Bayern-Abgang Niklas Süle: Auf Abschiedstour nochmal Abwehr-Boss

Niklas Süle glänzt gegen Frankfurt in der Viererkette, zuletzt war er der stabilste aller Bayern-Innenverteidiger. Vor seinem Wechsel zu Liga-Rivale Dortmund entwickelt sich der 26-Jährige still und heimlich zum Abwehr-Boss.
von  Michael Schleicher
Niklas Süle hatte Frankfurts Jesper Lindstrøm weitgehend im Griff.
Niklas Süle hatte Frankfurts Jesper Lindstrøm weitgehend im Griff. © imago/HMB-Media

München/Frankfurt - Gegen Frankfurt versuchte es Trainer Julian Nagelsmann nochmal: Mit Lucas Hernández, Niklas Süle, Dayot Upamecano und Benjamin Pavard ließ er die vier Abwehrspieler auflaufen, die zuletzt in dieser Konstellation auch beim bitteren 2:4 in Bochum starten durften.

Nagelsmann entschied sich diesmal jedoch für einen taktischen Kniff: Hernández, Süle und Upamecano bildeten die Dreierkette, Pavard spielte auf der rechten Seite etwas offensiver. Doch bei gegnerischem Ballbesitz zog sich Pavard immer wieder zurück, um Frankfurts gefährlichen Flügelspieler Filip Kostić im Griff zu behalten – aus der Dreier- wurde so ganz schnell eine Viererkette.

Die Taktik ging auf: Erstmals seit dem 15. Januar - also fünf Spielen (!) - blieben die Bayern wieder einmal ohne Gegentor.

Niklas Süle: Gegen Frankfurt 100 Prozent Zweikampfquote

Einer, der beim Spiel in Frankfurt in der Bayern-Defensive besonders glänzte, war Niklas Süle. Von den Abwehrspielern lieferte er die beste Leistung ab (AZ-Note 2), zeigte sich in den Zweikämpfen souverän und abgeklärt.

Das belegen auch die Zahlen: Süle hatte gegen die Eintracht eine Zweikampfquote von 100 Prozent, zudem kamen 92 Prozent seiner Pässe an. Mit 131 Ballkontakten war er der Bayern-Spieler mit den meisten überhaupt – selbst Mittelfeld-Regisseur Joshua Kimmich kam "nur" auf 120.

Süle, der zuletzt in der häufig wackligen Bayern-Abwehr noch der stabilste Part war, scheint es auf seiner Münchner Abschiedstour nochmal allen zeigen zu wollen, holt alles raus als Abwehr-Boss. Zur kommenden Saison wechselt der 26-Jährige ablösefrei zu Liga-Rivale Borussia Dortmund – ein Abgang, der die Verantwortlichen angesichts der Leistung in Frankfurt durchaus schmerzen dürfte, sofern kein adäquater Ersatz gefunden wird.

Lucas Hernández: Mehr Hitzkopf als Abwehr-Boss

Der eigentliche Kandidat für die Rolle des künftigen Abwehrchefs machte gegen die Eintracht eher als Hitzkopf auf sich aufmerksam: Lucas Hernández reagierte in der 32. Minute alles andere als abgeklärt, als er sich nach einem unnötigen Foul von Frankfurts Christopher Lenz an Pavard zu einem ebenso unnötigen Schubser hinreißen ließ, damit eine kleine Rudelbildung auslöste und folgerichtig die Gelbe Karte sah.

Kleine Rudelbildung in Frankfurt – ausgelöst durch Bayerns Hernández (2.v.r.).
Kleine Rudelbildung in Frankfurt – ausgelöst durch Bayerns Hernández (2.v.r.). © sampics/Augenklick

Seine fünfte Verwarnung, die als Konsequenz eine Sperre im kommenden schweren Spiel gegen Bayer Leverkusen am Samstag (15.30 Uhr, Sky und im AZ-Liveticker) bedeutet.

Gegen die Werkself stellt sich die Bayern-Verteidigung damit fast von alleine auf: Am wahrscheinlichsten ist erneut eine Dreierkette, diesmal mit Upamecano, Pavard – und natürlich Süle.

Wer übernimmt künftig Verantwortung in der Verteidigung?

Der längere Ausfall von Alphonso Davies ist ein weiterer Grund, warum Süle aktuell mehr Abwehr-Chef ist als Hernández. Der Franzose muss immer wieder die Davies-Rolle als Linksverteidiger einnehmen, hat dort weniger Zugriff auf die Defensiv-Zentrale.

Auch im internen Duell mit Verteidiger-Kollege Upamecano hat sich Süle durchgesetzt. Die Leistungen des Leipziger Neuzugangs schwanken in seinem ersten Bayern-Jahr noch zu sehr. Süle ist hier weitaus konstanter.

Die Bayern-Bosse müssen sich nach den Abgängen von David Alaba und Jérôme Boateng im vergangenen Sommer und dem kommenden Wechsel von Süle bald überlegen, wer künftig die Rolle des Abwehr-Bosses übernehmen wird. Wird es doch (noch) Hernández – oder ein neuer Mann?

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