FC Bayern: So emotional lief der Hoeneß-Abschied bei der JHV

München - Um 20.17 Uhr macht Uli Hoeneß den Deckel drauf, schließt seine eigene Akte beim FC Bayern. "Ich darf mich bei allen bedanken. Es war eine wunderschöne Zeit. Das war’s. Ich habe fertig. Danke!" Berühmte letzte Worte, freilich als sehr lebendige Legende. Sie münden in Ovationen, Sprechchören. "Der beste Mann" wie ihn die Mitglieder feierten Freitagabend in der Olympiahalle auf der Jahreshauptversammlung, diesmal eine Lebenshäuptlingsversammlung, hinterlässt Fußspuren in Stadiongröße.
"49 Jahre Herzblut für seinen FC Bayern, für uns alle", betont Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge, "dieser Abend ist eine große Veränderung in der Geschichte unseres Vereins." Oh ja. Hoeneß, der Übervater des Klubs, die prägende Figur der letzten vier Jahrzehnte, tritt mit 67 Jahren ab – nach 40 Jahren als Manager und Präsident. Aber nicht in den Ruhestand, in eine Rolle als Beobachter, der Sitz und Stimme im Aufsichtsrat behält, als Drohne des Vereins. Immer über allen Köpfen schwebend. Wenn er einschreiten will, schreitet er ein. Die "Glucke" des Vereins, wie er sich nannte, wird sich melden, in TV-Sendungen anrufen, schon geschehen, vielleicht wieder mal in Polit-Talkshows gehen.
Herbert Hainer neuer Präsident des FC Bayern
Zu Hoeneß’ Nachfolger wählten die Mitglieder mit überwältigender Mehrheit (6088 anwesende Mitglieder, nur 79 Nein-Stimmen) Herbert Hainer – eine der letzten Weichenstellungen des Mr. FC Bayern. "Solch eine Persönlichkeit ist für diesen Verein eine wunderbare Sache", so Hoeneß, der eine Botschaft an den Vorstand richtete: "Die Gegner sitzen draußen. Ihr müsst ein starkes Team sein, ihr müsst euch unterstützen!"
Den ersten Kampf verliert Hoeneß, bevor es überhaupt losgegangen ist, bevor er seine Rede gehalten hat. Noch bevor er, die Stimme der Bayern in den letzten 40 Jahren, nur ein Wort gesagt hat. Als Hoeneß ans Rednerpult tritt, blickt er in die Menge. Alle stehen. Ovationen. Sprechchöre. Die Temperatur in der Halle steigt allein durch das Klatschen. Hoeneß steht auch, er muss, will es aushalten, durchhalten. Wacklige Knie, er muss schlucken.
Hoeneß weint bei Abschied
Dann ist es um ihn geschehen. Er weint, er schluchzt. Die Emotion kriecht aus seinem Bauch an die nicht mehr zu verbergende Oberfläche, rauf in sein Gesicht, das die Fassung verliert. Der Mund, das Kinn, sie zittern. Feuchte Hände im Publikum, feuchte Augen beim Helden des Abends. Die Tränen siegen. Sie hatten leichtes Spiel.
"Vielen, vielen Dank, aber irgendwann müssen wir anfangen", ruft Hoeneß in den Applaus. Die 6088 anwesenden Mitglieder (von insgesamt mittlerweile 293 000) kommen wenig später sofort wieder auf Temperatur. Als Überraschung, auch für Hoeneß, bringen die im letzten Sommer verabschiedeten Franck Ribéry und Arjen Robben pompös inszeniert die Meisterschale und den DFB-Pokal herein.
Im Lichtkegel der Scheinwerfer marschieren sie durch die Menge auf die Bühne herauf, wo sie von Hoeneß ("Eine großartige Idee!") geherzt werden. Riesiger Applaus auch für den künftigen Vorstand Oliver Kahn. Der ehemalige Kapitän und Torhüter, ab 1. Januar im Amt, erntet stürmische Ovationen, als er aufsteht und sich bedankt. "Da hast du viel Arbeit, um diesen Vorschusslorbeeren gerecht zu werden", flachst Hoeneß. Immer dieser Druck!
"Seit 1916": Hoeneß-Versprecher sorgt für Lacher
Dann spricht Hoeneß. Mit einem kleinen Versprecher zu Beginn. "Sie, liebe Mitglieder, haben mir seit meiner Wiederwahl, seit 1916, drei wundervolle Jahre beschert." Der ewige Uli, inklusive selbstverschuldeter Auszeit. Wegen Steuerhinterziehung wurde Hoeneß 2014 zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, kam nach Verbüßung der halben Haftzeit 2016 frei.
Am Abend seines freiwilligen Rückzugs hält Hoeneß eine überraschend kurze, nur 17 Minuten lange freie Rede. Über den Tellerrand Fußball hinausschauend, mit politischen Anspielungen ("Nicht nach rechts schauen!"), den Verein sozial in die Pflicht nehmend ("Der Verein muss sozial sein, selbstbewusst – nicht arrogant!").
Als Abschiedsgeschenk bekommt Hoeneß einen Bildband und eine gerahmte Collage mit Bildern seiner Bayern-Zeit, seine Frau Susi aus den Händen von Ribéry Blumen. Und ein Bussi vom Gatten. Für ewige Treue und viel Verzicht. Danke, Susi – und servus, Uli!
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