Final-Spezialist Flick vor seinem schwersten Endspiel mit Bayern
Doha - Es geht um eine historische, wohl einmalige Titelchance, um fünf Millionen Dollar Preisgeld - doch die Stars des FC Bayern werden dieses Finale der Klub-WM gegen Tigres UANL aus Mexiko (19 Uhr/DAZN und im AZ-Liveticker) vor allem für ihn bestreiten: Jérôme Boateng (32).
Boateng reist verfrüht aus Doha ab
Wegen des Todes seiner Ex-Freundin reiste der Abwehrspieler vorzeitig aus Katar ab und hinterließ ein geschocktes Bayern-Team. Für Trainer Hansi Flick wird die Aufgabe nun äußerst anspruchsvoll, seine Mannschaft wie gewohnt auf das Endspiel einzustellen. Er, der Final-Spezialist, ist zuallererst als Mensch und nicht als Fußballlehrer gefragt. Doch da könnten die Münchner ohnehin kaum einen besseren, empathischeren Coach haben als Flick. "Wir sind alle froh, das Finale erreicht zu haben, das war ein ganz großes Ziel für uns", sagte der 55-Jährige, der als erster deutscher Trainer überhaupt das Sextuple, also den sechsten Titel innerhalb eines Jahres gewinnen könnte. Nur Pep Guardiola schaffte das 2009 mit dem FC Barcelona.
Historische Chance für den FC Bayern
"Unser Trainer mit seinem Trainerteam hat großen Anteil daran, dass wir hier stehen", sagte Kapitän Manuel Neuer und sprach von einer "historischen Chance". Wohl wahr. Für Flick wäre es "das i-Tüpfelchen und auch in der erfolgreichen Vereinshistorie von Bayern München ein besonderer Erfolg", Karl-Heinz Rummenigge träumte schon mal vom "absoluten all time high" und schwärmte vom vielleicht besten Bayern-Team, das es je gab: "Sie haben 2020 alles gewonnen, sie haben einen dicht gedrängten Terminkalender zu bewältigen - aber sie wollen dennoch immer noch mehr. Immer alles gewinnen zu wollen, ist schon lange Bestandteil der DNA dieses Klubs."
Flick, der Final-Spezialist
Und diese DNA hat Flick verinnerlicht wie kaum ein Trainer vor ihm. Jedes seiner vier Finalspiele mit dem FC Bayern hat er bislang gewonnen. Das Pokalfinale vergangene Saison gegen Bayer Leverkusen (4:2) ebenso das Champions-League-Endspiel gegen Paris Saint-Germain (1:0), den deutsche Supercup gegen Borussia Dortmund (3:2) und den europäischen Supercup gegen den FC Sevilla (2:1 n.V.). Auf neutralem Platz wie jetzt in Katar sind die Bayern unter Flick noch gänzlich ungeschlagen. Die einzige Niederlage in einem bedeutenden Spiel gab es zuletzt beim Pokalaus in Kiel.
Nur als Spieler klappte es mit den Finals nicht
Schon vor seiner Zeit als Chefcoach der Münchner, die im November 2019 begann, hatte Flick in Endspielen meist Erfolg. 2014 etwa war er als Assistent wichtiger Bestandteil des Trainerteams um Joachim Löw. Nur als Spieler lief es nicht ganz so gut: 1987 stand er schließlich in der Startformation, als der FC Bayern im Landesmeistercup-Finale mit 1:2 gegen den FC Porto verlor. Lange vorbei und vergessen.
Beeindruckt von Tigres
Was jetzt zählt: Tigres, der sechste Cup, mit dem Flick seine Erfolgsgeschichte fortschreiben würde. "Wir sind genauso gut vorbereitet wie auf jeden Gegner", sagte er. "Wir müssen hellwach sein, unsere Spielstärke ins Spiel bringen und die Chancen diesmal auch verwerten." Im Halbfinale gegen Al Ahly Kairo (2:0) hatte Bayern einige Möglichkeiten ausgelassen. Gegen Tigres könnte sich das rächen.
"Ich habe Tigres im Halbfinale gesehen und war sehr beeindruckt von der Art und Weise, wie die Mannschaft Fußball spielt", schwärmte Flick. Der Gegner habe "enorme Qualität über die Flügel. Es wird von uns alles abverlangt werden, um das Spiel zu entscheiden." Doch an der "Mentalität" seines Teams hat der Coach ohnehin keine Zweifel. "Die Mannschaft hat oft gezeigt, welche Klasse sie auf den Platz bringen kann", sagte Flick. Am Donnerstagabend wird sie es wieder versuchen - für Boateng.