"Gehört zum Risiko dazu": Neuer erklärt Gegentreffer gegen Aston Villa
Birmingham - Solch eine Bilanz gegen den FC Bayern hätten zahlreiche europäische Topteams gerne. Zwei Spiele, zwei Siege, jeweils 1:0. Damals, 1982, im Finale des Europapokals der Landesmeister, und am Mittwochabend. Und so feierte der altehrwürdige Villa Park den Erfolg im zweiten Spiel der Ligaphase der Champions League, dass die Wände des alten Gemäuers wackelten. Im Vip-Bereich feixte Prinz William über den Sieg seines Lieblingsklubs Aston Villa.
FC Bayern bleibt gegen Aston Villa erstmals torlos in dieser Saison
"Es war natürlich eine ganz spezielle Nacht für den Gegner, aber es wurde heute nicht die Champions League entschieden", meinte Bayern-Trainer Vincent Kompany etwas trotzig – aber wahrheitsgemäß. Im achten Pflichtspiel seiner Regentschaft setzte es in Birmingham die erste Niederlage. Dabei konnten die Münchner nach zuvor insgesamt 30 Toren erstmals keinen Treffer erzielen.
Der Abend in Englands zweitgrößter Stadt, gelegen in den West Midlands, war aus bayerischer Sicht nicht mal mittelmäßig. Die Stimmung beim Bankett mit Sponsoren und Freunden des Vereins ab Mitternacht im berühmten „Belfry Hotel & Resort“ etwas gedrückt. Viermal fand hier schon der Ryder Cup statt, zuletzt 2002. Das mondäne Anwesen wurde mehrfach zum besten Golfhotel der Welt gewählt. Ein netter Randaspekt für Golf-Fans wie Harry Kane und Thomas Müller. Mehr aber auch nicht.
"Sweeper Keeper" Manuel Neuer sieht gegen Duran alt aus
Das 0:1 bei Aston Villa war für die Gäste ‒ um im Bild zu bleiben ‒ kein Doppel-Bogey, eher ein Bogey. Eins drüber. Erstmals ging der Schuss nach hinten los bei Kompanys Risiko-Taktik. Hoch verteidigen, aggressiv pressen, Mann gegen Mann über den kompletten Platz agieren, ständige Positionswechsel. Mit den in Kauf genommenen Nebenwirkungen, die diesmal zum K.o. führten als Villas Joker Jhon Duran Bayern-Torhüter Manuel Neuer in der 79. Minute bei einem Gegenangriff überlistete.
"So ein Treffer gehört zum kalkulierten Risiko dazu", sagte Neuer, der wie gewohnt weit aufgerückt war, um als "Sweeper Keeper" seinen Innenverteidigern zur Hilfe zu kommen, wenn sie überspielt oder überlaufen werden. In dieser Szene wurde Neuer mit einem Heber überrascht. Weil Kompanys Vorgabe an Neuer ein unkalkulierbares Risiko darstellt?

Neuer nach Gegentreffer: "Ich weiß nicht, ob der Trainer jetzt was anderes fordert"
"Ich glaube, wer alle Spiele von uns bisher gesehen hat, der weiß genau, dass ich bei jedem Spiel so gespielt habe", erklärte Neuer und beschrieb die Vorzüge der Taktik so: "Das ist gerade im Ballbesitz sehr wertvoll und auch gegen den Ball. Das ist unser Spiel. Ich weiß nicht, ob der Trainer jetzt was anderes fordert nach dem Tor, aber grundsätzlich ist das das Spiel, was er auch sehen will."
Doch für dieses (lauf-) intensive, Beine und Köpfe der Spieler fordernde System braucht es eine nahezu perfekte Umsetzung. "Wir haben generell nicht zu hundert Prozent unser Spiel umgesetzt und einen Tick zu viele Fehler gemacht", sagte Joshua Kimmich.
Zudem griffen einige von Kompanys Personalentscheidungen nicht wie erhofft: Coman startete für Musiala aus Gründen der Belastungssteuerung, Laimer statt Guerreiro auf der rechten Abwehrseite, Palhinha ersetzt beim Stand von 0:0 die unermüdliche Passmaschine Pavlovic.
Braucht der FC Bayern gegen Frankfurt, Stuttgart und Barcelona einen Plan B?
Kompany verteidigte seine Linie und sein System, sagte: "Wir haben in den letzten drei oder vier Spielen vielleicht acht Gegenschüsse bekommen, nur acht in drei oder vier Spielen. Das heißt, dass die Jungs das gut machen." Aber braucht es gegen individuell gleichstarke und mannschaftstaktisch resiliente Teams wie Leverkusen, Aston Villa und die kommenden Gegner wie Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart und den FC Barcelona nicht einen Plan B? Zumindest eine Adaption von Plan A?
Beim Bankett, das erste, das Kompany miterlebte, gab es (unter anderem) gebratener Rinderlende und Yorkshire-Pudding, dazu an ihn gerichtete warme Worte des Vorstandsbosses Jan-Christian Dreesen: "Vincent, wir sind sicher, dass deine Art zu spielen, dass deine Ansprache, das Miteinander mit den Spielern uns nur ausnahmsweise mal ein bisschen Kummer bereitet, aber in den letzten Spielen viel Freude bereitet hat und vor allem auch wieder Freude bereiten wird." Schon am Sonntag in Frankfurt?