Anna Kraft zum Liga-Auftakt gegen FC Bayern: "Vizekusen immer noch präsent"

Die 31-jährige Ex-Sprinterin arbeitet als Fernseh-Moderatorin für das ZDF, zuletzt war sie für den Sender bei der Leichtathletik-WM in London im Einsatz.
AZ: Frau Kraft, jetzt beendet die Bundesliga ihre Sommerpause. Wurde auch Zeit, oder?
ANNA KRAFT: Ich war ja zum Glück noch bei der U21-EM fürs ZDF dabei und durfte die Europameister erleben. Von daher war die Pause für mich nicht ganz so lang. Aber schön, dass der Ball wieder rollt. Ich Freude mich total auf die Saison.
Die wird vom FC Bayern und Bayer Leverkusen eröffnet, für Sie persönlich gleich ein ganz besonderes Auftaktspiel.
(lacht) Das stimmt. Leverkusen, der Verein, mit dem ich seit meiner Zeit auf dem Sportinternat dort sympathisiere, reist zum Rekordmeister. Schlechter hätte es die Werkself mit dem Start in die neue Saison nicht treffen können.
Wirklich? Die Bayern haben doch eine ziemlich holprige Vorbereitung hinter sich.
Die schlechten Ergebnisse in der Vorbereitung machen Bayern noch gefährlicher. Ihre Sinne sind jetzt von Anfang an geschärft. Sie werden zu 1000 Prozent fokussiert sein.
Sind Sie fürs ZDF dabei?
Nicht aus München, aber aus Mainz, wo ich an dem Wochenende für die ZDF-Sportreportage im Einsatz bin und am Sonntag das große Roundup zum ersten Bundesligaspieltag machen werde.
Was erwarten Sie von Leverkusen? Die Bender-Zwillinge Lars und Neuzugang Sven sind nun bei Bayer vereint.
Brüder gab es ja schon häufiger in einem Team, Zwillinge in einer Mannschaft zu haben, ist aber eine absolute Seltenheit in der Bundesliga. Das finde ich total spannend, eine schöne Geschichte, die der Fußball da wieder schreibt. Ich bin sehr gespannt auf Leverkusen. Vor der vergangenen Saison dachte man, den besten Kader aller Zeiten zu haben. Nun verfolgt man das internationale Geschäft nur mit hochgelegten Füßen auf dem Sofa. Leverkusen wird alles daran setzen, in dieser Saison wieder um die internationalen Plätze mitzuspielen. Und ich bin da auch vorsichtig optimistisch – auch wenn der Auftakt in München möglicherweise missglückt.
Sie leben seit Jahren in München, Ihre Sympathien gehören aber weiter Leverkusen?
Ich sage immer: "Vergiss nicht, wo du herkommst." Ich bin als Leichtathletin im sportlichen Umfeld bei Bayer 04 groß geworden. Wenn wir keine Wettkämpfe hatten, war ich so oft es ging in der BayArena. Ich habe große Champions-League-Abende miterleben dürfen, als zum Beispiel Real Madrid zu Gast war. Wenn man die Stadt wechselt, wechselt man den Verein ja nicht mit. Auf die Werkself schaue ich immer noch ganz besonders – und das wird auch immer so bleiben.
Interessant.
Ja. Ich kam mit 14 Jahren bei Bayer 04 in die Leichtathletik-Abteilung und besuchte dann auch in Leverkusen die "Eliteschule des Sports", wie man die so schön nennt. Diese kooperiert mit Bayer Leverkusen, es sind nur Leistungssportler in einer Klasse. Da habe ich meine Erfolge im Trikot von Bayer 04 feiern dürfen. Sogar mal die deutsche Meisterschaft mit der Sprint-Staffel. Das war so mein Leben bei Bayer.
Hatten Sie auch prominente Klassenkameraden?
Rene Adler war eine Klasse über mir.
Wie eng war Ihr Kontakt?
Wie das in der Schule so ist: Man läuft sich immer mal über den Weg. Generell hatten wir Leichtathleten viele Trainingseinheiten, so dass man ziemlich eingespannt war und sich vorrangig in seiner Sportart bewegte. Aber man schaute trotzdem mal bei den Wettkämpfen der Klassenkameraden vorbei. Das war in diesem Sinne eine große Gemeinschaft.
Wie haben Sie Bayers "Vizekusenjahr" 2002 mit zweiten Plätzen in Champions League, Pokal, Meisterschaft erlebt.
Wir hatten für unsere Mädelsclique damals schon Meister-Shirts. Da wurde dann noch schnell das Vize drüber gedruckt. Das war schon traurig und bleibt für immer in Erinnerung. Als ich nach München gekommen bin, war ich auch mal in Haching und dachte nur: "Okay, hier ist es also gescheitert." Das ist nach wie vor in meinem Kopf präsent.
Haben oder hatten Sie einen Lieblingsspieler?
Lieblingsspieler klingt mir zu pauschal. Mir imponierte Ulf Kirsten. Weil er auf dem Platz einfach eine Drecksau war – im positiven Sinne. Er war und ist für mich Mr. Bayer 04.
Die Liebe zum Fußball haben Sie von Ihrem Papa Heinz-Jürgen mitbekommen, richtig?
Absolut. Er hat früher selber gekickt, hatte große Sympathien für Fortuna Düsseldorf, weil er dort im Amateurbereich auch mal gespielt hat. Dadurch bin ich auf dem Fußballplatz großgeworden. Ich habe meine Spielförmchen nicht mit in den Sandkasten mitgenommen, sondern mehr auf den Ascheplatz (lacht). Fußball wurde mir in der DNA mitgegeben. Als mein Bruder auch angefangen hat zu spielen, gab es kein Entkommen. Fußball war immer Thema bei uns zu Hause und wird es wohl immer bleiben. Das finde ich auch ganz gut so.
Ihr Lebensgefährte Wolff-Christoph Fuss ist Fußballkommentator. Reden Sie mit ihm über Fußball – oder ist das Thema tabu?
Wir haben das Privileg, dass wir unsere Leidenschaft zum Beruf machen durften. Wir gucken auch zu Hause mal ein Spiel. Fußball nimmt einen großen Teil in unserem Leben ein, aber es gibt so viele andere Dinge, die man mit seinem Partner so bequatscht.