AZ-Check: Wird Bayern München zum FC Zuagroast?

Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld kritisiert: „Bayern holt vielleicht zu viele ausländische Spieler. Wenn man totales Vertrauen zu Götze hat, holt man nicht Costa.“ Die Aussagen im AZ-Check.
von  cl, mb, kby
Ein Chilene und ein Brasilianer kommen, zwei Deutsche gehen: Die Neuzugänge Vidal und Costa und die Ex-Bayern Schweinsteiger und Kroos.
Ein Chilene und ein Brasilianer kommen, zwei Deutsche gehen: Die Neuzugänge Vidal und Costa und die Ex-Bayern Schweinsteiger und Kroos. © dpa/AZ

München - Fünf Tore geschossen, keins kassiert, den Platz an der Spitze der Tabelle erobert: Eigentlich ein perfektes Bundesliga-Startwochenende für den FC Bayern. Eigentlich. Bis Ottmar Hitzfeld kam.

Bei „Sky 90“ sagte Bayerns Ex-Trainer, der um die Jahrtausendwende eine Ära beim FC Bayern prägte, die Champions League einmal und die Meisterschaft fünfmal gewann: „Spieler wie Kroos und Schweinsteiger sind gegangen. Dafür kamen Alonso und Vidal, auch sehr gute Spieler, aber man entfremdet sich etwas vom deutschen Markt, da sehe ich ein Problem. Wenn man totales Vertrauen zu Götze hat, holt man nicht Costa. Ich sehe einen Trend, dass man vielleicht zu viele ausländische Spieler holt – und die deutsche Mentalität etwas verloren geht.“ Wird aus dem FC Bayern also bald der FC Zuagroast?

Lesen Sie hier: Hitzfeld kritisiert Umgang mit Götze

Es ist keine neue Diskussion im Umfeld des FC Bayern – aber eine, die neue Nahrung erhält. „Bayern muss aufpassen, dass es nicht zu viele ausländische Spieler verpflichtet. Dieser Trend ist in letzter Zeit zu verzeichnen. Während es früher immer das Ziel des FCB war, die besten deutschen Fußballer zu beschäftigen“, hatte Hitzfeld vor einigen Wochen gesagt. Doch was ist dran an Hitzfelds Kritik? Der AZ-Check.

Kroos vs. Alonso

Hitzfeld: „Spieler wie Kroos und Schweinsteiger sind gegangen. Dafür kamen Alonso und Vidal, auch sehr gute Spieler, aber man entfremdet sich etwas vom deutschen Markt, da sehe ich ein Problem.“ Ein Rückblick in den WM-Sommer 2014: Die Verhandlungen zwischen Bayern und Toni Kroos – der ein heftiges Gehalt aufrief – über eine Vertragsverlängerung stockten, der Mittelfeldlenker brillierte in Brasilien – und Real Madrid griff zu.

Lesen Sie hier: Die Hitzfeld-Debatte über Entfremdung auf Twitter

Für 27 Millionen ging Kroos zu den Königlichen, obwohl Pep Guardiola ihn lieber behalten hätte. Als Ersatz kam: Reals Xabi Alonso, zum Zeitpunkt des Wechsels bereits 32. Er brachte Erfahrung, kostete überschaubare zehn Millionen Euro Ablöse – eine Investition in die Zukunft war der Spanier nicht, sondern ein Spieler, der dem Klub sofort weiterhelfen sollte. Eine pragmatische Lösung, die der deutsche Markt nicht hergegeben hätte.

Schweinsteiger vs. Vidal

Was auch für Bastian Schweinsteiger und Arturo Vidal gilt. Als Persönlichkeit und Anführer auf dem Platz ist der Ur-Bayer, den sich Manchester United für 18 Millionen Euro angelte, nicht zu ersetzen. Sportlich schon eher, und hier könnte der zwei Jahre jüngere Arturo Vidal (28, für 37 Millionen von Juventus Turin) genau der richtige Mann sein. Ein passsicherer Abräumer, der zwischen den Strafräumen hin- und hersprintet.

Schon 2011 wollte Bayern den damaligen Leverkusener haben. Nun nahm der Chilene den Umweg über Juventus Turin. Auch deshalb, weil die Bayern in der Liga keine Schweinsteiger-Alternative sahen. Beide Abgänge haben nichts mit einer Entfremdung zu tun, Sentimentalitäten etwa bei Schweinsteiger kann sich ein Verein, der den Anspruch hat, eine Weltmarke zu sein, nicht leisten. Wie groß wäre das Geschrei, wenn die Bayern es versäumen würden, den Kader rechtzeitig zu verjüngen und zu verbessern? Und wenn ein Spieler wie Vidal zu haben ist, muss der FC Bayern einfach zuschlagen.

Götze vs. Costa

Hitzfeld: „Wenn man totales Vertrauen zu Götze hat, holt man nicht Costa.“ Für 30 Millionen Euro kaufte man im Sommer den brasilianischen Flügelflitzer, der gegen den Hamburger SV mit einem Tor und einer Vorlage einen Traumeinstand feierte. Götze dagegen kam (mal wieder, diesmal in Minute 65) von der Bank.

Lesen Sie hier: Galatasaray Istanbul will Bayerns Dante

Direkte Konkurrenten im Kampf um ein und dieselbe Position sind die beiden allerdings nicht. Während Costa ein klassischer Außenbahnspieler ist, fühlt sich Götze in der Mitte wohler. Trotzdem ist klar: Jeder neue Topstar macht den Konkurrenzkampf größer – und so wird es in der kommenden Saison für Götze, der immer wieder in der Kritik steht, nicht leichter.

Wechselgerüchte wischte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge beiseite: „Er hat nun dem Klub mitgeteilt, dass er hierbleiben will, dass er sich durchsetzen will in diesem Jahr.“ Gegen Costa – und Thomas Müller, Arjen Robben, Robert, Lewandowski, Franck Ribéry...

Gleicher "Trend" wie 2001

Hitzfeld: „Ich sehe einen Trend, dass man vielleicht zu viele ausländische Spieler holt und die deutsche Mentalität etwas verloren geht.“ 13 deutsche Spieler stehen aktuell im Kader des FC Bayern, 16 (und somit 55 Prozent) kommen aus dem Ausland.

Ein neuer Trend ist das nicht: Schon 2001, als Hitzfeld mit den Bayern die Champions League gewann, waren es zwölf Deutsche und 13 Ausländer, die es für Bayern auf mindestens ein Ligaspiel brachten. Ein Verhältnis, das seit fast 15 Jahren unverändert ist. Auch bei den Zu- und Abgängen in dieser Saison hält sich das Verhältnis die Waage: Mit Vidal und Costa kamen zwei Ausländer, mit Joshua Kimmich und Sven Ulreich zwei Deutsche.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.