Auch bei dieser EM: Das Warten auf den Sané-Tag hält an
München - Als er reinkam, quasi aus dem Nichts, da war bereits alles verloren. Ein 20-Jähriger in seinem vierten Länderspiel als letzter Joker, nach vier Wochen nur trainieren und zuschauen bei der EM 2016.

Also konnte Leroy Sané, von Bundestrainer Joachim Löw für Bastian Schweinsteiger eingewechselt, nichts mehr ausrichten gegen Gastgeber Frankreich. Spielstand 0:2 an einem flirrend-heißen Mittelmeer-Abend in Marseille als Sané reinkam, Endstand 0:2. Der amtierende Weltmeister sagte im Halbfinale "Au revoir". Für Sané waren die elf Minuten Einsatzzeit ein kleines, süß-saures "Bonjour" in Sachen großer Turniere.
Leroy Sané spielte zuletzt im Februar 2024 eine Partie durch
60 Länderspiele und 13 Tore später saß Sané am Dienstagmittag auf dem Podium der Pressekonferenz im DFB-Quartier in Herzogenaurach. Als Joker? Als Startelfspieler am Freitag im EM-Viertelfinale gegen Spanien? Nichts ist gewiss. 161 von möglichen 360 Spielminuten – ohne Nachspielzeit gerechnet – hat er bei dieser EM unter Bundestrainer Julian Nagelsmann bestritten. In der Vorrunde war er das fünfte Rad am EM-Wagen, wurde mal als zweiter (Schottland), als erster (Ungarn) oder gar als dritter Einwechselspieler in die Partie geschickt. Gegen Dänemark erhielt der Bayern-Profi den Vorzug vor Florian Wirtz. Er habe das "auch erst am Spieltag erfahren", sagte der 28-jährige Sané. "Das hat mir gutgetan, dass ich mal wieder über längere Zeit auf dem Feld stand."
88 Minuten, fast eine gesamte Partie. Durchgespielt hat er zuletzt am 10. Februar (!) bei Bayerns 0:3 in Leverkusen. Schambein-Probleme, eine der unangenehmsten Verletzungen für einen Sportler, plagten ihn seit dem Frühjahr. Regelmäßige Trainingseinheiten waren nicht möglich, das Ziel EM-Teilnahme drohte zu platzen. Er biss auf die Zähne. Augen zu und durch.
Nach Schambein-Problemen: Leroy Sane ist endlich schmerzfrei
"Die Situation war nicht klar", erinnerte sich Sané an jene Wochen, "ich wusste nicht, wie lange und ob die Verletzung anhalten würde. Dann bin ich ins Risiko gegangen, weil wir in der Champions League noch dabei waren." Es ging gut, zumindest für ihn persönlich. Sané weiter: "Jetzt sitze ich trotzdem hier und bin froh, dass das alles so geklappt hat und für die EM gereicht hat." Unabhängig von seiner Spielzeit.

Wichtiger ist: Die Ungewissheit ist weg. "Ich fühle mich gut, in den letzten Spielen hatte ich keine Schmerzen – auch nach den Spielen. Davor waren es teilweise mal fünf oder sechs Tage, bis die Schmerzen weg waren."
Beginnt Leroy Sané gegen Spanien erneut? "Wäre eine Waffe"
Rhythmus und Spielpraxis kommen häppchenweise zurück. Und wann der alte, der beste Sané? "Wenn wir mit ihm gegen Spanien beginnen könnten, dann wäre er eine Waffe", schrieb der frühere DFB-Nationalspieler Olaf Thon (58) in einer Kolumne für "web.de". Laut des Ex-Schalkers und Ex-Bayers verteidige das spanische Team von Luis de la Fuente sehr hoch, deshalb böten sich "riesige Räume" für Konter. Für die Außenbahnspieler wie Sané.
Was er ins Spiel der Elf von Nagelsmann mitbringen könne, wurde der gebürtige Essener gefragt. Sanés Antwort: "Läufe hinter die gegnerische Kette. Dadurch schaffe ich Räume und bringe Bewegung in die gegnerische Mannschaft."

Leroy Sané bisher noch kein Tor bei EM oder WM
Gegen Spanien würde Sané liebend gerne seine Scorer-Bilanz bei großen Turnieren aufhübschen. Denn die ist unerwartet dünn. Vor der WM 2018 wurde er zur Überraschung aller von Löw kurzfristig aussortiert. Bei der EM 2021 und der aktuellen Heim-EM blieb er in vier Spielen (davon nur je nur ein Mal von Beginn an) komplett ohne Tor und Vorlage.

In die WM 2022 in Katar ging er verletzt, absolvierte zwei Einsätze, einen davon in der Startelf, steuerte immerhin einen Assist bei. Macht unterm Strich: elf Turnierspiele, kein Tor, eine Vorlage. Das Warten auf den Sané-Tag hält an, auch bei dieser EM.