Beckenbauer zu Olympia-Gegnern: "Das werden sie noch bereuen"

Franz Beckenbauer im AZ-Interview zum Olympia-Entscheid: „Bayern hat  eine historische Chance verpasst.” Und zum FC Bayern: „Der beste Kader aller Zeiten – nicht die beste Mannschaft”
Interview: Matthias Kerber |
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Franz Beckenbauer, Ehrenpräsident des FC Bayern, glaubt, dass viele Fans dem BVB die Daumen drücken am 23. November.
dpa Franz Beckenbauer, Ehrenpräsident des FC Bayern, glaubt, dass viele Fans dem BVB die Daumen drücken am 23. November.

Franz Beckenbauer im AZ-Interview zum Olympia-Entscheid: „Bayern hat eine historische Chance verpasst." Und zum FC Bayern: „Der beste Kader aller Zeiten – nicht die beste Mannschaft”

AZ: Herr Beckenbauer, Sie waren ein bekennender Ja-Sager, die Bevölkerung hat aber einer Bewerbung Münchens für Olympia 2022 eine mehr als deftige Watschn erteilt.

FRANZ BECKENBAUER: Bayern hat eine historische Chance verpasst, sich der Welt positiv zu präsentieren. Okay, man hat sich präsentiert, und es gibt ja viele Traditionalisten, die nicht wollen, dass sich was ändert. Aber ich finde, es hätte nicht geschadet, wenn Bayern gezeigt hätte, wie gut es so ein Ereignis präsentieren kann. Ich weiß auch nicht, ob man wirklich über alles abstimmen muss, früher gab es das auch nicht, und es hat auch geklappt und man hat die Spiele gekriegt. Die, die dagegen sind, gehen alle hin, und nehmen noch ihre Großmutter mit und alles was sie noch zur Verfügung haben. Olympia ist für mich ein Geschenk. So eine Chance hat man nur alle 50 Jahre, wenn überhaupt. Die Münchner, die Bayern, haben das in meinen Augen verschlafen, und ich bin mir sicher, dass sie das noch bereuen werden.

Es heißt ja immer, es wäre kein Votum gegen den Sport an sich, sondern gegen die Machenschaften des IOC. Sie waren bei der Fifa jahrelang ein Teil des Funktionärswesens, das nun abgelehnt wird. Muss der Sport sich ändern?

Das muss er sicher, es muss ein Umdenken geben, man muss sicher transparenter werden. Es wird gerne gesagt, die Knebelverträge seien nicht akzeptabel. Ich bin mir aber sicher, dass 90, nein, 95 Prozent derer, die von Knebelverträgen reden, nicht mal wissen, was das ist. Oder es wird immer gesagt, das IOC ist korrupt. Das IOC besteht aus 69 Sport-Verbänden, wenn man alle Mitglieder, Sportler und so weiter einbezieht, reden wir von einer Milliarde Menschen. Sind die alle korrupt? Nein. Es gibt Einzelne, die ihren persönlichen Vorteil sehen, in die eigene Tasche wirtschaften. Das ist verwerflich, das gehört bestraft, das wird bestraft, aber das ist nicht das IOC an sich.

Die Sport-Umfrage: Gibt es nie wieder Olympische Spiele in Deutschland?

Wie glauben Sie denn, wäre ein Bürgerentscheid ausgegangen, wenn man ihn über die Ausrichtung der WM 2006 durchgeführt hätte?

Schwere Frage. Fußball hat in Deutschland in unserer Gesellschaft sicher eine andere Wertigkeit als Wintersport. Von dem her glaube ich schon, dass der Entscheid anders ausgegangen wäre. Aber wenn sich Deutschland mal wieder um die WM 2496 bewerben sollte, wäre das Ergebnis sicher interessant. Aber jetzt reicht’s eigentlich mit Olympia, oder?

Na, gut, dann zum FC Bayern. Die Mannschaft hat gerade mit 37 Spielen in Serie ohne Niederlage einen neuen Rekord aufgestellt...

Ja, eine tolle Zahl – für Statistiker. Mir sind alle Pokale, Meisterschaften wichtiger als so eine Zahl. Was ist eine Zahl wert, wenn man am Ende nur Vize-Meister wird? Ich bevorzuge jeden Titel vor dieser Serie. Egal, ob es 37 Spiele oder 700 wären.

Bei 700 würden sich Titel aber nicht vermeiden lassen...

Das stimmt auch wieder.

Nächste Woche kommt es zum Showdown in der Bundesliga zwischen Ihren Bayern und den Dortmundern. Fällt da die Vorentscheidung in der Meisterschaft?

Wenn die Bayern gewinnen, ist das die halbe Miete. Sieben Punkte – das lassen sich die Bayern kaum noch nehmen. Da könnten sie sogar einen Einbruch verkraften. Aber den wird es nicht geben. Der Kader, den die Bayern jetzt haben, ist der beste, den es je gab. Auch besser als zu meiner Zeit, das ist unglaublich.

Hört, hört, der beste FC Bayern aller Zeiten?

Ich sprach vom besten Kader, nicht von der besten Mannschaft. Sie müssen erst einmal beweisen, ob sie es schaffen, drei Mal die Champions League hintereinander zu gewinnen und so weiter.

Bastian Schweinsteiger ist wieder verletzt, fällt lange aus.

Es ist nicht seine erste schwere Verletzung und er ist immer schnell wieder zurückgekommen. Er ist ein Führungsspieler bei den Bayern und wird das auch wieder werden. Er ist wichtig, aber er muss sich jetzt nicht so hetzen, weil die Bayern eben diesen Kader haben und auch andere Spieler seine Position übernehmen können – vielleicht auch gar nicht viel schlechter. Die Möglichkeiten, die Pep Guardiola hat, sind einmalig.

Ein anderer herausragender Spieler der Bayern ist Franck Ribéry, der demnächst zum Weltfußballer des Jahres gewählt werden könnte.

Also ich würde ihn wählen, er hat das verdient, er wäre ein würdiger Nachfolger von Lionel Messi. Ich denke, wenn man jetzt eine Ewige-Besten-Mannschaft des FC Bayern benennen würde, wäre er dabei. Und da ich nie Linksaußen gespielt habe, käme er auch zum Einsatz! Aber Spaß beiseite: Franck ist ein herausragender Spieler.

Seit zehn Jahren arbeiten Sie jetzt mit Ihrem Manager Marcus Höfl zusammen, auch ein tolles Jubiläum.

Das ist eine Beziehung, die nicht nur geschäftlich, sondern auch menschlich sehr erfolgreich ist. Als 2002 mein damaliger Manager Robert Schwan gestorben ist, habe ich ein Jahr versucht, mich selber zu managen. Da habe ich erst gesehen, was das für eine Arbeit ist! Robert konnte in Verhandlungen richtig frech sein. So frech, dass ich mir schon gedacht habe, ich würde gerne den Raum verlassen, weil es gleich zum Streit kommt. Markus hat eine andere Art, aber in dem, was er erreicht, habe ich mir schon oft gedacht, er könnte der Sohn von Robert Schwan sein.

Sie haben Höfl auch einen privaten Glücksmoment beschert: Sie haben mit einem Anruf bei Maria Riesch dafür gesorgt, dass die Ski-Queen bei Höfl unterschreibt.

Das stimmt, aber er musste es ja gleich wieder übertreiben und sie heiraten. Aber im Ernst: Die Zusammenarbeit ist wirklich herausragend gut. Aber ich merke schon, dass ich älter werde, nicht mehr so belastbar bin. Da fällt man von einer Erkältung in die andere. Ich will ein paar Schrauben zurückdrehen.

Sie gehen auf die 70 zu.

Ja, da genießt man es umso mehr, Bilder von sich zu sehen, wie man mit wallendem schwarzen Haar über den Platz läuft. Ich bin 1945 geboren, kurz nach dem Krieg. Ich bin in den Trümmern Giesings aufgewachsen, wir hatten fast nichts. Wir waren Straßenfußballer, haben mit Wollknäueln gespielt, weil es keine echten Bälle gab. Wir haben auf Kellerfenster geschossen, da ging auch mal etwas zu Bruch. Aber da ist keiner raus und hat dich verfolgt. Dass der Fußball in mein Leben getreten ist, war das Beste, was mir passieren konnte.

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