Interview

Didi Hamann im AZ-Interview: "Kanté wäre eine Verstärkung für den FC Bayern"

Ex-Bayern-Profi Didi Hamann erklärt in der AZ, was sich im Kader tun sollte. Und er wünscht sich mehr Führung von Oliver Kahn: "Man ist in den Fängen der Berater. Da muss einer ein Machtwort sprechen."
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"So einen Spieler würde ich holen, um für Stabilität zu sorgen", sagt Didi Hamann über N'Golo Kanté vom FC Chelsea, der im Sommer 2023 ablösefrei zu haben wäre.
"So einen Spieler würde ich holen, um für Stabilität zu sorgen", sagt Didi Hamann über N'Golo Kanté vom FC Chelsea, der im Sommer 2023 ablösefrei zu haben wäre. © imago images/MB Media Solutions

München - AZ-Interview mit Dietmar Hamann: Der 48-Jährige spielte von 1989 bis 1998 beim FC Bayern. Mit dem FC Liverpool wurde er 2005 Champions-League-Sieger.

AZ: Herr Hamann, was muss sich beim FC Bayern nach diesem ernüchternden Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Villarreal tun, um in Zukunft wieder zur europäischen Spitze zu gehören?
DIETMAR HAMANN: Man muss einfach sagen, dass es momentan viele Spieler gibt, die völlig außer Form sind - aus welchen Gründen auch immer. Wenn Bayern jetzt in der Verfassung wäre wie im Herbst, würde die Mannschaft im Halbfinale stehen und vielleicht sogar Liverpool Paroli bieten können. Aber im Moment ist der Wurm drin. Ich habe das Gefühl, dass es keine Bindung gibt zwischen den Mannschaftsteilen. Daher könnte ich mir vorstellen, dass mehrere Lager innerhalb des Teams existieren. Zum erweiterten Kreis der europäischen Spitzenmannschaften zählt Bayern immer noch - dennoch muss sich im Sommer auf zwei, drei Positionen etwas tun.

"Ein Abwehrchef würde sehr viel Geld kosten"

Wo genau? Von Ajax Amsterdam sollen Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui und Mittelfeldtalent Ryan Gravenberch kommen. Trainer Julian Nagelsmann wünscht sich zudem einen Innenverteidiger, weil Abwehrchef Niklas Süle zu Borussia Dortmund wechselt.
Einen neuen Abwehrchef benötigt Bayern, der würde aber auch sehr viel Geld kosten. Ich weiß nicht, ob man zwingend einen Rechtsverteidiger braucht, Benjamin Pavard macht das ordentlich. Er kommt vielleicht ein bisschen zu schlecht weg, weil die Abwehr insgesamt nicht stabil ist. Ich bin der Meinung, dass Bayern neben einem Abwehrchef auch einen defensiven Mittelfeldspieler holen muss.

Gravenberch ist mit 19 noch am Anfang der Karriere. Gibt es in der Bundesliga einen Sechser, der Bayern verstärken würde?
Gravenberch ist jung, da muss man sehen, ob er die Erwartungen erfüllt. Er ist sicher ein interessanter Spieler, Ajax hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass sie gute junge Spieler herausbringen. Anton Stach macht sich sehr gut in Mainz, ansonsten ist es in der Bundesliga schwer. Ein Spieler mit 31, 32, 33 würde helfen, der für die nächsten ein, zwei Jahre Stabilität reinbringt. Chelseas N'Golo Kanté ist im Sommer 2023 ablösefrei zu bekommen, so einen Spieler würde ich holen, um für Stabilität zu sorgen. Joshua Kimmich kann hervorragend spielen als Sechser, wenn er eine starke Innenverteidigung hinter sich hat. Mit David Alaba und Jérôme Boateng ging das, mit der derzeitigen Innenverteidigung geht das nicht. Da brauchst du einen defensiv denkenden Sechser, weil die Reihe dahinter zu viele Fehler macht. Bayern muss kreativ sein, Kanté wäre eine Verstärkung für Bayern. Zwei entscheidende Personalien sind natürlich auch Serge Gnabry und Robert Lewandowski. Da muss man sehen, ob sie verlängern oder den Klub verlassen.

"Es ist unangemessen, wenn Gnabry wirklich so viel Geld haben will"

Sollte Bayern Gnabry verkaufen, wenn man einen Top-Ersatz wie Leipzigs Christopher Nkunku bekommen könnte?
Das steht für mich außer Frage, ja. Wenn Gnabry dieses Gehalt verlangt, über das geschrieben wurde (etwa 17 Millionen Euro brutto pro Jahr, Anm.d.Red.), würde ich ihn gehen lassen. Natürlich will man als Spieler immer das Maximum verdienen, aber man muss auch bei den Tatsachen bleiben: Wenn man das Topspiel zwischen Liverpool und Manchester City vergangenes Wochenende gesehen hat und Gnabry dann so viel verdienen will wie die Top-Außenstürmer dieser beiden Teams - da stimmen dann die Relationen nicht mehr. Wenn er wirklich so viel Geld haben will, ist das unangemessen. Das kann und darf der FC Bayern nicht machen.

Heute ist Didi Hamann als Sky-Experte tätig.
Heute ist Didi Hamann als Sky-Experte tätig. © dpa

Wie fällt Ihr Urteil zur ersten Saison von Julian Nagelsmann aus? Welche Fehler hat er gemacht?
Insgesamt - unter Berücksichtigung aller Umstände - hat er es ordentlich gemacht. Natürlich war das Champions-League-Aus enttäuschend. Ich habe aber keine Einsicht, um beurteilen zu können, ob Nagelsmann eine Teilschuld an der Formkrise einiger Spieler hat oder nicht. Es gab die gesamte Saison über viel Unruhe im Umfeld mit dem Thema Vertragsverlängerungen, der Jahreshauptversammlung, dem Wechselfehler in Freiburg - und Nagelsmann hatte das Gefühl, sich zu all dem äußern zu müssen, weil es kein anderer Verantwortlicher im Klub getan hat. Das würde ich bei ihm eher positiv bewerten und schätzen als es zu verurteilen.

"Lewandowski? Ich würde im Sommer einen Schnitt machen"

Erwarten Sie gerade von Vorstandschef Oliver Kahn mehr Führung?
Absolut, ich glaube, das fehlt dem FC Bayern aktuell. Im Moment hat man das Gefühl, dass die Situation mit den Vertragsverlängerungen so vor sich hinplätschert und Bayern in den Fängen der Berater ist. Da muss einer mal ein Machtwort sprechen, auch wenn es so ist wie bei Alaba, dass man sich letztlich trennt. Gewisse Sachen kannst du als Klub nicht machen - bis hier hin und nicht weiter! Wenn das ein Spieler nicht akzeptiert, soll er gehen.

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Was wäre die Alternative?
Dann muss man auf Jungs aus dem Nachwuchs wie Lucas Copado setzen. Ich glaube, den Fans wäre das nicht mal Unrecht, wenn du sagst: Wir vertrauen der Jugend, werden vielleicht mal nur Dritter in der Bundesliga und haben dann in zwei, drei Jahren eine Mannschaft mit Eigengewächsen. Diesen Weg musst du dir meiner Meinung nach offenhalten, weil du dir nicht von Beratern diktieren lassen darfst, was Spieler verdienen sollen. Es kann nicht sein, dass jede Verlängerung mit einer Erhöhung des Gehalts einhergeht. Wir hatten diese Demuts-Diskussion während Corona - da kann ich einem Lewandowski mit bald 34 Jahren nicht mehr Geld zahlen als vorher. Wenn dann muss er weniger bekommen, weil er nicht mehr der Spieler ist, der er vor fünf Jahren war. Ich würde bei Lewandowski dazu tendieren, jetzt im Sommer einen Schnitt zu machen und sich anders zu orientieren. Denn wenn er jetzt nicht verlängert, hast du nächste Saison den gleichen Zirkus wieder.

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4 Kommentare
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  • d.peter am 16.04.2022 12:00 Uhr / Bewertung:

    Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen,dass Bayern nur der Zuschauer wegen in einen finanzellen Engpass gerutscht ist.Alle Mannschaften in Deutschland hatten dieses Corona,und leere Stadien.Andere Mannschaften spielen weder in der CL noch Euroligue,jammern nicht großartig vor sich hin,und verstärken sich dazu noch.Dortmund deto!Bayerns Probleme sind weniger die Finanzen,sondern Kahn/Hainer/Salihamidzic.Viele dieser Bayernspieler haben nicht das Niveau um die exzellenten Träume eines Kahn´s in Erfüllung gehen zu lassen.Und das bei diesen mageren Kader ein Lewi Abschiedsgedanken hegt,ist nur zu verständlich!

  • Uli19 am 16.04.2022 17:46 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von d.peter

    Die Probleme sind sehr wohl die Finanzen, nicht die Ablösen sondern die Gehälter.
    Gnabry 17/18 Mio‘s, mit seinen Leistungen, verkaufen.
    Lewa will bei Verlängerung wieder mehr Geld, hat jetzt schon 21/22, verkaufen.
    Sane, Hernández verdienen viel zu viel.
    300 Mio‘s Gehälter im Jahr, woher holen? Dann Ablösen, Berater bezahlen, das allles ist ein Rattenschwanz da ist es richtig bei Vertragsverhandlungen zu zögern oder aber die Spieler gehen zu lassen siehe Alaba, Kroos, Boateng, Tolisso etc.

  • Rosinerl am 16.04.2022 09:00 Uhr / Bewertung:

    Sonst gebe ich nicht viel auf Hamanns Meinung. Aber hier hat er in den meisten Punkten Recht. Ich würde allerdings deutlich mehr auf Jungs aus dem neuen Leistungszentrum und der eigenen Heimat setzen. Die dienen vor allem auch der Identifikation mit dem Verein und sind deshalb auch bares Geld wert. Nur leider dauert das Heranziehen der Eigengewächse recht lang. Spieler wie z.B. Kimmich haben einige Jahre gebraucht, bis sie auf einem guten Niveau spielen konnten. Wenn man aber die Transferkosten von mittleren Spielern im Bereich von ca 20-30 Mio Euro betrachtet, muß man feststellen, dass man für dieses Geld schon einige Talente profireif formen kann.

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