FC Bayern München: Wer beerbt Philipp Lahm?

München - Den Rücktritt Philipp Lahms als Geschenk zu bezeichnen, würde Joshua Kimmich niemals in den Sinn kommen. Zu bescheiden tritt der Youngster des FC Bayern auf, zu viel Respekt hat Kimmich vor Lahms Karriere, vor älteren Spielern generell, die Großes geleistet haben. Ein Tag der Geschenke war der Mittwoch aber zweifellos für Kimmich: Der Nationalspieler wurde 22 Jahre alt. Kimmichs "Präsent" von Vereinsseite sah so aus, dass er mit den anderen Ersatzspielern des 1:0-Pokalerfolgs gegen den VfL Wolfsburg auf dem Trainingsplatz schuften durfte. Wie man seinen 22. eben so feiert.
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Kimmich: "Ich spiele sehr gern als Rechtsverteidiger"
Dass Lahms Rücktritt Kimmich aber eine neue, bessere Perspektive bei den Bayern eröffnet, steht außer Frage. Bei der Suche nach einem Nachfolger als Rechtsverteidiger werden die Bayern an Kimmich nicht vorbeikommen. Im AZ-Interview hatte der Defensivspezialist zuletzt gesagt, dass er sich zwar eher im zentralen Mittelfeld "zuhause fühle", er aber auch andere Positionen spielen könne: "Gerade als Rechtsverteidiger spiele ich sehr gerne, das mache ich ja auch in der Nationalmannschaft", sagte Kimmich.
Gerne – und gut: Bei der EM überzeugte Kimmich bereits auf höchstem internationalen Niveau in dieser Rolle, die ihm Bundestrainer Joachim Löw ohne große Vorbereitungszeit anvertraute. Er wurde nicht enttäuscht. Liegt Kimmichs Zukunft auch bei den Bayern auf der rechten Abwehrseite? Nach AZ-Informationen stünde Kimmich dieser Position nicht abgeneigt gegenüber – wenn er denn konstant Einsatzzeit bekäme. Kimmich, der von Bayern-Trainer Carlo Ancelotti in dieser Saison meist im Mittelfeld eingesetzt wird, wäre gern der neue Lahm. Zumal das personelle Gedränge im Zentrum angesichts starker Konkurrenten wie Arturo Vidal, Xabi Alonso oder Thiago noch größer ist als rechts hinten.
Dort würde sich Kimmich nach jetzigem Stand mit zwei Rivalen um den Stammplatz streiten: Rafinha und Sebastian Rudy. Der Deutsch-Brasilianer Rafinha hat seinen Vertrag jüngst bis 2018 verlängert, er wird künftig ähnlich gefragt sein wie aktuell: als verlässlicher Ergänzungsspieler, den man bei Bedarf immer bringen kann. Aber der neue Lahm? Das trifft auf den 31-Jährigen ebenso wenig zu wie auf Rudy.
Der Hoffenheimer, der im Sommer ablösefrei zu den Bayern wechselt und einen Dreijahresvertrag unterschrieben hat, ist vielseitig einsetzbar, kann sowohl im defensiven Mittelfeld als auch rechts hinten spielen. Rudy ("Es ist ein Traum für mich, nach München zu wechseln") hat es mit konstant guten Leistungen bis in die Nationalmannschaft geschafft – aber schlummert wirklich Weltklasse in dem 26-Jährigen?
Einer, dem Experten einen solchen Aufstieg zutrauen, ist Benjamin Henrichs. Der 19-Jährige hat sich bei Bayer Leverkusen einen Stammplatz erkämpft, im November gab er beim 8:0-Sieg gegen San Marino sein Debüt in Löws Nationalteam. Nach Informationen der "Sport Bild" sollen die Bayern bereits Gespräche mit Leverkusen aufgenommen haben, um über einen Wechsel im Sommer zu verhandeln. Lahms Rücktritt könnte dafür sorgen, dass der eigentlich für 2018 geplante Transfer nun vorgezogen werde, heißt es. Henrichs Marktwert wird auf zehn Millionen Euro geschätzt. Sein Nachteil: Ihm fehlt Erfahrung. Nur sechsmal hat Henrichs bislang in der Champions League gespielt, 26 Mal in der Bundesliga.
Eine Nachfolge-Frage dürfte indes schon beantwortet sein. Manuel Neuer, der bisherige Vizekapitän der Bayern, wird zum neuen Spielführer aufsteigen und Lahm ablösen. Thomas Müller könnte sein Stellvertreter werden.