Bayerns Vidalität und ihre Folgen
Neuzugang Arturo Vidal mischt die Mannschaft des FC Bayern auf. Die AZ erklärt, wer vor dem Chile-Star zittern muss. „Es wird böse Blicke geben“.
München - Arturo Vidal ist gerade erst in München angekommen, und schon wirbelt er den FC Bayern gehörig durcheinander. Deshalb hat man ihn ja schließlich auch geholt. Durch den chilenischen Kratzbürstenträger soll die bayerisch-spanische Wohlfühloase wieder ein wenig ungemütlicher für so manchen Bewohner werden. Der Konkurrenzkampf wird so hart wie noch nie.
Der erste Bayern-Profi ist Vidal auch schon zum Opfer gefallen. Offenbar müssen nicht nur die Feldspieler den neuen Platzhirschen fürchten, zumindest wenn es um ihre Rückennummern geht. Ersatzkeeper Sven Ulreich hat seine „23“ nämlich an den chilenischen Neuzugang abgegeben. „Sven hat das gern gemacht“, sagte Sportvorstand Matthias Sammer bei der offiziellen Vorstellung des Chilenen, „für ihn hat die Nummer keine Bedeutung, für Arturo schon.“ Ulreich trägt nun eben die 26.
Auch wenn die Episode mit der Ziffer auf dem Rücken kaum als erste Macht demonstration Vidals durchgeht – Symbolwirkung hat sie allemal. Denn Vidal will und wird beim FC Bayern Einfluss nehmen, so schnell wie möglich. „Ich bin bereit, sofort zu spielen. Ich fühle mich gut“, sagte er bei seiner Präsentation in der Allianz Arena. Schon am Samstag im Supercup gegen Wolfsburg könnte er debütieren. Und womöglich aufzeigen, wie das Bayern-Team der neuen Saison aussehen soll.
Trainer Pep Guardiola jedenfalls hat nun noch mehr Optionen. „Jeder Spieler muss sich diesem Wettbewerb stellen“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge jüngst im „Kicker“. Und weiter: „Ich weiß aber, dass der eine oder andere Spieler dann unter Umständen einen bösen Blick Richtung Trainer oder Klub werfen wird, wenn er mal auf der Bank sitzt.“
Die AZ erklärt, welche Stars besonders böse schauen werden. Bayerns neue Vidalität und ihre Folgen:
Philipp Lahm: Schon bevor Vidal in München gelandet war, überhäufte ihn sein neuer Partner im zentralen Mittelfeld mit Lob. „Genau solche Spieler brauchen wir bei Bayern“, sagte Xabi Alonso, „über die letzten Jahre hat er immer wieder gezeigt, wie stark sein Siegeswille ist.“ Der Spanier ist bei Guardiola als alleiniger Sechser vor der Abwehr gesetzt, auf den Halbpositionen könnten nun Pep-Liebling Thiago und eben Vidal spielen. Verlierer dieser Formation wäre Philipp Lahm, der wieder auf die rechte Abwehrseite rücken würde. Für Begeisterung sorgt das nicht. „Jeder weiß, wo ich am liebsten spiele“, sagte Lahm zuletzt. Im Zentrum nämlich, dort kann Lahm das Spiel noch mehr gestalten. Wie es seine Art ist, wird der Kapitän deshalb aber keinen Aufstand proben: „Meine Interessen werde ich niemals über die Mannschaft stellen.“
Rafinha: Der wahre Verlierer dieser Umstellung wäre der Brasilianer, der seinen Stammplatz aus der vergangenen Saison abgeben müsste. Denn dass Lahm unter Guardiola fast immer Teil der Startelf sein wird, steht außer Frage. Rafinha genießt bei Guardiola zwar hohes Ansehen, dennoch suchten die Bayern auch in dieser Sommerpause eifrig nach einem Rechtsverteidiger. Guardiola deutete bereits an, dass Lahm wieder häufiger auf der rechten Seite zum Einsatz kommen werde. Rafinha hat nur dann Einsatzchancen, wenn Lahm weiter offensiv als Rechtsaußen agiert. Im Test gegen Valencia ließ Guardiola diese Variante bereits einüben. Was die Situation für Rafinha noch schwieriger macht: Vidal kann ebenfalls als Rechtsverteidiger eingesetzt werden. Das wäre allerdings eine Überraschungs-Variante.
David Alaba: Der Österreicher sieht sich den gleichen Problemen ausgesetzt wie Lahm. Im Zentrum wird wohl kein Platz für ihn sein. Alaba könnte deshalb auf seine angestammte Position als Linksverteidiger rücken, falls sich Guardiola für ein System mit Viererkette entscheidet. Oder aber er übernimmt den linken Part der Dreierkette, rückt von dort immer wieder ins zentrale Mittelfeld vor. Diese Aufstellung wurde von Guardiola in der vergangenen Saison bis zu Alabas Verletzung favorisiert.
Juan Bernat: Kein anderer Bayern-Star kam in der Vorsaison in der Bundesliga auf mehr Einsatzminuten als Bernat. In einem System mit Dreierkette würde Alaba hinter Bernat auf der linken Seite absichern. Nur: Bei dem enormen Offensivpotenzial im Bayern-Kader könnte Guardiola auf der linken Seite einen der beiden Defensiven zugunsten eines Angreifers opfern (Douglas Costa, Franck Ribéry). In diesem Fall müsste Bernat auf die Bank. Alaba ist gesetzt - unabhängig vom System.
Mario Götze: Der Ex-Dortmunder müht sich , in der Gunst des Trainers zu steigen. Immerhin: Auf der China-Reise gegen Inter gelang ihm das Siegtor. Im Duell um einen Stammplatz muss er sich aber hinten anstellen: hinter Thomas Müller, Douglas Costa und Arjen Robben – und auch hinter Vidal. Denn der torgefährliche Neuzugang kommt auch für die Rolle des Spielmachers in Frage, für Götzes Paraderolle. Unter Guardiola wurde Götze dort bereits eingesetzt, in den großen Spielen vertraute der Coach aber Müller. Nun haben sich Götzes Perspektiven in der Zentrale weiter verschlechtert. Auch was die Ablöse angeht, steht Vidal Götze in nichts nach. Wie Juve bekannt gab, zahlt Bayern für den Chilenen 37 Millionen – zwei Millionen mehr, als angenommen. Götze war 2013 für die gleiche Summe von Dortmund zu Bayern gewechselt.