Ausfall "sorgte für Erleichterung": Englische Presse legt Harry Kane Nationalmannschafts-Rücktritt nahe
London/München - Wenn sie gekonnt hätte, dann hätte die britische Yellow Press ihn auch dafür verantwortlich gemacht. Aber nein, bei der bitteren 1:2-Niederlage der englischen Nationalmannschaft gegen Griechenland taugte Harry Kane nun wirklich nicht zum Sündenbock. Er stand ja nicht einmal auf dem Platz.
Der Kapitän musste die Pleite seiner Three Lions im heimischen Wembley-Stadion nach seiner Verletzung bei Bayerns Gastspiel in Frankfurt (3:3) angeschlagen von der Tribüne aus verfolgen - was ihm im Nachgang insgeheim womöglich ganz recht war. Als Evangelos Pavlidis in der vierten Minute der Nachspielzeit den Treffer zum 2:1-Endstand für die Griechen erzielte, war schließlich klar, was folgen würde: ein riesiger Tsunami an schonungsloser Kritik. An Kane ging dieser vorbei - zumindest dieses Mal.
Englische Presse geht mit Kane extrem kritisch um
Es sind ohnehin nicht die einfachsten Monate in der Karriere des 31-Jährigen, der im Sommer vergangenen Jahres für knapp 100 Millionen Euro von Tottenham zu FC Bayern gewechselt war, um seine große Karriere endlich mit großen Titeln zu krönen. Am Ende seiner Debütsaison stand mit dem Goldenen Schuh, mit dem er für seine 36 Ligatreffer als bester Torjäger Europas geehrt wurde, aber wieder nur eine individuelle Auszeichnung. Auch bei der Europameisterschaft, bei der er mit England erst im Finale an Spanien scheiterte, blieb ihm der erste große Titel seiner Karriere verwehrt.
In der englischen Presse wurde Kane als einer der Hauptschuldigen für die spielerisch äußerst dürftigen Darbietungen der Three Lions ausgemacht - obwohl er körperlich augenscheinlich weit von seiner Top-Form entfernt war. In seiner Heimat ist der englische Rekordtorschütze (68 Länderspieltore) längst nicht mehr unumstritten. Mit der Nationalmannschaft hat er mittlerweile an fünf großen Turnieren teilgenommen, zwei Mal sogar das Finale erreicht. Nur einen Titel, den hat er halt nicht gewonnen.
Boulevard giftet gegen Kane: Verletzung "sorgt für Erleichterung"
Als sich sein Ausfall für die Partie gegen Griechenland abzeichnete, ließ sich der "Guardian" gar zu einem gnadenlosen Abgesang hinreißen. Seine Verletzung habe für "Erleichterung" gesorgt. Es sei "schwer, Enttäuschung darüber zu verspüren, dass Kane bei den anstehenden Länderspielen allenfalls eine Nebenrolle spielen wird", schrieb das Blatt weiter. Der Kapitän sei in die Jahre gekommen, sein Körper von Verletzungen geplagt. "Womöglich ist es an der Zeit, zurückzutreten und Platz für jüngere Spieler zu machen", legte das Blatt dem Stürmer nahe.
Pure Polemik, wie sich mit Blick auf die Zahlen zeigt. Denn auch mit 31 zählt Kane noch immer zu den besten Stürmern des Weltfußballs. Obwohl er zuletzt bei Bayern drei Mal in Folge ohne Treffer blieb, kommt er in der laufenden Saison bereits auf zehn Pflichtspieltore. In Europas Top-Ligen waren nur Robert Lewandowski (zwölf Tore) und Erling Haaland (elf) erfolgreicher. Seine 14 Torbeteiligen überbietet einzig Frankfurts Omar Marmoush (15).
Harry Kane hat sich im Vergleich zur Vorsaison nochmal deutlich gesteigert
Selbst mit Blick auf seine herausragende Debütsaison beim FC Bayern hat Kane noch einmal ordentlich zugelegt. Seine Chancenverwertung liegt bei 43 Prozent - in der vergangenen Spielzeit waren es noch 32. Auch in Sachen Torbeteiligungen (1,8 gegenüber 1,3 pro 90 Minuten), Strafraumaktionen (6,2 zu 5,4) und Passquote (84 Prozent zu 73 Prozent) hat er sich merklich gesteigert. Ist es für einen Abgesang vielleicht nicht doch noch ein bisserl zu früh, liebe Kollegen auf der Insel?
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