Erfolgsjahr 2020: Bayerns Triple-Schritte einer legendären Saison
München - Für den Rückblick auf das Jahr 2020 des FC Bayern lohnt ein Schwenk in den November 2019, auf den Abschied von Uli Hoeneß als Präsident.
Zum Ende der 40-jährigen Regentschaft des Bayern-Patrons zog mit Hansi Flick erneut eine gewohnte Prise "Mia san mia" ein, die jedoch auch "Mia san unentschieden" lautete. Nach der Entlassung vonNiko Kovac Anfang November übernahm mit Flick interimsweise der Assistent. Zwei Spiele auf Bewährung, zwei Siege.
Seine Probezeit wurde verlängert wie Corona-Auflagen. Scheibchenweise. Erst bis Weihnachten, dann bis Saisonende. Der FC Bayern fuhr auf Sicht, unter Flick jedoch Sieg um Sieg ein. Der damals 54-Jährige behielt den Durchblick und bewährte sich auf der Kommandobrücke. Im Frühjahr 2020, noch vor Beginn der ausufernden Titel-Ernte, wurde sein Vertrag dann endlich bis 2023 verlängert.
Aus "Prüfling" wird Meistertrainer
Als es vor genau einem Jahr um Flick ging, schrieb ich im AZ-Jahresrückblick 2019 von "einem Prüfling" und zitierte Hoeneß, der davon sprach, das Ziel müsse "eine langfristige Lösung" auf der Trainerbank sein. Namen wie Thomas Tuchel von Paris St.-Germain oder Erik ten Hag (Ajax Amsterdam) wurden als naheliegende Verpflichtungen heiß gehandelt.
Flick schien eine Außenseiter-Chance zu haben, immerhin. Doch dann wurde Flick, unter Hoeneß in den 80er Jahren fünf Jahre als Profi an der Säbener Straße unter Vertrag, zum Durchstarter schlechthin.

Ein Seiteneinsteiger an der Seitenlinie. Zuvor stets gerne im Schatten seiner Chefs als bedächtiger und fleißiger (Zu-)Arbeiter, nun plötzlich unterm Brennglas der Scheinwerferkegel. Einer, der sofort mit Know-how und Akribie sowie Empathie und Authentizität bestach. Erst gewann er das Vertrauen der Spieler, dann die Spiele und schließlich die Herzen der Fans.
Ein Jahr mit nur einer Niederlage
2020 wurde sein Jahr, der bayerische Triple-Triumph zu Flicks Werk. In seiner unfassbaren Bilanz des Kalenderjahres steht lediglich eine einzige Niederlage, das 1:4 Ende September in Hoffenheim. Ein Ausrutscher drei Tage nach dem Supercup-Erfolg von Budapest gegen Sevilla. Zuvor waren die Flick-Bayern seit Dezember 2019 in 32 Pflichtspielen ungeschlagen geblieben (bei nur einem Remis!), ab Februar glückten 23 Siege hintereinander.
Zwei Rekorde - vermutlich für die Ewigkeit. Fünf Trophäen hat der gebürtige Heidelberger 2020 in die Vitrinen der Erlebniswelt in der Allianz Arena bringen können, damit viel Glanz und Gloria in das seit Anfang März nahezu menschenleere und fanseelenlose Stadion.
Das letzte Heimspiel vor Zuschauern war das 2:0 gegen Augsburg am 8. März, darauf wirft man einen wehmütigen Blick zurück, diesmal im Zorn. Ach, Corona!
Flick: Erfolg ist kein Besitz, er ist nur gemietet
Was hätte das für eine Party werden können nach dem 1:0 über Tuchels Pariser im Finaledes neu geschaffenen Final-8-Turniers der Champions League in Lissabon?! Wenigstens durften im August einige Anhänger ihrer Freude auf den Straßen freien Lauf lassen, trotz der Pandemie drückte die Polizei ein Auge zu. Die Feiern nach dem achten Meistertitel hintereinander und dem anschließenden Double durch den Erfolg im Pokalfinale über Leverkusen (4:2) waren im Vergleich routinierte Angelegenheiten. Bei den Spielern wie den Fans.

"Der Erfolg ist kein Besitz, er ist nur gemietet", sagt Flick gerne und fügt seinem Lebensmotto die Conclusio hinzu: "Und die Miete wird jeden Tag fällig."
Holen die Bayern im Februar den sechsten Titel?
Im Februar 2021 kann Bayern mit der (verspätet nachgeholten) Klub-WM noch einen draufsetzen. Es wäre der sechste Flick-Coup. In Sachen Erfolg ist er Dauermieter.
Wenn es um die Zukunft der Nationalelf mit ihrem wankenden Bundestrainer Joachim Löw geht, der eine WM sowie (zu) viel Vertrauen und Kredit verspielt hat, fällt immer wieder der Namen Flick.
Nicht, dass im Jahresrückblick 2021 der AZ steht: Wie der DFB den Bayern ihren Hansi für die WM 2022 ausspannte.