AZ-Check: Die Gründe für den bayerischen Wintereinbruch

Die Rückrunde des Rekordmeisters war alles andere als Bayern-like: Nur 52 Prozent gewonnene Spiele sind zu wenig für die Münchner Ansprüche. Auch Ex-Kapitän Philipp Lahm sagt: "Ein Titel reicht nicht."
Patrick Strasser |
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Champions-League-Aus gegen das kleine Villarreal! Der Tiefpunkt einer Rückrunde, die für die Bayern-Stars und ihren Trainer Julian Nagelsmann ungewohnte, teilweise sogar bedenkliche Züge angenommen hatte.
Champions-League-Aus gegen das kleine Villarreal! Der Tiefpunkt einer Rückrunde, die für die Bayern-Stars und ihren Trainer Julian Nagelsmann ungewohnte, teilweise sogar bedenkliche Züge angenommen hatte. © IMAGO/Sportfoto Rudel

München - War es Trotz? Oder der pure Ehrgeiz? Gar eine Selbstgeißelung? Für Julian Nagelsmann war der Auftritt auf dem Rathausbalkon samt Feier mit den Fans auf dem Marienplatz eine merkwürdige Geschichte. Als Kind schaute er von unten auf die da oben mit der Schale, träumte sich hinauf.

FC Bayern: Nur wenige Worte von Nagelsmann bei der Meisterfeier 

Nun, bei der Perspektive von oben nach unten, beim Blick in glückliche Gesichter, machte sich der 34-Jährige ganz klein und sprach nur wenige Worte an einem der größten Tage in seinem Trainerleben: "Ich fasse mich deshalb kurz, weil ich relativ schnell wieder ins Büro gehe, weil ich nächstes Jahr gerne mehr Titel mit euch feiern möchte und wir schnell arbeiten wollen." Ins Büro, an den Schreibtisch. Bei bestem Wetter, an einem Mia-san-mia-Feiertag.

Nun gut. Nagelsmann will auch in dieser Woche seine Hausaufgaben machen für die kommende Saison – für "ein, zwei schöne Titel mehr", die er sich wünscht. Und ansonsten durch Europa fliegen, "ein paar Spieler treffen in den nächsten Wochen, um sie von einem Wechsel zu überzeugen". Das ist die eine Seite. An Spielphilosophie und Taktik zu arbeiten, die andere. Sowie den rätselhaften Absturz analysieren, den es zu verkraften galt. "Ich dachte, dass wir in der Rückrunde etwas stabiler sind", sagte Nagelsmann auf dem Rathausbalkon im BR-Fernsehen.

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In der Rückrunde wurden die Preise vergeben

Dachten alle. Und haben alle erwartet rund um die Säbener Straße. Denn: In der Rückrunde werden die Preise vergeben, die Titel in der heißen Phase ab Mitte Februar (Beginn der K.o.-Phase in der Champions League), spätestens ab Anfang April (das Viertelfinale der Königsklasse) verteilt.

Idealerweise schafft man in der Hinrunde die Grundlagen dafür, überwintert in allen Wettbewerben – was mit sechs Siegen aus sechs Gruppenspielen in Europas Eliteliga eindrucksvoll gelang, im DFB-Pokal beim Zweitrunden-Aus (0:5 in Mönchengladbach) jedoch krachend schiefging. Mitte April scheiterte Bayern am FC Villarreal, danach war die Saison gefühlt im Eimer.

Als emotionaler Höhepunkt der Rückrunde blieb das 3:1 gegen Dortmund, der gewonnene Meister-Matchball.

Keine gute Rückrunde für den FC Bayern

Unterm Strich steht lediglich Platz vier in der Rückrunden-Tabelle, wettbewerbsübergreifend konnte man nur 52 Prozent der Rückrundenspiele gewinnen – in der Hinrunde waren es noch 85 Prozent (22 von 26 Partien). In der Liga holte man neun Punkte mehr (43 statt 34).

Woher kommt der Winter-Einbruch der Nagelsmann-Bayern? "Tatsache ist, dass wir seit Weihnachten einige Spieler dabei haben, die im Großen und Ganzen nicht mehr gut gespielt haben", fand Ehrenpräsident Uli Hoeneß deutliche Worte und fügte hinzu: "Diese Spieler müssen mehr unter Druck gesetzt werden."

Leroy Sané, der eine überragende Hinrunde spielte und im Frühjahr in ein Leistungsloch fiel, darf sich zum Beispiel angesprochen fühlen. Ist es eher eine Krise der Spieler, eine Frage des – zu dünn besetzten – Kaders? Oder muss Nagelsmann sein Timing, sein Coaching hinterfragen? Hat er in den nicht-englischen Wochen im Januar und Februar zu viel Input geliefert?

"Ich glaube nicht, dass über den Trainer diskutiert wird. Er ist erst ein Jahr da, hat noch ewig Vertrag und hat immerhin die Meisterschaft gewonnen", sagt Bayerns Ex-Kapitän Philipp Lahm am Rande der Vorstellung seines neuen Buches "Gesund kann jede*r!" im Olympiapark.

Unterstützung für Nagelsmann: Ex-Kapitän Philipp Lahm.
Unterstützung für Nagelsmann: Ex-Kapitän Philipp Lahm. © picture alliance/dpa

Philipp Lahm  über Nagelsmann: "Sein erstes Jahr war gut"

Das Urteil des Weltmeisters von 2014 über Nagelsmanns Premieren-Saison: "Sein erstes Jahr war gut. Wenn man einen Titel holt, dann ist das das Minimum beim FC Bayern. Das hat er geschafft, aber auf Dauer – das weiß jeder, das weiß auch er – reicht ein Titel beim FC Bayern nicht."

Daher, so Nagelsmann, "lässt der Urlaub etwas auf sich warten". Er will dann viel Zeit auf seinem Fahrrad in der Region verbringen, den Kopf durchlüften und nachdenken. In den Pfingstferien wird er zwei Wochen mit Frau und Kindern wegfliegen. Zum Auftanken für den zweiten Anlauf.

Er sagt rückblickend: "Ich hätte es mir insgesamt etwas ruhiger vorgestellt. Wenn es in den nächsten vier Jahren – und so lange habe ich ja noch Vertrag – etwas ruhiger wäre, wäre das schön."

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3 Kommentare
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  • Flansi Hick am 17.05.2022 20:02 Uhr / Bewertung:

    Wären die Bayern nicht 3 Spieltage vor Schluß bereits Meister gewesen, wären sie die letzten 3 Spiele ganz anders angegangen. Aus den erzielten 2 von 9 Punkten wären dann, in Anbetracht der Gegner, sicherlich einige mehr, wenn nicht sogar 9 geworden.Dann wäre die Rückrunde punktetechnisch eine ganz andere....
    Dieser ganze Hype, um eine angeblich verkorkste Saison, ist völlig überzogen. Wer nach 31 Spieltagen sich bereits Meister nennen kann, in einer Saison mit sehr vielen Störfeuern von außen (Corona, Impfdebatten, Eklat bei der JHV, ständiges 'Gebashe' gegen den Vorstand, Vertragstheater usw.) hat auch einiges richtig gemacht.
    Es gibt Vereine die mehr Ruhe im Umfeld hatten, vor der Saison von etlichen Experten gleichwertig bzw. sogar stärker eingeschätzt wurden, und komplett krachend gescheitert sind....

  • BBk am 17.05.2022 08:38 Uhr / Bewertung:

    Es gab ja Team Zerstörer die auch durch ihr persönliches Verhalten nicht vertragsgerecht die Gesundheit im Team boykottiert haben zum Beispiel ein Herr Kimmich.
    Diese meint zu Recht Herr Hoeneß wenn er sagt "Diese Spieler müssen mehr unter Druck gesetzt werden."

  • Rosinerl am 17.05.2022 13:55 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von BBk

    Wie will man denn "die Gesundheit im Team boykottier"en? Ja, natürlich, weil er sich nicht impfen wollte. Dabei sind viele der Geimpften genauso wegen einer Corona-Quarantäne ausgefallen. Aber das zählt natürlich nicht, da sie moralisch auf der richtigen Seite sind.

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