Carlo Ancelotti: "Wir sind natürlich der Favorit"
München - Wenn die Allianz Arena in Rot leuchtet, darauf die weißen Buchstaben samt Logo des Namensgebers und Sponsors, fehlt im Grunde nur noch das Grün. Zu Ehren ihres neuen Trainers Carlo Ancelotti könnten die Bayern am Freitagabend das Stadion in Fröttmaning in Grün-Weiß-Rot erleuchten lassen. Wie passend. Spielen doch die Roten (20.30 Uhr, ARD, Sky und im AZ-Liveticker) gegen Werder Bremen, die Grün-Weißen. Es ist das Auftaktspiel der Saison. Andiamo, FC Bayern! Auf geht’s in die neue Saison! Und: Vai, Carlo! Geh ma, Mister Ancelotti!
"Wir sind natürlich der Favorit"
Der Titel-Titel-Titel-Titel-Verteidiger peilt die fünfte Meisterschaft hintereinander an. Fünf ist Trumpf. Und zugleich Belastung. "Wir sind natürlich der Favorit", sagte Ancelotti am Donnerstagmittag. "Ich habe meinen Spielern gesagt, dass wir auch dieses Jahr den Titel holen müssen. Damit niemand sagen kann, nur wegen Ancelotti haben die Bayern nicht gewonnen."
Die Reporter lachten, der Trainer schmunzelte. Seine linke Augenbraue, sein Markenzeichen, zuckte nach oben. Ganz kurz kam im 57-Jährigen der junge Carlo, der Lausbub aus der Region Emilia-Romagna, zum Vorschein. "Ich habe Lust, die Bundesliga zu beginnen", sprach er anfangs langsam und bedächtig auf Deutsch. "Die Mannschaft ist fit und bereit. Ich hoffe, dass wir gut spielen." Danach wechselte er ins Englische. Der Job bei Bayern sei "eine neue Erfahrung, eine neue Herausforderung" für ihn. "Ein neues Land, eine neue Liga. Ich Freude mich sehr und bin sehr aufgeregt." Emotionen verrät seine Mimik fast nie. Auch nicht an der Seitenlinie.
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"Ich bin nervös vor dem Spiel, während des Spiels und danach", erklärte Ancelotti, "aber ich kann das kontrollieren. Als Trainer musst du deine Arbeit vorher gemacht haben, während des Spiels ist es schwierig, noch einzugreifen." Man denkt an Pep Guardiola, diesen besessenen Toujours-Coaching-Typ, der jeden Mini-Flachpass seiner Akteure vorgibt oder kommentierend begleitet.
Ruhe ist eingekehrt an der Seitenlinie, Entspannung. "Die Spieler hören dich während des Spiels sowieso nur schlecht – oder sie wollen dich nicht hören." Der nächste Lacher, der nächste Punkt für Ancelotti. Anders als sein katalanischer Vorgänger kokettiert der Italiener nicht ständig damit, er sei nicht so wichtig für den Erfolg des großen Ganzen. Und noch ein großer Unterschied: Ancelotti nimmt sich nicht so wichtig.
Ancelotti witzelt in der Kabine
Ebenso ungewohnt wie neu an der Säbener Straße: Ein Trainer, der in der Kabine laut Sport1-Interview gerne Witze erzählt – "je nachdem, wie die Stimmung gerade ist, auch schon vor wichtigen Spielen. Wenn die Stimmung zu ausgelassen ist, dann übe ich ein wenig Druck aus." Der Mann kann auch anders, ungemütlich. Auf Deutsch? Meist ist es ein Mix aus Deutsch, Englisch und Italienisch.
Startet der Serienmeister der letzten Jahre am Freitag gleich mit einer neuen Bestmarke? Seit 2002 gibt es diese exponierten Auftaktmatches, vor 12 Monaten bekam der Hamburger SV eine 5:0-Ohrfeige, ein Rekord – auch in dieser Mini-Sparte. Werder Bremen, im DFB-Pokal von Drittligist Sportfreunde Lotte eliminiert und lächerlich gemacht, dieses erste, vorsaisonale Krisenzentrum der Liga, will also die Bayern herausfordern? 5:0, 6:0, 5:2, 6:1 und 4:1 hieß es in den Heimspielen der Münchner gegen den einstigen Rivalen aus einer früheren Zeit, dem Rehhagel- und Schaaf-Zeitalter. 26:5 Tore. Überhaupt gewannen die Bayern 13 der letzten 13 Pflichtspiele gegen Grün-Weiß, mit 44:7-Treffern.
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Wird’s wieder ein Schützenfest, so die Frage an Ancelotti. "Ein Festival für die Fans ist es dann, wenn sie ihre Mannschaft gut und konzentriert spielen sehen", antwortete er. "ich bin kein Zauberer". Zumal ihm Boateng, Badstuber, Robben, Costa und Coman fehlen. Renato Sanches "wird auf der Bank sitzen", so Ancelotti. Na dann: Andiamo!