FC Bayern München vor Supercup: Daran schleift Trainer Niko Kovac noch

München/Rottach-Egern - Thomas Müller sitzt am Montagmittag völlig erschöpft auf dem Trainingsplatz in Rottach-Egern, die Sonne brennt unerbittlich herab. Zumindest das Golf-Cart, gegen das sich Müller mit dem Rücken gelehnt hat, spendet ein wenig Schatten. Doch mit der Erholung ist es vorbei, als ein Pfiff ertönt.
Niko Kovac, Müllers Trainer, hat noch immer kein Erbarmen, auch nicht nach mehr als 90 Minuten knallhartem Training. Autogramme schreiben – Kovac ist das wichtig. So rafft sich Müller noch einmal auf und schlendert in Richtung der vielen Zuschauer. Wenigstens keine weiteren Sprints!
Seit Anfang Juli ist Kovac (46) Trainer beim FC Bayern, der Spitzname "kleiner General" würde inzwischen vorzüglich zu ihm passen. Und er hat auch die bayerische Generalvollmacht. "So, Männer: trinken, einpacken, ab nach Hause!" (Lesen Sie hier: Niko Kovac wie einst "Quälix" Magath)
Mit dieser Ansage verabschiedet er seine Spieler in die Mittagspause, am Nachmittag steht ein weiteres Training an. Er spüre seine Beine "auf jeden Fall" sagt Müller der AZ. Joshua Kimmich meint: "Das Training ist umfangreicher, es wird mehr auf die Grundlagenausdauer geachtet." Er sei "überzeugt", so Kimmich, "dass uns das während der Saison zugutekommen wird". Einzelkritik: Ein Neuer ist Bayerns Bester
Kovac hat die Stars im Griff – das zeigte auch der überzeugende 1:0-Sieg im Test gegen Manchester United. "Wir sind schon gut drauf, wir sind fit", sagt Superstar Franck Ribéry: "Es muss so weitergehen." (Hier finden Sie alle Infos zum Trainingslager der Bayern im AZ-Newsblog)
Die AZ erklärt vor dem Supercup am Sonntag gegen Eintracht Frankfurt (Sonntag, 20.30 Uhr, im AZ-Liveticker), was gut läuft bei Bayern – und wo Kovac noch ansetzen wird.
Die Fitness
Seit der Ära von Felix Magath hat kein Trainer die Spieler derart über den Platz gescheucht wie Kovac. "Gewöhnungsbedürftig" sei das Konditionstraining, sagt Neuzugang Leon Goretzka. Der Ex-Schalker meint das nicht negativ: "Es ist eine andere Philosophie, die für mich Sinn ergibt." Trainingseinheiten von über zwei Stunden sind für Kovac völlig normal, selbst bei großer Hitze. Doch im Team beschwert sich darüber niemand.
"Er weiß, wann man sehr hart auf dem Platz arbeiten muss und wann man mal frei braucht", sagt Ribéry. Kovac habe "viel Energie": "Er macht auch Spaß mit uns Spielern. Wir sind zufrieden." Gut möglich, dass Kovac das Tempo vor dem Supercup etwas drosseln wird.
Das Spielsystem
Beim Sieg gegen ManUnited setzte Kovac auf das bewährte Bayern-System. In der 4-3-3-Aufstellung wurden die Engländer dominiert, Kovac wird wohl an der bisherigen Spielphilosophie festhalten. Über die Außenpositionen sollen die Gegner geknackt werden. Allerdings kündigte er an, "flexibel" sein zu wollen. Dafür plant Kovac in dieser Woche, ein System mit Dreierkette einzustudieren.
Lange Pässe aus der Abwehr in die Spitze wird es jetzt häufiger geben. Kovac legt zudem großen Wert auf schnelles Gegenpressing nach Ballverlusten.
Die Standardsituationen
Ecken und Freistöße seien "im aktuellen Fußball sehr wichtig", sagte Müller nach dem Sieg, "dementsprechend trainieren wir das. Wir haben einige sehr gute Kopfballspieler, Javis Tor kommt nicht von ungefähr". Martínez' Siegtreffer entstand nach einer Ecke, schon im Test gegen Paris Saint-Germain hatte der Spanier nach einem Standard getroffen. Eine neue Bayern-Waffe?
Die Startformation
Es gibt noch einige Fragezeichen vor der Frankfurt-Partie. Verlässt Jérôme Boateng die Bayern? Dann würde Niklas Süle den Stammplatz in der Innenverteidigung bekommen. In der Offensive ist der Konkurrenzkampf enorm. Ribéry, Arjen Robben, Thiago, Müller und Robert Lewandowski sind die Startelf-Favoriten, doch Jungstars wie Goretzka, Serge Gnabry und Kingsley Coman lauern.
Keine leichte Wahl – aber bei Bayern hören schon alle auf den neuen Coach. Am Montag pfeift Kovac sogar das Autogramm-Schreiben ab. Und die Stars gehen brav in die Kabine.