FC Bayern: Spiel eins nach Franz Beckenbauer – So war die Stimmung in der Allianz Arena
München - Die Kälte dieses Münchner Januar-Abends, sie kroch erst nach Anpfiff so richtig hoch in den Besuchern dieses so ganz besonderen Fußballspiels. Trotz der Minusgrade im Fröttmaninger Frost-Tempel war es einem vor der Partie warm ums Herz geworden. Weil sich die Fans an einen warmherzigen Menschen erinnerten. Weil sie im Dunkel der Nacht ihrer Lichtgestalt huldigten.
In Spiel eins seit dem Tod von Vereinslegende Franz Beckenbauer, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben ist, erfüllten die Profis trotz aller Anteilnahme und der merkwürdigen Atmosphäre ihren Job, besiegten den Tabellen-Siebten TSG Hoffenheim dank des Doppelpacks von Jamal Musiala und des 22. Saisontores von Harry Kane mit 3:0. Gute Freunde, sehr guter Jamal.
Bayern- Spieler mit Beckenbauer-Shirts beim Aufwärmen
Die Partie stand ganz im Zeichen des ehemaligen Spielers, Trainers und Präsidenten der Bayern, der am Freitag im engsten Familienkreis auf dem Friedhof Perlacher Forst beigesetzt wurde und im Familiengrab seiner Eltern seine letzte Ruhe fand. Vor und in der Allianz Arena, erleuchtet mit dem Schriftzug "Danke Franz", herrschte gedämpfte Stimmung, beim Warm-up der Mannschaften (jeder Bayern-Profi trug eine rote "5" als Rückennummer) wurde ruhige, leisere Musik als sonst über die Stadionlautsprecher gespielt. Am Zaun der stummen Südkurve hing ein meterhohes Transparent, auf dem Weiß auf Schwarz geschrieben stand: "Die Lichtgestalt geht auf ´ne letzte Reise – Ruhe in Frieden, Kaiser!"
Am DAZN-Mikrofon erzählte des Kaisers langjähriger Weggefährte Karl-Heinz Rummenigge: "Ich bin regelmäßig mit Uli Hoeneß und Paul Breitner zu Franz nach Salzburg gefahren, wir haben uns oft zum Mittagessen getroffen. Wir wollten eigentlich im Oktober/November nochmal hin, aber da ging es ihm schon so schlecht, dass er das gar nicht mehr wollte. Wir konnten ihn leider zum Schluss nicht mehr sehen, was ihm, wie ich glaube, auch nicht gefallen hat." Rummenigge zitierte den Kaiser: "Trauer ja, aber dann wieder Fußball - das hat er immer gesagt. Fußball ist das Schönste!"
Schwarz-Weiß-Konterfei von Beckenbauer vor Anpfiff im Mittelkreis
Und so wurde natürlich auch gespielt an diesem letzten Hinrundenspieltag, zugleich der Pflichtspielauftakt 2024. Beim Einlaufen der Teams Richtung Mittelkreis, der von einem überlebensgroßen Schwarz-Weiß-Konterfei Beckenbauers abgedeckt war, erklang dessen 60er-Jahre- Gassenhauer "Gute Freunde kann niemand trennen", die Fans sangen den Refrain und lauthals "füreinander da zu sein" mit. Bedrückendes Schweigen und herzlicher Applaus bei der Schweigeminute für den größten deutschen Fußballer, der kommenden Freitag ab 15 Uhr noch einmal bei einer Trauerfeier in der Arena im großen Rahmen gewürdigt wird.
Zwölf Minuten herrschte Schweigen, es erfolgten keine (organisierten) Anfeuerungsrufe der Südkurve, dann plötzlich erschallte das "Steht auf, wenn ihr Bayern seid!" und erneut der Schlager des Abends "Gute Freunde". Wie ein Signal. Die zuvor recht bedächtigen Bayern schalteten wie von Tuchel an der Seitenlinie energisch gefordert einen Gang hoch und gingen dank der Einzelleistung von Musiala nach Vorlage von Leroy Sané in Führung (18.). Zum 65. Mal hintereinander erzielten die Bayern ein Heimtor. Ein neuer, gar kaiserlicher Rekord.
FC Bayern feiert Arbeitssieg ohne die kaiserliche Leichtigkeit
Statt "gedämpfter Stimmung", so Tuchel vor dem Spiel, hätte sich Beckenbauer eher "ein Fußballfest gewünscht". Wurde es nicht. Torhüter Manuel Neuer, in seinem 500. Pflichtspiel im angemessenen schwarzen Torwart-Dress, bewahrte seine Vorderleute mit starken Reflexen nach Beiers Kopfball (63.) und dem Schuss von Kramaric (64.) vor dem Ausgleich. Die Bayern dösten – noch in der Winterpause? Die dritte TSG-Chance in drei Minuten, wieder durch Beier, landete an der Latte (65.). Dusel. Dann erhöhte Musiala nach Vorlage Sané auf 2:0 (70.) und Kane auf Pass von Goretzka in der Nachspielzeit auf 3:0.
Ein Arbeitssieg, standesgemäß, aber ohne die kaiserliche Leichtigkeit. Aber darum ging es nicht. Der Rahmen war würdig. Danke, Franz!