Beckenbauers 75. Geburtstag: Franz, der Triple-WM-Held
München - Franz Beckenbauer. Gibt man diese Begriffe ins eigene Hirnkastl-Google ein, ergibt das jede Menge Treffer: Tore, Schoten, Anekdoten - und ikonografische Bilder, die sich ins kollektive Gedächtnis von Fußball-Deutschland eingebrannt haben. Eine passende Beschäftigung anlässlich des 75. Geburtstags, den der Franz am Freitag begeht.
Bilder aus dem Leben des Franz Beckenbauer
Da ist der zumindest andeutungsweise verschwitzte Franz, der 1974 den WM-Pokal in die Höhe reckt, flankiert von Bundespräsident Walter Scheel (FDP) und Sepp Maier (FCB), das weiße Leibchen selbst nach der epischen Abwehrschlacht gegen die Holländer nur mit marginalen Gebrauchsspuren.

Bild zwei ist von 1990: Da schlendert er in heller Bundfaltenhose und dunklem Jackett alleine und gedankenverloren über den Rasen des Stadions zu Rom, die Hände in den Hosentaschen, um den Hals nicht nur eine Krawatte mit diskutablem Muster, sondern auch eine goldene WM-Medaille.

Das dritte Bild existiert vor allem in den Köpfen: Der ergraute Kaiser als omnipräsenter Vielflieger im Tiefflug über Deutschland, der zu allen Spielen herniederschwebt - und Sätze sagt wie "man lernt das Land erst richtig kennen aus dem Hubschrauber" oder "wir waren wichtiger als die Kanzlerin".
Franz Beckenbauer: Die Auszeichnungen des Kaisers
Erfolge hat der Franz gesammelt wie andere Leute Briefmarken. Klar gibt es zig Bayern-Spieler, die öfter Meister waren als er, der nur je vier Mal die Schale und den DFB-Pokal recken durfte. Aber Weltmeister als Spieler (1974), als Trainer (1990) und als "Die-WM-ins-Land-Holer" (2006), das hat vor ihm noch kein Sterblicher geschafft, nicht mal im Ansatz.

Die Liste der Auszeichnungen, die ihm in seinem kurzweiligen, bald 75 Jahre währenden Leben zuteilwurden, ist deshalb nicht nur ellenlang, sondern auch herrlich illuster. Neben diversen Orden und Kicker-Ehrungen gibt es da zum Beispiel den Hans-Rosenthal-Ehrenpreis, den Ehrendoktor der Nationalen Sportakademie Sofia und die Ehrenmitgliedschaft im österreichischen Ringsportverband. Der letzte Eintrag ist von 2018: Bayerischer Sportpreis als "Jahrhundertsportler".
Es war in den vergangenen Jahren einer der wenigen öffentlichen Auftritte der Ex-Lichtgestalt. Es hatte schon etwas von einer Apotheose, unter welchen Umständen dieser Preis zu ihm fand. Sicher war es kein Zufall, dass ausgerechnet in dem Moment, als die bayerische Fußballdreifaltigkeit die lange Treppe der BMW-Welt herab schritt, sich genau da die Abendsonne Bann brach. Im gleißenden Licht geleiteten die Bayern-Bosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge den Boss der Bosse in die erwartungsfroh wabernde und wogende Festgesellschaft, die sich zur Verleihung des Sportpreises in mehreren Hundertschaften versammelt hatte. Dass der Kaiser nach Hüft- und zwei Herz-Operationen nicht mehr ganz so aufrecht ging, war nicht zu übersehen, doch als er später mit Günter Netzer auf der Bühne stand und von seinem Befinden berichten sollte, war er wieder ganz der Alte.
Netzer über "Jahrhundertsportler" Beckenbauer
"Jahrhundertsportler" also. Allerdings mit Schattenseiten. Als Moderator Markus Othmer den Kaiser nach all den Jubel-Bildern tatsächlich tapfer auf die Korruptionsvorwürfe rund um die WM 2006 ansprach, polterte der Ex-Vorsitzende des WM-Bewerbungskomitees los: "Das hat mich alles sehr beschäftigt. Diese Vorwürfe sind alle erstunken und erlogen. Das habe ich immer schon gesagt. Man bildet sich sein eigenes Bild - da hast du überhaupt keine Möglichkeit dagegen vorzugehen, das habe ich dann auch aufgegeben. Ich habe den Leuten Auskunft gegeben, die es von mir verlangt haben. Das habe ich getan, alles andere ist mir mehr oder weniger wurscht geworden. Es ist einfach müßig, darüber zu reden."
Da gehen die Meinungen weit auseinander. Unstrittig sind hingegen die Verdienste Beckenbauers um die herrlichste Nebensache der Welt. Günter Netzer, der Beckenbauer den Sportpreis überreichen durfte, ließ nichts auf den Kaiser kommen: "Er war vor seiner Zeit der Beste, während seiner Zeit der Beste, und auch nach ihm ist nichts Besseres gekommen."
Herrlich die Frotzelei, als Netzer von Beckenbauers größtem Fan erzählte: "Der Zeugwart - weil der Franz nach dem Spiel immer ein blütenweißes Trikot ablieferte." Oder die Schote, wie es ihm damals als HSV-Manager gelungen war, Beckenbauer von New York nach Hamburg zu lotsen. Dauernd verletzt sei der Überflieger gewesen, sagte Netzer: "Sogar beim Elferschießen hat er sich einen Adduktoren-Abriss geholt: sechs Wochen Pause. Und der Ball ist noch nicht mal bis zur Torlinie gekommen!" Stimmt nicht, konterte Beckenbauer: "Die Adduktoren waren ab, aber der Ball war drin!" Der Franz halt.