Bayern-Trainer: Pep Guardiola in der Mull-Falle

Durch den öffentlichkeitswirksamen Abgang des Bayern-Docs ist Guardiola gezwungen, die Alleinverantwortung für die Niederlage auf sich zu nehmen: „Wir haben wegen Pep verloren!“
tbc/me |
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"Ich bin verantwortlich für die Niederlage, nicht die Physios", sagte Bayern-Trainer Pep Guardiola nach Müller-Wohlfahrts Abgang.
firo/Augenklick "Ich bin verantwortlich für die Niederlage, nicht die Physios", sagte Bayern-Trainer Pep Guardiola nach Müller-Wohlfahrts Abgang.

München - Pep Guardiola hatte den Kopf gesenkt. Er wirkte fahrig, animiert. Suchte immer wieder nach Worten. Stotterte zuweilen, wich ins Englische aus. Der Rücktritt von Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt trifft die Bayern nur wenige Tage vor dem Viertelfinal-Rückspiel gegen den FC Porto, das mit darüber entscheidet, ob 2014/15 eine gute oder weniger gute Saison wird, hart. Hinzu kommt ein prall gefülltes Lazarett mit Top-Spielern, die vor den wichtigsten Spielen des Jahres dringend der ärztlichen Pflege bedürfen. Stellt sich die Frage: Hätte der Doc seinen – verständlichen – Frust nicht bis Mittwoch in Schach halten können? Hätte er, hat er aber nicht.

Die AZ erklärt, welche Auswirkungen der Rücktritt hat:

Für den Trainer: Das schon zuvor nicht mehr komplett makellose Bild von Guardiola als „prince charming“ der Bayern, des unantastbaren Super-Hirns der Trainerbranche, hat durch Müller-Wohlfahrts Rückzug (und durch das blamable 1:3 in Porto) ein paar Kratzer mehr abbekommen. Zwar bleibt ihm künftig die Auseinandersetzung mit dem Über-Doc erspart, doch die Aktion von Müller-Wohlfahrt hat Guardiola in Zugzwang gebracht. Er musste am Tag eins nach „Mull“ schon sich selbst in die Schusslinie bringen, er steckt in der Mull-Falle:

Lesen Sie hier: Ärzte-Zoff: Das Ende der heilen Bayern-Welt

„Nicht der Vorstand, nicht die Pressestelle, nicht die Physios – ich bin verantwortlich für die Niederlage, wie letztes Jahr gegen Madrid. Wir haben wegen Pep verloren, nicht wegen der Spieler“, sagt er und erhob sich so zum Alleinschuldigen. Mit einem Rumpfteam, in dem höchstens Bastian Schweinsteiger zurück erwartet wird, muss er nun den Crash gegen Porto verhindern. „Diese Spieler sind meine Helden“, sagte Guardiola, „sie werden kämpfen wie die Tiere.“

Pep und "Mull": Zeigt ein Video das Zerwürfnis?

Ein Rückzug aus seinem bis 2016 laufenden Vertrag, über den spekuliert wird, komme nicht in Frage: „Ich bin sehr zufrieden hier. Und: Ich will nächstes Jahr hier bleiben.“

Für die Spieler: Nichts gegen Dr. Volker Braun, aber wohl alle Bayern-Profis werden sich – wie andere Top-Sportler dieses Planeten (allen voran Sprintkönig Usain Bolt) – auch in Zukunft von den „Radarfingern“ (Lothar Matthäus über Müller-Wohlfahrt) behandeln lassen. Wie wichtig er für den Verein ist, zeigt die Aussage von Matthäus: „Er war mit Uli Hoeneß für die großen Erfolge des FC Bayern verantwortlich.“

Den als extrem verletzungsanfällig geltenden „Glas-Mann“ Arjen Robben hätte der FC Bayern zum Beispiel ohne „Mull“ damals erst gar nicht verpflichtet. Hoeneß hatte den Doc gefragt, ob er diesen Robben überhaupt hinbekommen könne, und erst nach dem „Ja“ von Müller-Wohlfahrt wurde der fragile Holländer ein Bayer, war in den entscheidenden Saisonphasen stets topfit, erzielte die Siegtreffer zum Champions-League- und DFB-Pokalsieg 2013 und traf in 127 Spielen 73 Mal. Ähnliche Geschichten gibt es zuhauf.

Schwer abzusehen, wie die ärztliche Betreuung der kostbaren Bayern-Beine künftig ablaufen wird. Zu beneiden ist der Mull-Nachfolger nicht. Die in eine Zwickmühle gedrängten Spieler aber auch nicht.

Für den Verein: „Klubarzt schmeißt hin“ – was bei anderen Vereinen in den Bereich Marginalie fallen würde, ist bei Müller-Wohlfahrt und FC Bayern ein mittelstarkes Erdbeben. Der ehemalige Bayern-Kapitän und jetzige Sky-Experte Stefan Effenberg sagt: „Das trifft Bayern hart, weil es verdammt schwierig ist, einen Ersatz zu finden. Es müssen gravierende Dinge vorgefallen sein, durch die Müller-Wohlfahrt in seiner Arbeit beschnitten wurde. Denn Müller-Wohlfahrt wirft nicht einfach so hin.“ Was auch immer der finale Auslöser für die Reaktion des Bayern-Docs war, seine Folgen reichen weit über diese Saison, glaubt Effenberg: „Jetzt muss man aufpassen, dass Guardiola nicht zu viel Macht bekommt und auch noch bestimmt, wer das neue Ärzteteam wird. Das könnte für die Zukunft der Bayern gefährlich sein.“ Was Effenberg durchklingen lässt: Wer hat derzeit eigentlich das Sagen bei Bayern?

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