Vertrag vorzeitig bis 2019 verlängert hat.
Womit wir wieder bei Guardiola und dessen Arbeitspapier beim FC Bayern wären, das nur bis Ende Juni 2016 datiert ist. Eine Nachfrage im Fernsehen, ob er seinen Vertrag nun bald verlängern möchte, verbat er sich im ZDF und bei Sky: „Diese Frage ist nicht erlaubt!“, sagte er – und hinterließ verdutzte Gesichter. Ein Bleiben scheint jedoch immer realistischer.
„Für jedes Spiel haben wir eine Idee. Selbst in den Spielen, die wir nicht gewonnen haben, das 0:0 in Frankfurt, das 0:2 bei Arsenal, waren wir trotzdem, was wir sind.“ Was er damit sagte: Jetzt sind die Bayern SEINE Mannschaft. Noch nicht auf allerhöchstem Niveau, denn: „Wir sind erst im November.“ Oh je, Konkurrenz! Patrick Strasser