FC Bayern München: Niko Kovac muss viele Rätsel lösen
München - Zunächst die Entwarnung: Niko Kovac hatte sich am Freitag nicht verkleidet, er kam ganz langweilig als: Niko Kovac. In Tagen, in denen sich beim FC Bayern ein Rechtsverteidiger in der Rolle eines Scheichs mit Sprengstoffattrappe in der Hand gefällt oder ein Klubboss als Göttin Justitia (Art. 1 GG!), ist das ja durchaus erwähnenswert.
Kovac, der entschlossene Verkleidungsgegner, will diesem Trend nicht folgen: "Ich feiere kein Halloween", sagte er zu einer Frage nach seiner Kostümwahl bei der Party am Mittwoch, zu der sich einige Bayern-Stars verabredet hatten. Kovac war nicht dabei. Warum eigentlich nicht? "Weil ich kein Halloween feiere", wiederholte er energisch. (Lesen Sie hier den AZ-Kommentar zum Fall Rafinha)
Kovac: "Wir wollen uns Selbstvertrauen holen"
Zum blutgetränkten Teufel mit diesem amerikanischen Brauch! Es gibt auch wichtigere Themen für einen Fußballlehrer – zum Beispiel die Partie gegen den SC Freiburg an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker). Die Bayern peilen ihren 15. Heimsieg in Folge gegen die Breisgauer an, der Rückstand auf Tabellenführer Dortmund soll eine Woche vor dem Topspiel zumindest nicht größer werden (aktuell: zwei Punkte).
"Wir wollen uns Selbstvertrauen holen und die beiden Spiele gewinnen", forderte Kovac und blickte dabei auch schon auf das Champions-League-Match gegen AEK Athen am kommenden Mittwoch. Die Frage ist nur: Wie kommen die Bayern aus der spielerischen Krise heraus, die schon seit einigen Wochen zu beobachten ist? Und wie löst Kovac all die anderen kniffligen Aufgaben im Umfeld? Die AZ erklärt das Bayern-Rätsel.
Wer ersetzt Thiago?
Die Verletzung des Spielmachers, der laut offizieller Prognose "einige Wochen" fehlen wird, trifft Kovac hart. "Er hat eine außerordentlich gute Saison gespielt", sagte der Coach. "In allen Spielen war er sehr dominant, sehr präsent, hat Führungsqualitäten gezeigt." Als Alternativen im zentralen Mittelfeld stehen ihm nun Javi Martínez sowie die offensiveren Leon Goretzka, Thomas Müller, James Rodríguez und Renato Sanches zur Verfügung. Und: Joshua Kimmich, den der Trainer plötzlich wohl doch von der rechten Abwehrseite in die Zentrale des Spielfelds verschieben will.
Lob gab's am Freitag für Sanches und James. Der Kolumbianer könne die Thiago-Rolle mit seinen technischen Fähigkeiten "ohne Zweifel" ausfüllen, und auch Sanches habe sich "sehr gut entwickelt", sagte Kovac: "Er ist richtig gut integriert, er lacht, er freut sich, fühlt sich wohl. Wenn die Entwicklung weiter nach oben geht, werden wir viel Freude an ihm haben." (Lesen Sie hier: Medien - FC Bayern an Paulo Dybala interessiert)
Wer belebt die Offensive?
17 Tore in neun Ligaspielen, der Angriff ist so harmlos wie lange nicht. Dortmund, Gladbach, Hoffenheim und Frankfurt trafen häufiger als Bayern. Woran liegt's? "Was uns fehlt, ist die Realisierung der Torchancen", meinte Kovac, wenngleich er zugab, dass das Spiel seiner Mannschaft zu Saisonbeginn "leichter" ausgesehen habe: "Jetzt wirkt es etwas schwerer."
Auch deshalb, weil die Routiniers Arjen Robben (34) und Franck Ribéry (35) weit von ihrer einstigen Weltklasseform entfernt sind. "Wenn man sich die besten Mannschaften in Europa anschaut, Liverpool mit Mohamed Salah und Sadio Mané oder Paris mit Kylian Mbappé und Neymar – da ist unheimlich viel Tempo", erklärt Sky-Experte Didi Hamann in der AZ: "Bis auf Serge Gnabry gibt es bei Bayern im Moment kaum einen Spieler, um das Spiel schnell zu machen." Mittelstürmer Robert Lewandowski ist oft auf sich allein gestellt.
Wer stoppt den Maulwurf?
Die Kabine sollte heilig sein – doch beim FC Bayern gelangen regelmäßig Interna nach draußen. Die "Bild" berichtete etwa von einer Ansprache Kovacs nach dem 3:1-Sieg in Wolfsburg. Der Coach soll sich über das Aufwärmen der Ersatzspieler und mangelnden Respekt beschwert haben.
Konsequenz: Neue, härtere Regeln. Außerdem soll es im Team weiter Beschwerden über die Spielidee und die Aufstellung geben. Kovac selbst hält die Atmosphäre für gut, dass es auch mal unzufriedene Stars gebe, sei normal. "Ich stelle niemanden auf, nur um ihn zufriedenzustellen", betonte er. Und ja, sogar der Halloween-Fete seiner Spieler konnte er letztlich etwas abgewinnen. "Wenn die Jungs sich zusammengetan haben, ist das positiv", sagte Kovac: "Es zeigt, dass der Geist in diesem Klub und dieser Mannschaft lebt."