FC Bayern gegen Köln wieder mit der Wackel-Abwehr aus dem Gladbach-Spiel?

München - Da konnte sich selbst der sonst so besonnene Julian Nagelsmann nicht zurückhalten. "Das ist Wahnsinn", wetterte der gebürtige Landsberger im Fröttmaninger Schneetreiben nach der 1:2-Niederlage seines FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach.
Grund war das Abwehrverhalten seiner Mannschaft vor dem zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer, als gleich mehrere Spieler - insbesondere Niklas Süle, der die Flanke vor dem Gegentor unkonventionell mit der Hacke klären wollte - alles andere als gut aussahen. "Wie wir das 1:1 reinkriegen, ist völliger Wahnsinn. Ich weiß nicht, warum wir das so verteidigen", brach es aus dem Bayern-Coach heraus.
Nun, zur Verteidigung der alles andere als rekordmeisterlich verteidigenden Bayern-Stars sei gesagt: Von der Bestbesetzung war die Abwehrkette aufgrund des Corona-Ausbruchs zum Start ins neue Jahr weit entfernt. Mit Lucas Hernández, Alphonso Davies, Tanguy Nianzou und Omar Richards hatten sich in den Tagen zuvor gleich vier Verteidiger infiziert, dazu fehlten Josip Stanisic (Muskelbündelriss) und Bouna Sarr (weilt aktuell beim Afrika Cup).
Trotz Corona-Rückkehrern: Lage beim FC Bayern weiter angespannt
In Abwesenheit des Abwehr-Sextetts war Nagelsmann gegen Gladbach also zum Improvisieren gezwungen und puzzlete sich kurzerhand eine Viererkette zusammen, die es in dieser Form noch nie gegeben hat: Joshua Kimmich rückte aus dem Mittelfeld nach rechts hinten, Benjamin Pavard rutschte dafür auf seine Wunschposition im Abwehrzentrum neben Niklas Süle und links hinten durfte (oder musste?) sich der bislang glücklose Sommer-Neuzugang Marcel Sabitzer ausprobieren.
Auch wenn das Experiment mit notdürftig zusammengeschusterter Viererkette gegen Gladbach nur bedingt aufging, wird sie beim schweren Auswärtsspiel gegen den 1. FC Köln am Samstag (15.30 Uhr/Sky und im AZ-Liveticker) womöglich erneut zur Aufführung kommen. Denn obwohl insgesamt sechs Spieler nach überstandener Infektion wieder zurückkommen, hat sich die personelle Lage nicht wirklich entspannt.
Außer Kapitän Manuel Neuer ist laut Nagelsmann nämlich keiner der Rückkehrer ein Kandidat für die Startelf. "Hundert Prozent fit ist noch keiner. Der eine oder andere hatte auch Symptome. Sie sind wieder im Kader, aber außer Manu noch nicht bereit, von Beginn an oder länger zu spielen", erklärte der Bayern-Coach. Dies gilt auch für Upamecano, Nianzou und Richards, die drei Abwehrspieler unter den Rückkehrern.
Sabitzer und Kimmich gegen 1. FC Köln wieder in der Abwehr?
So werden die gelernten Mittelfeldspieler Kimmich und Sabitzer gegen die formstarken Geißböcke (zuletzt drei Ligasiege in Folge) wohl erneut auf den Außenverteidigerpositionen ran müssen. Nagelsmann macht sich diesbezüglich trotz der Eindrücke aus dem Gladbach-Spiel keine großen Sorgen.
"Josh hat schon Bock, rechts hinten zu spielen. Natürlich spielt er lieber auf der Sechs, aber auf rechts hinten hat er schon auch Bock. Das hat er in den vergangenen eineinhalb Wochen auch betont", sagte Nagelsmann über seinen eigentlichen Mittelfeld-Chef, der am Freitag nach wochenlanger Quarantäne- und Coronapause sein Comeback gegeben hat.
Marcel Sabitzer als Linksverteidiger? Das stimmt Julian Nagelsmann positiv
Die vergangene Trainingswoche lässt Nagelsmann jedenfalls optimistisch auf das Köln-Spiel blicken. "Diese Woche tat uns natürlich gut. Spieler wie Josh und Sabi, die zurückgekommen sind, werden wieder etwas fitter sein. Wir haben auch hart trainiert am Anfang der Woche und gestern die Intensität ein bisschen runtergefahren", meinte Nagelsmann.
Bei Sabitzer, der als Rechtsfuß mit der ungewohnten Linksverteidigerposition sichtlich fremdelte, ist der Bayern-Trainer ebenfalls positiv gestimmt. "Wir werden wieder kreative Lösungen brauchen und die Gewöhnung der Spieler an die Position. Wenn es Sabi ist - das wissen wir noch nicht so genau -, dann ist es für ihn das zweite Spiel dort. Dann wird es in der Regel eher besser als schlechter. Von daher sind wir auch guter Dinge", erklärte Nagelsmann.
Bayern-Star Davies mit Herzmuskelentzündung: Links hinten wird's eng
Fakt ist: Für die Besetzung der Linksverteidigerposition werden sich die Bayern in den kommenden Wochen ohnehin Gedanken machen müssen. Alphonso Davies fällt aufgrund von Anzeichen einer Herzmuskelentzündung bis auf Weiteres aus. Dessen Ersatz Omar Richards hat seine Corona-Infektion zwar überstanden, hatte dabei laut Nagelsmann aber mit "schwereren Symptomen" zu kämpfen.
Dass er überhaupt das Niveau mitbringt, um den Bayern auf Bundesliga- und Champions-League-Niveau weiterzuhelfen, konnte er zudem noch nicht unter Beweis stellen. Selbiges gilt für Campus-Talent Angelo Brückner, der ebenfalls Linksverteidiger ist und überwiegend bei den Amateuren in der Regionalliga aufläuft. Der 18-Jährige trainierte zuletzt bei den Profis mit, kam für die erste Mannschaft aber noch nicht zum Einsatz.
Mit Lucas Hernández gäbe es noch eine weitere Option für links hinten, doch der befindet sich nach Corona-Infektion noch in Quarantäne und war während der Vorrunde im Zentrum gesetzt. So könnte es sein, dass die Bayern im Winter doch noch auf dem Transfermarkt tätig werden.
Personelle Lage angespannt: Wintertransfers beim FC Bayern?
Gegen Ende des Vorjahres hatte Sportvorstand Hasan Salihamidzic Neuzugänge im Winter zwar noch öffentlich ausgeschlossen, die personelle Lage hat nun aber offenbar zu einem Umdenken bei den Bayern geführt. "Ich bin immer ein großer Fan von Wintertransfers gewesen. Das bringt noch einmal frischen Wind in die Mannschaft und die Spieler haben länger Zeit sich vorzubereiten", sagte Nagelsmann.
Der größte Bedarf besteht aktuell wohl in der Abwehr, doch der Kreis der Kandidaten ist - wie immer im Winter - überschaubar. "Wir werden über die Dinge diskutieren. Es muss aber auch einen wirtschaftlich sinnvollen Rahmen geben. An der Säbener Straße sprudelt ja auch keine Ölquelle", witzelte Nagelsmann.