Die fabelhafte Welt des Franck Ribéry
Der Star des FC Bayern München ist so stark wie nie zuvor in seiner Karriere, wird mittlerweile in einem Atemzug mit Lionel Messi und Cristiano Ronaldo genannt. Die AZ erklärt das Phänomen Ribéry
Doha - Sie haben es ihm alle gewünscht, ausnahmslos. Egal, wen man fragte: Totale Unterstützung, fanatischer Franckismus. „Er war der Kompletteste, der Beste. Deswegen kann nur er es werden“, meinte Sportvorstand Matthias Sammer in Doha über Franck Ribéry,
Bayerns Superstar. Fußballerisch, ja auch menschlich wollte kein Bayer auch nur einen Grund sehen, warum Ribéry nicht bei der Fifa-Gala in Zürich zum Weltfußballer des Jahres gekürt werden sollte. Es wär’ die Erfüllung seines größten Traumes, der unerreichbar schien, als er als Jugendlicher aus der Nachwuchsförderung in Lille flog, als 17-Jähriger zeitweilig im Straßenbau arbeitete, weil er einen Kredit für Möbel zurückzahlen wollte. „Ich habe viel dafür getan, viel gekämpft", sagt Ribéry über sein Lebensziel.
Die AZ erklärt die fabelhafte Welt des Ribéry.
Wer und was gibt ihm Kraft? Sein Glaube und seine Familie. Für Frau Wahiba konvertierte er zum Islam, vor jedem Spiel betet er zu Allah. Sie verzieh ihm die unappetitliche Episode mit Zahia Dehar 2009, er hat dafür alle privaten Eskapaden eingestellt. Sammer: „Ich schaue immer: Geht es ihm gut und der Familie? Das sind die wichtigsten Fragen.“ Doch auch die Bayern-Familie ist für Ribéry wichtig: „Wenn ich einmal ein bisschen traurig bin, merken das die anderen und fragen sofort, was los ist. Dann bin ich wieder froh.“
Wo liegen seine fußballerischen Wurzeln? Boulogne-sur-Mer, nicht weit weg von Calais. Hier lernt er das Kicken, wechselt nach Lille, fliegt, kickt unterklassig bei Brest. Bis ihn Jean Fernandez bei einem Pokalspiel entdeckt, bei dem Ribéry trotz 0:4-Niederlage Gegenspieler nass machte. „Da habe ich gewusst: Das wird einer“, sagte Fernandez, der Ribéry erst nach Metz und nach einem Zwischenstopp bei Galatasaray, nach Marseille holt, wo er den Bayern auffällt.
Wer prägte ihn? Bei Bayern war 2007 Ottmar Hitzfeld sein erster Mentor. „Ich konnte kein Deutsch, kein Englisch. Aber er hat sich viel um mich gekümmert, ich saß fast alle drei Tage bei ihm mit Dolmetscher und er hat mir alles erklärt.“ Zu Klinsmann war das Verhältnis neutral, zu van Gaal extrem unterkühlt („Er hat mir den Spaß genommen“). Richtig innig dagegen mit Heynckes: „Wir haben noch Kontakt, das ist immer schön.“
Was sich geändert hat? Defensive kannte Ribéry lange nur vom Hörensagen, Heynckes machte ihm klar, dass er mehr Erfolg haben wird, wenn er vorne wie hinten stark spielt. „Dafür fehlt mir vorne nach 30, 40 Meter Laufen vielleicht die Power, aber ich tu’s für das Team“, sagt er. Das erklärt, warum er nicht so viele Tore geschossen hat wie Messi oder Ronaldo. Pep Guardiola schwärmt aber: „Einen Spieler auf seinem Niveau, der so nach hinten arbeitet und seinen Kameraden hilft, habe ich noch nie gesehen.“
Durch welche Täler musste er gehen? Nach seinem Fehltritt mit Zahia, der immer noch vor der französischen Justiz verhandelt wird, wurde er daheim zeitweise wie ein Geächteter behandelt. Doch er spielte weiter für die Equipe Tricolore. „Jetzt habe ich dort ein komplett anderes Image.“ Auch auf dem Platz: Dort sah er früher oft Rot. Vorbei – dass verlieren dazu gehört, hat er nun gelernt. So sagte er vor der Wahl: „Wenn ich's nicht werde, wäre das eine große Enttäuschung – aber c'est la vie, so ist das Leben..“ Pep sagt: „Ich bin beeindruckt von seinem großen, großen Herz. Es ist eine Ehre, sein Trainer zu sein. Vielleicht kann ich ihm helfen, dass er noch besser wird.“
Was will er noch erreichen? „Wenn er es nicht dieses Jahr wird, wird er es halt nächstes Jahr“, sagt Sammer vor der Gala. Ein großes Ziel bliebe Ribéry dennoch noch: der WM-Titel. „Ich hatte 2006 die große Chance“, sagt er, doch Italien siegte im Finale von Berlin, im Elferschießen. Und 2014? „Wir sind nicht der Favorit, aber es kann alles passieren.“