Flächenbrand beim FC Bayern: Flicks Vorstoß wirft mehrere Fragen auf
Nach dem 3:2 des FC Bayern beim VfL Wolfsburg ließ Trainer Hansi Flick "die Bombe" platzen. Er will seinen noch bis 2023 gültigen Vertrag zum Saisonende auflösen. Darum hat der Erfolgstrainer (sechs Titel) bereits die Vereinsführung gebeten. Kaum vorstellbar, dass die Chefs um Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge den 56-Jährigen zum Bleiben zwingen werden.
Die Führung des FC Bayern missbilligt die "einseitige Kommunikation"
Doch begeistert von Flicks Vorgehen war die Klubführung nicht. "Der FC Bayern missbilligt die nun erfolgte einseitige Kommunikation durch Flick und wird die Gespräche wie vereinbart nach dem Spiel in Mainz fortsetzen", hieß es in einer Mitteilung des Vorstands. Eine Watschn für Flick - und zugleich der Beleg, dass man den Coach noch nicht ganz abgeschrieben hat.
Am Dienstag treffen die Münchner auf Leverkusen, nächsten Samstag gastieren sie dann bei Mainz 05. Gibt es noch eine Chance, Flick umzustimmen? Sehr unwahrscheinlich. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu Bayerns Flächenbrand.
Warum verlässt Flick den FC Bayern wirklich?
Seine Fluchtgedanken Richtung Bundestrainerjob (Flick: "Eine Option") haben sich spätestens nach dem Champions-League-Aus im Viertelfinale bei Paris Saint-Germain konkretisiert. Der frühere Assistent von Jogi Löw, mit dem er 2014 Weltmeister wurde, gilt als d e r Wunschnachfolger von Löw, der nach der EM im Sommer aufhört. Flick könnte als Bundestrainer zu seiner Frau Silke in seine Heimat Bammental ziehen, dann auch seine Töchter Hannah und Catherine sowie die Enkel wieder öfter sehen.
Zudem kann er mit dem ihm vertrauten DFB-Direktor Oliver Bierhoff zusammenarbeiten, damit den immer heftiger gewordenen Machtkampf mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic hinter sich lassen. Zuletzt herrschte Funkstille, auf der Bank in Wolfsburg würdigte sich die beiden kaum eines Blickes. Eiszeit.
Warum kam die Ankündigung jetzt?
Schritt Nummer eins von Flick erfolgte am Donnerstag, als er die Bosse informierte. Schritt Nummer zwei kam Samstag. "Ich wusste, dass das Spiel gegen Wolfsburg ein sehr wichtiges ist und ich habe mich nach diesem wichtigen Sieg, dazu entschieden, es der Mannschaft zu sagen", sagte er. Nach Spielende hatte Flick auf dem Weg in die Kabine Tränen in den Augen.
Konkrete Beweggründe für seinen angekündigten Abgang ("Das bleibt intern") nannte er nicht, sagte mit Wehmut und Entschlossenheit in der Stimme auf der Videopressekonferenz: "Die Entscheidung war nicht einfach. Ich war früher Fan dieses Vereins, ob Gerd Müller, Paul Breitner oder Kalle Rummenigge - das waren alles meine Idole in der Jugend. Ich habe hier selbst gespielt und bin dem Verein und den Verantwortlichen sehr dankbar - ob das Kalle, Uli oder Herbert Hainer waren. Alle, die dabei waren und mir das Vertrauen geschenkt haben, dass ich Cheftrainer bei Bayern München sein konnte." Einer wurde nicht erwähnt: Salihamidzic.
Wer versuchte, ihn wie zu halten?
Nach AZ-Informationen stand Bayerns Aufsichtsrat bis zuletzt mehr hinter Flick als hinter Salihamidzic. Deshalb sollte der künftige Vorstandschef Oliver Kahn in dem Konflikt vermitteln und Salihamidzic zum Einlenken bewegen. Von einer engeren "Verzahnung" zwischen Sportvorstand und Trainer war die Rede, Flick sollte in Zukunft bei der Kaderplanung an Einfluss gewinnen.
Auch dem Aufsichtsrat ist nicht entgangen, dass die Bayern-Mannschaft in dieser Saison zu schwach aufgestellt ist, dass Salihamidzic-Transfers wie Marc Roca, Bouna Sarr oder Douglas Costa überhaupt nicht funktioniert haben. Doch der Schritt auf Flick zu kommt wohl zu spät.
Was sagen die Spieler?
Kapitän Manuel Neuer meinte: "Das war eine emotionale Geschichte für uns alle. Das müssen wir als Mannschaft erst verarbeiten, weil wir eine sehr erfolgreiche und schöne Zeit hatten." Und Thomas Müller sagte: "Flick hat es nicht begründet. Das muss er auch nicht. Als Trainer bei Bayern braucht man grundsätzlich ein dickes Fell."
Muss der DFB für Flick eine Ablöse bezahlen?
Wenn der Vertrag zuvor aufgelöst wird, dann nicht. Ansonsten könnte Bayern eine Entschädigung verlangen. Da Gladbach für Frankfurts Coach Adi Hütter die Trainerrekord-Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro bezahlt, dürfte die Überweisung bei Flick in dem Fall noch höher ausfallen. Flick soll bei Bayern mit Prämien bis zu acht Millionen Euro pro Jahr verdienen. Beim DFB wird es nicht weniger sein.
Neben Flick könnte auch Co-Trainer Miroslav Klose zur Nationalelf wechseln. "Für mich persönlich ist es überhaupt kein Problem, dass der Verein noch nicht mit mir gesprochen hat", sagte Klose, dessen Vertrag ausläuft, der "Bild": "Was mich nachdenklich macht, ist aber, wie hier gerade miteinander kommuniziert wird." Respekt voreinander müsse "unbedingt sein", ergänzte Klose, der mit Salihamidzic ebenfalls schon aneinandergeriet. Dieser Respekt fehlt bei Bayern im April 2021.