FC Bayern Training: Niko Kovac hart wie einst Felix Magath
Rottach-Egern - Zack, Zack, Pass in die Schnittstelle; Zack, Zack, brutales Pressing; Zack, Zack, Ballverlust; Zack, Zack, Jerome Boateng räumt mit seinen wuchtigen Oberschenkeln den geradezu schmächtigen Rafinha ab.
In der Mitte steht Mats Hummels, der Schweiß läuft an ihm runter als stünde er unter einer Dusche. Daneben, ein paar Meter weiter, raunt Weltmeister Manuel Neuer den beinahe bemitleidenswerten Youngster Lars Lukas Mai an: "Du musst näher zu mir ranrücken!"
Manuel Neuer guckt gequält
Der Junge guckt gequält, Neuer auch. Der Weltmeister kneift die Augen eng zusammen, pustet durch. Als sage er in diesem Moment zu sich selbst: 'Hätte ich mir nur die letzten drei Züge Sauerstoff gespart'. Es ist das Trainingslager des FC Bayern am Tegernsee, Rottach-Egern, sengende Hitze. Rund um den beschaulichen, zwischen die voralpinen Berge gepressten Sportplatz drängen sich dennoch gut 3.000 erwartungsfrohe Bayern-Fans.
Und während die kleinen Burschen und Mädel ihren Idolen wahlweise "Boatengggggg", "Lewandowskiiiiii", Thomaaaaaas" entgegen kreischen, tritt hinter einem Tor Niko Kovac nach vorn. Knochig-markanter Gesichtsausdruck, grau melierter Fünf-Tage-Bart - "Toni" ruft er seinem Torwarttrainer Toni Tapalovic zu, wendet sich dann an seine vermeintlich sicheren Stammspieler, die gerade im Fünf-gegen-fünf Pressingsituationen simulieren: "Kommt, weitermachen, kommt!"
Niko Kovac erinnert an Felix Magath
Wer sich den personell wenig veränderten und doch neuen FC Bayern unter Kovac anschaut, kommt schnell zu dem Schluss, dass der Kroate an einen Ex-Trainer erinnert: Felix Magath. Dieser installierte einst das Trainingslager der Bayern am Tegernsee, rund 50 Kilometer südlich von München, unweit der Grenze zu Tirol. Es gibt reihenweise Anekdoten darüber, wie der 65-Jährige damals zwei Dutzend Bayern-Stars den nahen Wallberg hochjagte (höchster Punkt: 1.722 Meter).


Kovac ähnelt in seinem Coachingstil Magath, "Quälix" genannt, auch, wenn er sicher näher dran ist an seinen Fußballern. Die Bayern-Profis wirken indes auch an diesem Montagmittag abgekämpft. Immer wieder lässt Kovac den Platz mit frischem Wasser sprengen. Mancher Bayern-Profi nutzt diesen vermeintlich unscheinbaren Moment, um auf dem Weg zur nächsten Übung kurz durch das kühle Nass zu schreiten.
Robert Lewandowski: "Immer weiter!"
Erst kürzlich hatte Bayern-Präsident Uli Hoeneß bei einem Rundumschlag auf einer CSU-Versammlung im Nachbarort Bad Wiessee getönt: "Ich kann euch eines sagen: Unter Niko Kovac wird beim FC Bayern wieder richtig gearbeitet." Sein Eindruck bestätigt sich dem Beobachter am Trainingsplatz. Kovac pusht. Und pusht. Und pusht.
"Immer weiter", meint dann irgendwann Robert Lewandowski im besten Oliver-Kahn-Sprech, grinst, und zwinkert Rafinha zu. Kurz darauf ist auch der Pole wieder im wilden Pulk untergetaucht: Zweikampf mit Hummels, Zweikampf mit Mai, Abschluss, Neuer nimmt die Kugel auf. Angriff auf das andere Tor. Knapp eindreiviertel Stunden geht das am Montag so. Es ist eine lange, kräftezehrende Trainingseinheit. Auch, wenn Thomas Müller zuvor gesagt hatte, man gehe nicht in den "roten Bereich", um Verletzungen zu vermeiden.
Niko Kovac pusht - immer!
Müller ist dann zumindest der Schnellste, als Kovac das Training beendet. Hastig spurtet der deutsche Nationalspieler zu einem Golf-Cart, setzt sich rein, um sich im Schatten des schmalen Dächleins abzukühlen. Hummels erkämpft den Platz neben ihm, stürzt regelrecht eine Trinkflasche runter. "Gute Arbeit", meint Müller noch und lobt die Kollegen. Doch da steht schon wieder Kovac vor ihnen, blickt zum Weltmeister und sagt: "Komm Thomas, wenn wir gleich anfangen, sind wir schneller fertig."
Müller nimmt einen tiefen Schluck aus der Trinkflasche - und schreitet abgekämpft in Richtung der wartenden Fans. Denn Kovac pusht selbst, wenn es darum geht, Autogramme zu schreiben.