„Der Gerd war schon ein Guter, ein sehr Guter“

Hier spricht Bayerns erster Liga-Torschütze über seinen Treffer und Sturmpartner Müller.
von  Interview: C. Landsgesell
Bayerns erster Liga-Torschütze Rainer Ohlhauser.
Bayerns erster Liga-Torschütze Rainer Ohlhauser. © imago

AZ: Herr Ohlhauser, Sie haben beim ersten Sieg des FC Bayern in der Bundesliga am 21. August 1965 gegen Eintracht Frankfurt das erste Bayern-Tor in der Bundesliga erzielt. Ein besonderes für Sie?

RAINER OHLHAUSER: Für die Medien ist es ein wichtiges Tor, dann muss es für mich doch auch ein wichtiges sein, oder? Aber dass dies nach 50 Jahren noch so viele Leute interessiert, hätte ich mir damals, in diesem Moment, wirklich nicht denken können. Es hätte ja auch sein, können, dass der FC Bayern wieder in der Versenkung verschwunden wäre. Dann würde kein Hahn mehr nach diesem ersten Tor krähen.

Das haben Sie wohl recht. Erinnern Sie sich denn noch an das Tor?

Nein, wirklich nicht mehr. Ich weiß gar nicht mehr: War es ein Kopfballtor oder mit dem Fuß? Man müsste mal nachschauen. Es war ein Tor mit dem Fuß nach einem Solo-Lauf. Danach traf Rudolf Nafziger noch zum 2:0. Was passierte nach dem ersten Bundesliga-Sieg des FC Bayern?

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Haben Sie gefeiert?

Da ist gar nichts passiert. Zu der Zeit ging man noch donnerstags weg. Nach den Spielen sind wir immer nach Hause gefahren. Ich jedenfalls...

Außerdem haben Sie ja noch Vollzeit gearbeitet neben dem Fußball.

Ja, als Stahlbauschlosser bei der Firma Franz. 200 Mark Grundgehalt habe ich vom FC Bayern im Monat bekommen. Wenn man gespielt hat, waren nochmal zehn Mark drin, für einen Sieg gab es 50 Mark.

Arbeit und Fußball, wie ließ sich das vereinbaren?

Das ging schon. Training war ja erst gegen Abend und nur zwei oder drei Mal in der Woche. Das Profitum kam erst später auf, als Robert Schwan als Manager zum FC Bayern kam.

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Wie sind Sie eigentlich nach München gekommen?

Ich habe in Sandhausen gespielt, in der 1. Amateurliga, das entspricht der heutigen Dritten Liga. Wir waren gut, wurden mit Sandhausen Meister. Und der Trainer, Helmut Schneider, der 1961 zum FC Bayern wechselte, hat damals in Mannheim gewohnt und hat sich in der Nähe viele Spiele angeschaut. Da hat er mich entdeckt und nach München mitgenommen.

Ihr Sturmpartner war lange Zeit Gerd Müller. Haben Sie Mitte der Sechziger Jahre schon sein unglaubliches Talent erkennen können?

Das war schon allen klar, als er zu uns kam. Der Gerd war vielleicht ein bisschen übergewichtig, aber sonst ein guter Fußballer. Das hat er ja nicht beim FC Bayern gelernt, das war er einfach. Er hat sich natürlich verbessert, aber die Anlagen hatte er schon. Er konnte den Ball halten, Doppelpass spielen, war torgefährlich, hat getroffen. Der Gerd war schon ein Guter. Ein sehr Guter.

Sie sind ein paar Jahre älter. Konnten Sie ihm etwas beibringen?

Nein, nein, ich konnte ihm da nichts mehr zeigen. Er war ein Klassemann, ein guter Mitspieler. Er hat auch den anderen etwas gegönnt. Wir haben uns immer gut ergänzt.

Kürzlich wurde bekannt, dass er an Alzheimer leidet.

Das stimmt mich schon traurig. Wir hatten noch lange Kontakt, auch, als er bei den Amateuren Co-Trainer war. Wenn ein Spiel in Sandhausen war, haben wir uns regelmäßig getroffen. Ich habe ihn zuletzt beim Geburtstag von Sepp Maier (ehemaliger Torhüter des FC Bayern, d. Red.) gesehen, da hat man das schon mitbekommen. Gerd war immer lustig, ein guter Kumpel. Wir haben viel Karten gespielt. Das war schon sehr in Ordnung alles damals.

Wie verfolgen Sie mittlerweile die Bayern?

Ich sehe mir alles im Fernsehen an, die Sportschau oder die Spiele in der Champions League. Wenn es eine Einladung oder eine Feier gibt, bin ich auch mal im Stadion. Ich hatte zu Uli Hoeneß oder jetzt zu Karl-Heinz Rummenigge guten Kontakt. Die stehen zur Verfügung, wenn man mal etwas braucht. Und wir Mitspieler von damals, etwa Adi Kunstwadl, Jakob Drescher oder Dieter Brenninger, gratulieren uns immer zum Geburtstag.

 

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