Die Rückkehr der bayerischen Übermacht - Jupp Heynckes bringt den FC Bayern zurück auf die Erfolgsspur
München - Von oben herab, die Bundesliga-Konkurrenz unter sich. Diesen Blick auf die Tabelle kennen die Bayern, diese Aussicht lieben die Bayern. Erstmals seit 161 Tagen grüßt der Rekordmeister nach dem 2:0 gegen RB Leipzig wieder von der Spitze. Von der Position, die laut Selbstverständnis im Mia-san-Mia-Grundgesetz verankert ist. Titel Nummer sechs in Folge wird fest anvisiert. Zweifel an einer erneuten Meisterfeier im Mai auf dem Marienplatz? Sportlich weggeschossen und vom Herbststurm verweht.
Das bayerische Überholmanöver gelang innerhalb von nur drei Spieltagen. Rückblende: Vor vier Wochen schenkte der FC Bayern mit Interimstrainer Willy Sagnol durch das 2:2 nach 2:0-Führung bei Hertha BSC zwei Punkte her. Man war frustriert, führungslos und hatte fünf Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Borussia Dortmund. Drei Spiele später ist man – Schwuppdijupp – Erster mit drei Zählern Vorsprung.
"Ich glaube nicht, dass damit jemand gerechnet hätte", sagte Jérôme Boateng und sah so aus, als zählte er sich zu den Ungläubigen. Den Turnaround, "den maximalen Erfolg", so Kapitän Arjen Robben, haben die Bayern ihrem neuen, alten Trainer Jupp Heynckes zu verdanken. Was der 72-Jährige gemacht hat in den bisher 21 Tagen seiner Amtszeit? Er hat seinen FC Bayern, "den Verein, den ich in- und auswendig kenne", wieder stark gemacht. Das Training wurde nach der Entlassung von Carlo Ancelotti intensiviert, das Dolce-Vita-Leben der Profis beendet. Disziplin außerhalb des Platzes plus eine stabile Ordnung auf dem Rasen als Schlüssel.
Und: Man spricht wieder miteinander an der Säbener Straße. Heynckes hat die Spieler stark geredet, in Sitzungen oder face-to-face. Es kann so einfach sein. Schon ist die Bayern-Welt wieder in Ordnung, nach nur drei Wochen. Das Überholmanöver des Wochenendes glückte, weil der BVB in den letzten drei Spielen nur einen Punkt holte, Bayern alle neune. "Das ging ja verdammt schnell. Du hast nicht lange gebraucht – und ihr seid ganz vorne", sagte Leipzigs Coach Ralph Hasenhüttl voller Ehrfurcht und Anerkennung zu Heynckes, der neben ihm saß.
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Die brilliante Bilanz von Jupp Heynckes
Der Jupp-Lauf der Übermacht-Bayern in Zahlen: Noch nie startete ein Trainer der Roten mit drei Liga-Siegen ohne Gegentor. Seine Bilanz insgesamt: Fünf Pflichtspiele, fünf Siege, 12:1 Tore – und dieser Gegentreffer war ein Elfmeter, kassiert im Pokalfight vergangenen Mittwoch, dem "Gigantenkampf über 120 Minuten" (Heynckes), den man im Elfmeterschießen gewann. Die Revanche am Samstagabend war durch die frühe Rote Karte wegen Notbremse (durch Videobeweis) für RB-Kapitän Willy Orban nach 13 Minuten beendet, nach der 2:0-Führung durch die Treffer von James Rodríguez und Robert Lewandowski "hätte man die Zuschauer nach Hause schicken können", so Hasenhüttl ehrlich.
Der Leipziger Coach schonte mit Blick auf die Champions League Spieler, die Bayern verwalteten den Sieg, man "schaukelte es herunter", wie Sebastian Rudy zugab. Um in Überzahl Kräfte zu schonen. Und doch waren die Spieler unzufrieden mit der zweiten Halbzeit. "Wir hätten eins mehr machen können", bemängelte Joshua Kimmich. Noch deutlicher wurde Boateng: "Ganz schlecht mit einem Mann mehr! Das müssen wir besprechen, das geht so nicht."
Ein Ergebnis des neu erweckten Ehrgeizes. Auf den Unmut seiner Spieler angesprochen, wirkte Heynckes überrascht, dann erfreut wie ein Lehrer, der seine Schüler unterschätzt hatte. Schließlich aber sprach er ganz (groß-)väterlich souverän: "Ich habe ein bisschen mehr Erfahrung als meine Jungs. Wir haben am Dienstag schon wieder ein Spiel. Für mich war es wichtig, wieder zu Null zu spielen, deshalb müssen wir zufrieden sein."
Am Dienstag (20.45 Uhr, Sky und AZ-Liveticker) bei Celtic Glasgow. Die Schotten hatte man vor zwei Wochen beim 3:0 in München deutlich beherrscht. Und Heynckes macht seine Abwehr ohnehin dicht.
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